463. Nachdenkliches für Manager – Raumfragen 12-95
Sonntag, 18. Oktober 2015 | Autor: intern
Lieber Blog Besucher,
die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.
Raumfragen
„Chef“, sagte der Innendienstleiter zu mir, „am 2. Januar kommt doch Ihr neuer Mitarbeiter. Sie hatten mir den Auftrag gegeben, für ihn ein Büro freizumachen, aber es hat nicht geklappt. Jeder schwört Stein und Bein, mit seinen Leuten nicht noch mehr zusammenrücken zu können und ich bin am Ende mit meinem Latein. Jetzt müssen Sie ein Machtwort sprechen“.
So war es immer, dachte ich. Hat einer erst einmal etwas, gibt er es nicht mehr her, sondern findet viele Gründe, plausible und irrationale, fundierte und vorgeschobene, um seinen Besitzstand zu wahren, sein Territorium zu sichern und seinen Machtbereich zu verteidigen.
„Zeigen Sie mir mal die Raumbelegungspläne“ gab ich zur Antwort und er schob mir die mitgebrachten Zeichnungen über den Tisch. Wir beugten uns darüber, studieren Achsmaße, Quadratmeterzahlen, eingetragene Mitarbeiternamen, fanden zwei Besprechungszimmer, von denen sicherlich auch eines genügen würde und dann entdeckten wir einen großzügigen Raum ohne jede Bezeichnung.
„Wer sitzt hier?“, fragte ich und in diesem Moment kam gerade mein Sekretärin herein. Sie warf einen kurzen Blick auf die Zeichnung: „Das ist ein Archiv“, erklärte sie, „es gehört zur Außendienstleitung, aber meiner Meinung nach könnten die ihre Akten genau so gut im Keller aufheben, wie alle anderen auch“.
„Schreiben Sie“, sagte ich und diktierte ihr eine Hausmitteilung mit der Order, die Fläche freizumachen.
Keine zwei Stunden, da stand der zuständige Abteilungsleiter auf der Matte und erklärte mir mit aller Redekunst und Überzeugungskraft, wie wichtig, ja lebensnotwendig genau dieses Archiv für das Tagesgeschäft sei.
„Warten Sie einen Moment“, bat ich ihn, ging in mein Vorzimmer, rief von dort den Innendienstleiter an, fragte, wer diese Registratur verwaltete, telefonierte dann mit dem Betreffenden und erfuhr, daß es pro Woche zwischen einem und zwei Zugriffe auf das Material gab, mehr nicht und als ich das dem immer noch erregten Abteilungschef freundlich sagte, fehlten ihm schlagartig alle Argumente.
Es ist so schwer, ging es mir durch den Kopf, als die ganze Sache geregelt war, jemanden zu bewegen, einem anderen Platz zu machen.
In zwei Wochen würden wir wieder Weihnachten begehen und wie so oft schon den Anfang des Johannes-Evangeliums hören: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“.
Da hatte es auch Raumprobleme gegeben, da war weder Raum in der etablierten Gesellschaft, noch in den Herzen der Menschen für ihn.
Da kommt der Sohn Gottes in die Welt. Wir feiern das Jahr für Jahr mit Glockenklang, Kerzen, Weihnachtsbraten und vielen bunten Geschenken. Wir schmücken unsere Häuser mit kunstvoll dekorierten Tannenbäumen, wienern beim vorhergehenden Weihnachtsputz das Heim bis in den letzten Winkel, aber dieser Jesus hat bei den meisten von uns keine Wohnung.
Wenn die Juden sich zum Passah in ihren Familien versammeln, tun sie es mit offener Wohnungstür, am gedeckten Tisch steht ein freier Stuhl und vor ihm ein eingeschenktes Glas Wein, denn es könnte sein, daß just in dieser Nacht Elia, der Prophet, kommt und unmittelbar nach ihm der Messias. Sie werden mit dieser Geste beide erwartet und ausdrücklich eingeladen.
Tun wir das auch? In unseren Gedanken, mit unserer Bereitschaft?
Hat Jesus Christus bei uns, bei Ihnen, Wohnrecht, und falls ja, wo? In der guten Stube? In der Küche? Im Schlafzimmer? In Ihrem Arbeitszimmer? Oder vielleicht doch lieber im Stall?
Zum Advent und am Heiligabend werden wir wieder das innige, schöne Lied singen: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit“.
Jesus Christus ist auf Wohnungssuche.
Wie wäre es, wenn wir beim fünften Vers: „Komm, o mein Heiland, Jesu Christ, meins Herzens Tür Dir offen ist“, uns selber einmal die Frage stellten: Wirklich?
Mit Nachdenklichkeit gesegnete Weihnachtstage!
Karlheinz Binder