Home

Archiv für die Kategorie » Vorträge «

454. Rede von Papst Franziskus an das Europäische Parlament

Mittwoch, 14. Oktober 2015 | Autor:

Papst Franziskus - Jorge_Mario_Bergoglio_(2008)_cropped Wikipedia

Papst Franziskus – Jorge_Mario_Bergoglio_(2008)_cropped Wikipedia

Liebe Blog Besucher,

als ich die Meldung von der Rede des Papstes im EU – Parlament hörte habe ich mich zuerst schon etwas gewundert. Denn dieses EU – Parlament hat den Gottesbegriff aus der EU – Verfassung gestrichen. Wenn man aber bedenkt, dass der Papst der höchste Repräsentant einer Religion und eines Europäischen Staates, nämlich des Vatikan ist, dann ist diese Einladung nachzuvollziehen. Man wollte vielleicht mal wieder etwas Religionsluft ins Parlament bekommen und das Gewissen beruhigen. Die Harmonie etwas gestört haben dabei Homosexuelle Abgeordnete die durch das Tragen von Girlanden in den Homo-Farben demonstrierten.

Der folgende Satz beschreibt diesen Termin sehr treffend:

„Das 21. Jahrhundert wird religiös sein, oder es wird nicht sein“, lautet ein Satz des französischen Philosophen André Malraux (1901-1976), der in unserer Zeit besonders gerne von dem jüngst verstorbenen Peter Scholl-Latour zitiert wurde.

Leider hat man bei dem Begriff Religion in unserer Zeit etwas Entscheidendes durcheinander gebracht, indem man auch das Christentum als Religion bezeichnet und dies ist es mit Bestimmtheit nicht.

 685406_web_R_B_by_Erich Westendarp_pixelio.de

EU Parlament Straßburg_by_Erich Westendarp_pixelio.de

 

 

Ansprache von Papst Franziskus
an die Abgeordneten des Europäischen Parlament
Straßburg
25. November 2014

Herr Präsident, meine Damen und Herren Vizepräsidenten,
verehrte Europaabgeordnete und alle, die in den verschiedenen Arbeitsbereichen dieser Einrichtung tätig sind, liebe Freunde,

ich danke Ihnen für die Einladung, vor dieser Institution, die für das Leben der Europäischen Union grundlegend ist, das Wort zu ergreifen, und für die Gelegenheit, die Sie mir bieten, mich über Sie an die über fünfhundert Millionen Bürger zu wenden, die Sie in den 28 Mitgliedsstaaten vertreten. Meinen besonderen Dank möchte ich Ihnen, Herr Parlamentspräsident, ausdrücken für die freundlichen Worte, mit denen Sie mich im Namen aller Mitglieder der Versammlung willkommen geheißen haben.
Mein Besuch findet in einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Vierteljahrhundert nach dem von Papst Johannes Paul II. statt. Vieles hat sich seit jenen Tagen in Europa und in der ganzen Welt verändert. Es existieren nicht mehr die gegensätzlichen Blöcke, die damals den Kontinent in zwei Teile teilten, und langsam erfüllt sich der Wunsch, dass „Europa sich souverän freie Institutionen gibt und eines Tages sich in die Dimensionen entfalten kann, die die Geografie und mehr noch die Geschichte ihm gegeben haben“. (Johannes Paul II., Ansprache an das Europaparlament, 11. Oktober 1988, 5.)

Neben einer weiträumigeren Europäischen Union gibt es auch eine Welt, die komplexer geworden und stark in Bewegung ist. Eine Welt, die immer stärker vernetzt und global und daher auch immer weniger „eurozentrisch“ ist. Einer ausgedehnteren, einflussreicheren Union scheint sich jedoch das Bild eines etwas gealterten und erdrückten Europas zuzugesellen, das dazu neigt, sich in einem Kontext, der es oft nüchtern, misstrauisch und manchmal sogar argwöhnisch betrachtet, weniger als Protagonist zu fühlen.

Indem ich mich heute an Sie wende, möchte ich aufgrund meiner Berufung zum Hirten an alle europäischen Bürger eine Botschaft der Hoffnung und der Ermutigung richten.
Eine Botschaft der Hoffnung, die auf der Zuversicht beruht, dass die Schwierigkeiten zu machtvollen Förderern der Einheit werden können, um alle Ängste zu überwinden, die Europa – gemeinsam mit der ganzen Welt – durchlebt. Eine Hoffnung auf den Herrn, der das Böse in Gutes und den Tod in Leben verwandelt.

Eine Ermutigung, zur festen Überzeugung der Gründungsväter der europäischen Union zurückzukehren, die sich eine Zukunft wünschten, die auf der Fähigkeit basiert, gemeinsam zu arbeiten, um die Teilungen zu überwinden und den Frieden und die Gemeinschaft unter allen Völkern des Kontinentes zu fördern. Im Mittelpunkt dieses ehrgeizigen politischen Planes stand das Vertrauen auf den Menschen, und zwar weniger als Bürger und auch nicht als wirtschaftliches Subjekt, sondern auf den Menschen als eine mit transzendenter Würde begabte Person.
Es liegt mir vor allem daran, die enge Verbindung hervorzuheben, die zwischen diesen beiden Worten besteht: „Würde“ und „transzendent“.

Die „Würde“ ist das Schlüsselwort, das den Aufschwung der zweiten Nachkriegszeit charakterisiert hat. Unsere jüngere Geschichte zeichnet sich dadurch aus, dass die Förderung der Menschenwürde zweifellos ein zentrales Anliegen war gegen die vielfältige Gewalt und die Diskriminierungen, an denen es im Laufe der Jahrhunderte auch in Europa nicht gefehlt hat. Das Wahrnehmungsvermögen für die Bedeutung der Menschenrechte entsteht gerade als Ergebnis eines langen, auch aus mannigfachen Leiden und Opfern bestehenden Weges, der dazu beigetragen hat, das Bewusstsein für die Kostbarkeit, Einzigkeit und Unwiederholbarkeit jedes einzelnen Menschen heranzubilden. Dieses kulturelle Bewusstsein hat seine Grundlage nicht nur in den Ereignissen der Geschichte, sondern vor allem im europäischen Denken, das gekennzeichnet ist durch ein reichhaltiges Zusammenfließen, dessen vielfältige, weit zurückliegende Quellgründe „aus Griechenland und aus Rom, aus keltischem, germanischem und slawischem Boden und aus dem Christentum [stammen], das sie tief geprägt hat“ (Johannes Paul II., Ansprache an die Parlamentarische Versammlung des Europarates, Straßburg, 8. Oktober 1988, 3.) und so zu der Idee der „Person“ führte.

Heute spielt die Förderung der Menschenrechte eine zentrale Rolle im Engagement der Europäischen Union, mit dem Ziel, die Würde der Person zu stützen, sowohl innerhalb Europas als auch in der Beziehung zu den anderen Ländern. Es handelt sich um ein wichtiges und bewundernswertes Engagement, denn es bestehen immer noch zu viele Situationen, in denen Menschen wie Objekte behandelt werden, deren Empfängnis, Gestaltung und Brauchbarkeit man programmieren und sie dann wegwerfen kann, wenn sie nicht mehr nützlich sind, weil sie schwach, krank oder alt geworden sind.

In der Tat, welche Würde besteht, wenn die Möglichkeit fehlt, frei die eigene Meinung zu äußern oder ohne Zwang den eigenen Glauben zu bekennen? Welche Würde ist möglich ohne einen klaren juristischen Rahmen, der die Gewaltherrschaft begrenzt und das Gesetz über die Tyrannei der Macht siegen lässt? Welche Würde kann jemals ein Mensch haben, der zum Gegenstand von Diskriminierung aller Art gemacht wird? Welche Würde soll jemals einer finden, der keine Nahrung bzw. das Allernotwendigste zum Leben hat und – schlimmer noch – dem die Arbeit fehlt, die ihm Würde verleiht?
Die Würde des Menschen zu fördern, bedeutet anzuerkennen, dass er unveräußerliche Rechte besitzt, deren er nicht nach Belieben und noch weniger zugunsten wirtschaftlicher Interessen von irgendjemandem beraubt werden kann.

Man muss aber Acht geben, nicht Missverständnissen zu verfallen, die aus einem falschen Verständnis des Begriffes Menschenrechte und deren widersinnigem Gebrauch hervorgehen. Es gibt nämlich heute die Tendenz zu einer immer weiter reichenden Beanspruchung der individuellen Rechte, hinter der sich ein aus jedem sozialen und anthropologischen Zusammenhang herausgelöstes Bild des Menschen verbirgt, der gleichsam als „Monade“ (μονάς) zunehmend unsensibel wird für die anderen „Monaden“ in seiner Umgebung. Mit der Vorstellung des Rechtes scheint die ebenso wesentliche und ergänzende der Pflicht nicht mehr verbunden zu sein, so dass man schließlich die Rechte des Einzelnen behauptet, ohne zu berücksichtigen, dass jeder Mensch in einen sozialen Kontext eingebunden ist, in dem seine Rechte und Pflichten mit denen der anderen und zum Gemeinwohl der Gesellschaft selbst verknüpft sind.

Ich meine daher, dass es überaus wichtig ist, heute eine Kultur der Menschenrechte zu vertiefen, die weise die individuelle, oder besser die persönliche Dimension mit der des Gemeinwohls – mit jenem „’Wir alle’, das aus Einzelnen, Familien und kleineren Gruppen gebildet wird, die sich zu einer sozialen Gemeinschaft zusammenschließen“ (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 7; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes, 26.) – zu verbinden versteht. Wenn nämlich das Recht eines jeden nicht harmonisch auf das größere Wohl hin ausgerichtet ist, wird es schließlich als unbegrenzt aufgefasst und damit zur Quelle von Konflikten und Gewalt.
Von der transzendenten Würde des Menschen zu sprechen, bedeutet also, sich auf seine Natur zu berufen, auf seine angeborene Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, auf jenen „Kompass“, der in unsere Herzen eingeschrieben ist und den Gott dem geschaffenen Universum eingeprägt hat. (Vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 37.) Vor allem bedeutet es, den Menschen nicht als ein Absolutes zu betrachten, sondern als ein relationales Wesen. Eine der Krankheiten, die ich heute in Europa am meisten verbreitet sehe, ist die besondere Einsamkeit dessen, der keine Bindungen hat. Das wird speziell sichtbar bei den alten Menschen, die oft ihrem Schicksal überlassen sind, wie auch bei den Jugendlichen, die keine Bezugspunkte und keine Zukunfts-Chancen haben; es wird sichtbar bei den vielen Armen, die unsere Städte bevölkern; es wird sichtbar in dem verlorenen Blick der Migranten, die hierhergekommen sind, auf der Suche nach einer besseren Zukunft.

Diese Einsamkeit ist dann durch die Wirtschaftskrise verschärft worden, deren Wirkungen noch andauern mit Konsequenzen, die unter gesellschaftlichem Gesichtspunkt dramatisch sind. Zudem kann man feststellen, dass im Laufe der letzten Jahre mit dem Prozess der Erweiterung der Europäischen Union eine Steigerung des Misstrauens der Bürger gegenüber Institutionen einhergeht, die als fern betrachtet werden, damit beschäftigt, Regeln aufzustellen, die als weitab von der Sensibilität der einzelnen Völker, wenn nicht sogar als schädlich wahrgenommen werden. Von mehreren Seiten aus gewinnt man den Gesamteindruck der Müdigkeit und der Alterung, die Impression eines Europas, das Großmutter und nicht mehr fruchtbar und lebendig ist. Demnach scheinen die großen Ideale, die Europa inspiriert haben, ihre Anziehungskraft verloren zu haben zugunsten von bürokratischen Verwaltungsapparaten seiner Institutionen.

Dazu kommen einige etwas egoistische Lebensstile, die durch einen mittlerweile unhaltbaren Überfluss gekennzeichnet und oft ihrer Umgebung, vor allem den Ärmsten gegenüber gleichgültig sind. Mit Bedauern ist festzustellen, dass im Mittelpunkt der politischen Debatte technische und wirtschaftliche Fragen vorherrschen auf Kosten einer authentischen anthropologischen Orientierung. (Vgl. Evangelii gaudium, 55.) Der Mensch ist in Gefahr, zu einem bloßen Räderwerk in einem Mechanismus herabgewürdigt zu werden, der ihn nach dem Maß eines zu gebrauchenden Konsumgutes behandelt, so dass er – wie wir leider oft beobachten – wenn das Leben diesem Mechanismus nicht mehr zweckdienlich ist, ohne viel Bedenken ausgesondert wird, wie im Fall der Kranken im Endstadium, der verlassenen Alten ohne Pflege oder der Kinder, die vor der Geburt getötet werden.

Es ist das große Missverständnis, das geschieht, „wenn sich die Verabsolutierung der Technik durchsetzt“, (Benedikt XVI., Caritas in veritate, 71.) die schließlich zu einer »Verwechslung von Zielen und Mitteln“ (Ebd.) führt. Das ist ein unvermeidliches Ergebnis der „Wegwerf-Kultur“ und des „hemmungslosen Konsumismus“. Dagegen bedeutet die Menschenwürde zu behaupten, die Kostbarkeit des menschlichen Lebens zu erkennen, das uns unentgeltlich geschenkt ist und deshalb nicht Gegenstand von Tausch oder Verkauf sein kann. Sie sind in Ihrer Berufung als Parlamentarier auch zu einer großen Aufgabe ausersehen, die vielleicht unnütz erscheinen mag: sich der Gebrechlichkeit der Völker und der einzelnen Menschen anzunehmen. Sich der Gebrechlichkeit anzunehmen bedeutet Kraft und Zärtlichkeit, bedeutet Kampf und Fruchtbarkeit inmitten eines funktionellen und privatistischen Modells, das unweigerlich zur „Wegwerf-Kultur“ führt. Sich der Gebrechlichkeit der Menschen und der Völker anzunehmen bedeutet, das Gedächtnis und die Hoffnung zu bewahren; es bedeutet, die Gegenwart in ihrer nebensächlichsten und am meisten beängstigenden Situation auf sich zu nehmen und fähig zu sein, sie mit Würde zu salben. (Vgl. Evangelii gaudium, 209.)

Wie kann man also der Zukunft wieder Hoffnung verleihen, so dass – angefangen bei den jungen Generationen – das Vertrauen wiedergewonnen wird, das große Ideal eines vereinten und friedvollen, kreativen und unternehmungsfreudigen Europas zu verfolgen, das die Rechte achtet und sich der eigenen Pflichten bewusst ist?

Um diese Frage zu beantworten, gestatten Sie mir, auf ein Bild zurückzugreifen. Eine der berühmtesten Fresken Raffaels im Vatikan stellt die sogenannte Schule von Athen dar. In ihrem Mittelpunkt stehen Platon und Aristoteles. Der erste deutet mit dem Finger nach oben, zur Welt der Ideen, zum Himmel, könnten wir sagen; der zweite streckt die Hand nach vorne, auf den Betrachter zu, zur Erde, der konkreten Wirklichkeit. Das scheint mir ein Bild zu sein, das Europa und seine Geschichte gut beschreibt, die aus der fortwährenden Begegnung zwischen Himmel und Erde besteht, wobei der Himmel die Öffnung zum Transzendenten, zu Gott beschreibt, die den europäischen Menschen immer gekennzeichnet hat, und die Erde seine praktische und konkrete Fähigkeit darstellt, die Situationen und Probleme anzugehen.

Die Zukunft Europas hängt von der Wiederentdeckung der lebendigen und untrennbaren Verknüpfung dieser beiden Elemente ab. Ein Europa, das nicht mehr fähig ist, sich der transzendenten Dimension des Lebens zu öffnen, ist ein Europa, das in Gefahr gerät, allmählich seine Seele zu verlieren und auch jenen „humanistischen Geist“, den es doch liebt und verteidigt.

Gerade ausgehend von der Notwendigkeit einer Öffnung zum Transzendenten möchte ich die Zentralität des Menschen bekräftigen, der andernfalls zum Spielball der Moden und der jeweiligen Mächte wird. In diesem Sinne halte ich nicht nur das Erbe, welches das Christentum in der Vergangenheit der soziokulturellen Gestaltung des Kontinentes überlassen hat, für grundlegend, sondern vor allem den Beitrag, den es heute und in der Zukunft zu dessen Wachstum zu leisten gedenkt. Dieser Beitrag stellt nicht eine Gefahr für die Laizität der Staaten und für die Unabhängigkeit der Einrichtungen der Union dar, sondern eine Bereicherung. Das zeigen uns die Ideale, die Europa von Anfang an geformt haben, wie der Friede, die Subsidiarität und die wechselseitige Solidarität – ein Humanismus, in dessen Zentrum die Achtung der Würde der Person steht.

Darum möchte ich erneut die Bereitschaft des Heiligen Stuhls und der katholischen Kirche betonen, durch die Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen (COMECE) einen gewinnbringenden, offenen und transparenten Dialog mit den Institutionen der Europäischen Union zu pflegen. Ebenso bin ich überzeugt, dass ein Europa, das fähig ist, sich die eigenen religiösen Wurzeln zunutze zu machen, indem es ihren Reichtum und ihre inneren Möglichkeiten zu ergreifen versteht, auch leichter immun sein kann gegen die vielen Extremismen, die sich in der heutigen Welt verbreiten – auch aufgrund des großen ideellen Vakuums, das wir im sogenannten Westen erleben, denn „es ist gerade die Gottvergessenheit und nicht seine Verherrlichung, die Gewalt erzeugt“. (Benedikt XVI., Ansprache an die Mitglieder des Diplomatischen Korps, 7. Januar 2013.)

Wir können hier die zahlreichen Ungerechtigkeiten und Verfolgungen nicht unerwähnt lassen, die täglich die religiösen und besonders die christlichen Minderheiten in verschiedenen Teilen der Welt treffen. Gemeinschaften und Einzelne, die sich barbarischer Gewalt ausgesetzt sehen: aus ihren Häusern und ihrer Heimat vertrieben; als Sklaven verkauft; getötet, enthauptet, gekreuzigt und lebendig verbrannt – unter dem beschämenden und begünstigenden Schweigen vieler.

Das Motto der Europäischen Union ist Einheit in der Verschiedenheit, doch Einheit bedeutet nicht politische, wirtschaftliche, kulturelle oder gedankliche Uniformität. In Wirklichkeit lebt jede authentische Einheit vom Reichtum der Verschiedenheiten, die sie bilden: wie eine Familie, die umso einiger ist, je mehr jedes ihrer Mitglieder ohne Furcht bis zum Grund es selbst sein kann. In diesem Sinn meine ich, dass Europa eine Familie von Völkern ist, welche die Institutionen der Union als nah empfinden können, falls diese es verstehen, das ersehnte Ideal der Einheit weise mit der je verschiedenen Eigenart eines jeden zu verbinden, indem sie die einzelnen Traditionen zur Geltung bringen, sich der Geschichte und der Wurzeln dieses Kontinents bewusst werden und sich von vielen Manipulationen und Ängsten befreien. Den Menschen ins Zentrum zu setzen bedeutet vor allem zuzulassen, dass er frei sein eigenes Gesicht und seine eigene Kreativität ausdrückt, sowohl auf der Ebene des Einzelnen als auch auf der des Volkes.

Andererseits bilden die Eigenarten eines jeden in dem Maß, wie sie in den Dienst aller gestellt werden, einen echten Reichtum. Man muss sich immer an die besondere Struktur der Europäischen Union erinnern, die auf den Prinzipien der Solidarität und der Subsidiarität gründet, so dass die gegenseitige Hilfe vorherrscht und man, beseelt von gegenseitigem Vertrauen, vorangehen kann.
In dieser Dynamik von Einheit und Eigenart ist Ihnen, meine Damen und Herren Europaabgeordnete, auch die Verantwortung übertragen, die Demokratie der Völker Europas lebendig zu erhalten. Es ist kein Geheimnis, dass eine vereinheitlichende Auffassung der Globalität der Vitalität des demokratischen Systems schadet, indem es dem reichen fruchtbaren und konstruktiven Gegensatz der Organisationen und der politischen Parteien untereinander seine Kraft nimmt. So läuft man Gefahr, im Reich der Idee, des bloßem Wortes, des Bildes, des Sophismus zu leben… und schließlich die Wirklichkeit der Demokratie mit einem neuen politischen Nominalismus zu verwechseln. Die Demokratie in Europa lebendig zu erhalten erfordert, viele „Globalisierungsarten“ zu vermeiden, die die Wirklichkeit verwässern: die engelhaften Purismen, die Totalitarismen des Relativen, die geschichtswidrigen Fundamentalismen, die Ethizismen ohne Güte, die Intellektualismen ohne Weisheit. (Vgl. Evangelii gaudium, 231.)

Die Wirklichkeit der Demokratien lebendig zu erhalten ist eine Herausforderung dieses geschichtlichen Momentes: zu vermeiden, dass ihre reale Kraft – die politische Ausdruckskraft der Völker – verdrängt wird angesichts des Drucks multinationaler nicht universaler Interessen, die sie schwächen und in vereinheitlichende Systeme finanzieller Macht im Dienst von unbekannten Imperien verwandeln. Das ist eine Herausforderung, die Ihnen die Geschichte heute stellt.

Europa Hoffnung geben bedeutet nicht nur die Zentralität des Menschen anzuerkennen, sondern schließt auch ein, seine Begabungen zu fördern. Es geht deshalb darum, in ihn und in die Bereiche zu investieren, in denen seine Talente sich entwickeln und Frucht bringen. Der erste Bereich ist gewiss der der Erziehung, angefangen von der Familie, welche die grundlegende Zelle und ein kostbarer Bestandteil jeder Gesellschaft ist. Die geeinte, fruchtbare und unauflösliche Familie bringt die fundamentalen Elemente mit sich, um Zukunftshoffnung zu geben. Ohne diese Festigkeit baut man letztlich auf Sand, mit schweren gesellschaftlichen Folgen. Andererseits dient die Betonung der Bedeutung der Familie nicht nur dazu, den neuen Generationen Aussichten und Hoffnung zu vermitteln, sondern auch den zahlreichen alten Menschen, die oft gezwungen sind, in Situationen der Einsamkeit und der Verlassenheit zu leben, weil es nicht mehr die Wärme einer häuslichen Gemeinschaft gibt, die imstande ist, sie zu begleiten und zu unterstützen.

Neben der Familie gibt es das Erziehungswesen: Schulen und Universitäten. Die Erziehung darf sich nicht darauf beschränken, eine Ansammlung von technischen Kenntnissen zu vermitteln, sondern muss den äußerst komplexen Wachstumsprozess des Menschen in seiner Ganzheit fördern. Die Jugendlichen von heute verlangen, eine angemessene und vollständige Ausbildung erhalten zu können, um mit Hoffnung in die Zukunft zu schauen und nicht mit Enttäuschung. Zahlreich sind zudem die kreativen Möglichkeiten Europas auf verschiedenen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung, von denen einige noch nicht ganz erkundet sind. Man denke beispielsweise nur an die alternativen Energiequellen, deren Entwicklung dem Umweltschutz von großem Nutzen wäre.

Europa hat in einem lobenswerten Einsatz zugunsten der Ökologie immer in der vordersten Reihe gestanden. Diese unsere Erde braucht tatsächlich eine ständige Pflege und Aufmerksamkeit, und jeder trägt eine persönliche Verantwortung in der Bewahrung der Schöpfung, dieses kostbaren Geschenkes, das Gott in die Hände der Menschen gelegt hat. Das bedeutet einerseits, dass die Natur uns zur Verfügung steht, wir uns an ihr freuen und sie in rechter Weise gebrauchen können. Andererseits bedeutet es jedoch, dass wir nicht ihre Herren sind. Hüter, aber nicht Herren. Wir müssen sie deshalb lieben und achten, stattdessen sind wir „oft vom Hochmut des Herrschens, des Besitzens, des Manipulierens, des Ausbeutens geleitet; wir ‚hüten’ sie nicht, wir achten sie nicht, wir betrachten sie nicht als unentgeltliches Geschenk, für das wir Sorge tragen müssen.“ (Papst Franziskus, Generalaudienz, 5. Juni 2013.) Die Umwelt achten bedeutet aber nicht nur, sich darauf zu beschränken, sie nicht zu verderben, sondern auch, sie für das Gute zu nutzen. Ich denke vor allem an den landwirtschaftlichen Sektor, der berufen ist, dem Menschen Unterstützung und Nahrung zu liefern. Es ist nicht tolerierbar, dass Millionen von Menschen in der Welt den Hungertod sterben, während jeden Tag Tonnen von Lebensmitteln von unseren Tischen weggeworfen werden. Außerdem erinnert uns die Achtung gegenüber der Natur daran, dass der Mensch selbst ein grundlegender Teil von ihr ist. Neben der Ökologie der Umwelt bedarf es daher jener Ökologie des Menschen, die in der Achtung der Person besteht, die ich heute in meinen Worten an Sie ins Gedächtnis rufen wollte.
Der zweite Bereich, in dem die Talente des Menschen zur Blüte kommen, ist die Arbeit. Es ist Zeit, die Beschäftigungspolitik zu fördern, vor allem aber ist es notwendig, der Arbeit wieder Würde zu verleihen, indem man auch angemessene Bedingungen für ihre Ausübung gewährleistet. Das schließt einerseits ein, neue Methoden zu finden, um die Flexibilität des Marktes mit der Notwendigkeit von Stabilität und Sicherheit der Arbeitsperspektiven zu verbinden, die für die menschliche Entwicklung der Arbeiter unerlässlich sind. Andererseits bedeutet es, einen angemessenen sozialen Kontext zu begünstigen, der nicht auf die Ausbeutung der Menschen ausgerichtet ist, sondern durch die Arbeit die Möglichkeit garantiert, eine Familie aufzubauen und die Kinder zu erziehen.

Gleichermaßen ist es notwendig, gemeinsam das Migrationsproblem anzugehen. Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird! Auf den Kähnen, die täglich an den europäischen Küsten landen, sind Männer und Frauen, die Aufnahme und Hilfe brauchen. Das Fehlen gegenseitiger Unterstützung innerhalb der Europäischen Union läuft Gefahr, partikularistische Lösungen des Problems anzuregen, welche die Menschenwürde der Einwanderer nicht berücksichtigen und Sklavenarbeit sowie ständige soziale Spannungen begünstigen. Europa wird imstande sein, die mit der Einwanderung verbundenen Problemkreise zu bewältigen, wenn es versteht, in aller Klarheit die eigene kulturelle Identität vorzulegen und geeignete Gesetze in die Tat umzusetzen, die fähig sind, die Rechte der europäischen Bürger zu schützen und zugleich die Aufnahme der Migranten zu garantieren; wenn es korrekte, mutige und konkrete politische Maßnahmen zu ergreifen versteht, die den Herkunftsländern der Migranten bei der sozio-politischen Entwicklung und bei der Überwindung der internen Konflikte – dem Hauptgrund dieses Phänomens – helfen, anstatt Politik der Eigeninteressen zu betreiben, die diese Konflikte steigert und nährt. Es ist notwendig, auf die Ursachen einzuwirken und nicht nur auf die Folgen.

Herr Präsident, Exzellenzen, meine Damen und Herren Abgeordnete,
das Bewusstsein der eigenen Identität ist auch notwendig, um konstruktiv mit den Staaten zu verhandeln, die gebeten haben, in Zukunft der Union beizutreten. Ich denke vor allem an jene aus dem balkanischen Raum, für die der Eintritt in die Europäische Union dem Friedensideal entsprechen kann, in einer Region, die unter den Konflikten der Vergangenheit so sehr gelitten hat. Und schließlich ist das Bewusstsein der eigenen Identität unerlässlich in den Beziehungen zu den anderen Nachbarländern, besonders zu denen, die ans Mittelmeer grenzen, von denen viele aufgrund innerer Konflikte und unter dem Druck des religiösen Fundamentalismus und des internationalen Terrorismus leiden.

Ihnen, verehrte Mitglieder des Parlaments, kommt als gesetzgebende Instanz die Aufgabe zu, die europäische Identität zu bewahren und wachsen zu lassen, damit die Bürger wieder Vertrauen in die Institutionen der Union und in den Plan des Friedens und der Freundschaft gewinnen, der das Fundament der Union ist. „Je mehr […] die Macht der Menschen wächst, desto mehr weitet sich ihre Verantwortung, sowohl die der Einzelnen wie die der Gemeinschaften.“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes, 34.) In diesem Wissen appelliere ich daher an Sie, daran zu arbeiten, dass Europa seine gute Seele wiederentdeckt.

Ein anonymer Autor des 2. Jahrhunderts schrieb, dass „die Christen in der Welt das sind, was die Seele im Leib ist“. (Vgl. Brief an Diognet, 6.) Die Aufgabe der Seele ist es, den Leib aufrecht zu erhalten, sein Gewissen und sein geschichtliches Gedächtnis zu sein. Und eine zweitausendjährige Geschichte verbindet Europa mit dem Christentum. Eine Geschichte, die nicht frei von Konflikten und Fehlern, immer aber beseelt war von dem Wunsch, am Guten zu bauen. Das sehen wir an der Schönheit unserer Städte und mehr noch an der Schönheit der vielfältigen Werke der Liebe und des gemeinschaftlichen Aufbaus, die den Kontinent überziehen. Diese Geschichte ist zum großen Teil erst noch zu schreiben. Sie ist unsere Gegenwart und auch unsere Zukunft. Sie ist unsere Identität. Und Europa hat es dringend nötig, sein Gesicht wiederzuentdecken, um – nach dem Geist seiner Gründungsväter – im Frieden und in der Eintracht zu wachsen, denn es selbst ist noch nicht frei von Konflikten.

Liebe Europaabgeordnete, die Stunde ist gekommen, gemeinsam das Europa aufzubauen, das sich nicht um die Wirtschaft dreht, sondern um die Heiligkeit der menschlichen Person, der unveräußerlichen Werte; das Europa, das mutig seine Vergangenheit umfasst und vertrauensvoll in die Zukunft blickt, um in Fülle und voll Hoffnung seine Gegenwart zu leben. Es ist der Moment gekommen, den Gedanken eines verängstigten und in sich selbst verkrümmten Europas fallen zu lassen, um ein Europa zu erwecken und zu fördern, das ein Protagonist ist und Träger von Wissenschaft, Kunst, Musik, menschlichen Werten und auch Träger des Glaubens ist. Das Europa, das den Himmel betrachtet und Ideale verfolgt; das Europa, das auf den Menschen schaut, ihn verteidigt und schützt; das Europa, das auf sicherem, festem Boden voranschreitet, ein kostbarer Bezugspunkt für die gesamte Menschheit!
Danke.

20151015_115446

Schlußbemerkung:

Von einen Kirchenvertreter hätte ich zumindest einmal den Hinweis auf die Hauptperson des Christentums, nämlich JESUS CHRISTUS erwartet. Seis drum, wenn die Abgeordneten dass was gesagt wurde umsetzen dann werden wir ein großes Stück mit den Werten in Europa weiter kommen. Wenn ich mir aber die letzten 11 Monate anschaue die seit der Rede vergangen sind, dann muss ich leider feststellen, dass diese Worte bei den Allermeisten in den Wind gesprochen wurden. Leider! Schade!

M.T.

Thema: Vorträge | Beitrag kommentieren

23. Verführung und Irrwege im 21.Jahrhundert

Dienstag, 27. Oktober 2009 | Autor:

Wahrheit-Lüge_by_Gerd-Altmann_pixelio.de

Infos über die Konferenz „Miteinander für Europa“
sowie Details von kath. Lehren und Praktiken auch bzgl. des Marienkultes

Im Flyer „Miteinander christlicher Bewegungen und Gemeinschaften“ wird die Vorgeschichte der Konferenz, die am 10./11.Mai 2007 stattfinden wird, erklärt.
Über ein Treffen von Leitern des CVJM und der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung mit Chiara Lubich und Andrea Riccardi im Jahr 1999 liest man:

Man erkannte, dass alle anwesenden Bewegungen und Gemeinschaften den gleichen Ursprung haben. Alle sind Werk des Heiligen Geistes. ***

 

Aus dem Text des Flyers geht hervor, welche tragende Rolle Chiara Lubich, die Gründerin und Leiterin der Fokolar-Bewegung bei dem Ganzen hat.

Zitate aus dem Flyer:

1998
Da die katholische Kirche ein Miteinander der Bewegungen wünschte, versprach Chiara Lubich dem Papst öffentlich, dass sich die Fokolar Bewegung mit ihrem Charisma der Einheit dafür einsetzen werde.

2001
Auf Anregung von Chiara Lubich, die Helmut Nicklas und P. Marmann aufgriffen, schlossen die Verantwortlichen ein Bündnis der gegenseitigen Liebe. Es wurde zur Grundlage von allem, was sich später im Miteinander entwickelt hat.
Beim grossen Pfingsttreffen beim Papst 2006 wird Frau Lubich als „Hauptarchitektin“ der Einheitsbewegung gelobt.
Auf der Website der Fokolar-Bewegung findet man unter dem Stichwort „Spiritualität“ die Grundpfeiler der Bewegung. Der erste Grundpfeiler lautet:

Gott ist die Liebe und der Vater aller Menschen.
Ihr Anliegen ist es, zur Einheit unter Menschen, Völkern, Angehörigen der verschiedenen Konfessionen und Religionen beizutragen. Der Weg dazu führt über den Dialog. Chiara Lubich und die Angehörigen der Fokolar-Bewegung engagieren sich daher vor allem im ökumenischen und interreligiösen Gespräch, aber auch auf politischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene. Der vielfältigen Spannung unserer Zeit voll bewusst, lädt Chiara Lubich alle Menschen ein, Zeit, Mittel und auch ihr Leben für die Verwirklichung einer geeinten Welt einzusetzen.
Frau Lubich wird von Vertretern aller großen Religionen geschätzt. Auf der Website der Fokolar-Bewegung wird berichtet, wie kürzlich Genesungsgrüße aus der ganzen Welt von hochrangigen religiösen Führern bei ihr eingingen.
Von Seiten der Buddhisten erbat der Präsident der japanischen Bewegung Rissho Kosei-kai „den Segen Gottes und Buddhas“ und fügte hinzu: „damit deine Führung und Leitung weiterhin Hoffnungsstrahl für Millionen von Menschen in der Welt sein kann“.

Auf der österreichischen Website der Fokolar-Bewegung findet sich folgende Beschreibung von Frau Lubich:
Zentrales Element der Schönstatt-Bewegung ist die Weihe an Maria, einer völligen Übereignung an Maria. Dazu ruft die Schönstatt-Bewegung auf mit diesem Liebesbündnis-Gebet:

Zum Leitungskommitee der Konferenz gehören ausser Chiara Lubich (Fokolare-Bewegung): Friedrich Aschoff (Geistliche Gemeinde-Erneuerung der evangelischen Kirche), Ulrich Parzany (Pro Christ), Helmut Nicklas (CVJM München) und Pater Michael Marmann (Schönstatt-Bewegung).

O meine Gebieterin, o meine Mutter. Dir bringe ich mich ganz dar; und um dir meine Hingabe zu bezeigen, weihe ich dir heute meine Augen, meine Ohren, meinen Mund, mein Herz, mich selber ganz und gar. Weil ich also dir gehöre, o gute Mutter, so bewahre mich, beschütze mich als dein Gut und dein Eigentum. Amen.

Zitat aus einem Artikel von Kath.Net mit dem Titel „Weihe Dein Leben Maria!“:
Wie der heilige Ludwig Maria Grignon de Montfort in seinem „Geheimnis Mariä“ erklärt, besteht der Weg dieser besonderen Form der Marienfrömmigkeit darin, sich „Maria zu weihen, um durch sie Jesus ganz anzugehören“. Papst Johannes Paul II. hat diesen Weg der Welt verkündet, indem er seinen bischöflichen Wahlspruch „Totus tuus“ („Ganz Dein, Maria“) und das „M“ für Maria in seinem Wappen auch als Papst übernommen hat.
Nähere Erklärung zur Weihe an Maria findet sich z.B. bei www.adorare.de, wo auch wieder Bezug genommen wird auf das Buch von Grignion.
Bei Kathpedia, der freien katholischen Enzyklopädie erfährt man unter dem Stichwort „Weihe an Maria“, dies sei die Ganzhingabe an Gott:
Alles, was der Gläubige Maria anvertraut, wird durch ihre Vermittlung ihrem Sohn Jesus Christus geschenkt. Auf diese Weise wird die Weihe an Maria zum Vollzug der Ganzhingabe an Gott.

Früher hatte ich immer gedacht, dass die Anbetung von Maria von einigen superkatholischen Gläubigen praktiziert wird, was zwar von der offiziellen katholischen Kirche geduldet, aber nicht direkt unterstützt wird. Heute weiss ich es besser, weil ich mir die Fakten angesehen habe. In einem Hirtenbrief fordert Kardinal Meisner seine Gläubigen auf, „Maria in ihr Haus aufzunehmen“.
Auch Papst Johannes Paul II und der jetzige Papst Benedikt XVI bekennen sich ganz offen zu ihrer Marienfrömigkeit. Johannes Paul II. bezieht sich auf „Das Goldene Buch“ von Ludwig-Maria Grignion von Montfort , das Anleitung gibt für ein Leben mit Maria und auch das Weihegebet an Maria enthält.

 

Die heute gültige katholische Lehre findet sich im Katholischen Katechismus, einem Werk von Papst Johannes Paul II. Im Vorwort des Werkes heißt es: (die Hervorhebungen sind von mir)
Der ,,Katechismus der katholischen Kirche“, den ich am 25. Juni 1992 approbiert habe und dessen Veröffentlichung ich kraft meines apostolischen Amtes heute anordne, ist eine Darlegung des Glaubens der Kirche und der katholischen Lehre, wie sie von der Heiligen Schrift, der apostolischen Überlieferung und vom Lehramt der Kirche bezeugt oder erleuchtet wird. Ich erkenne ihn als gültiges und legitimes Werkzeug im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft an, ferner als sichere Norm für die Lehre des Glaubens.
88 Das Lehramt der Kirche setzt die von Christus erhaltene Autorität voll ein, wenn es Dogmen definiert, das heißt wenn es in einer das christliche Volk zu einer unwiderruflichen Glaubenszustimmung verpflichtenden Form Wahrheiten vorlegt, die in der göttlichen Offenbarung enthalten sind oder die mit solchen Wahrheiten in einem notwendigen Zusammenhang stehen.
Der Absolutheitsanspruch der Katholischen Kirche:
100 Die Aufgabe, das Wort Gottes verbindlich auszulegen, wurde einzig dem Lehramt der Kirche, dem Papst und den in Gemeinschaft mit ihm stehenden Bischöfen anvertraut.

Weiter liest man:
II Die Beziehung zwischen der Überlieferung und der Heiligen Schrift
Eine gemeinsame Quelle….
80 ,,Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu“ (DV 9). Beide machen in der Kirche das Mysterium Christi gegenwärtig und fruchtbar, der versprochen hat, bei den Seinen zu bleiben ,,alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).
82 ,,So ergibt sich, daß die Kirche“, der die Weitergabe und Auslegung der Offenbarung anvertraut ist, ,,ihre Gewißheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein schöpft. Daher sind beide mit dem gleichen Gefühl der Dankbarkeit und der gleichen Ehrfurcht anzunehmen und zu verehren“ (DV 9).
966 „Schließlich wurde die unbefleckte Jungfrau, von jedem Makel der Erbsünde unversehrt bewahrt, nach Vollendung des irdischen Lebenslaufs mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen und als Königin des Alls vom Herrn erhöht, um vollkommener ihrem Sohn gleichgestaltet zu sein, dem Herrn der Herren und dem Sieger über Sünde und Tod“ (LG 59) [Vgl. die Verkündigung des Dogmas der Aufnahme der seligen Jungfrau Maria durch Papst Pius XII. im Jahre 1950: DS 3903.].

Bzgl. Maria ist der katholische Christ laut Katholischem Katechismus verpflichtet, folgendes zu glauben:
494 Auf die Ankündigung, daß sie durch die Kraft des Heiligen Geistes den ,,Sohn des Höchsten“ gebären werde, ohne einen Mann zu erkennen [Vgl. Lk 1,28—37.], antwortete Maria im ,,Gehorsam des Glaubens“ (Röm 1,5), in der Gewißheit, daß ,,für Gott nichts unmöglich“ ist: ,,Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,37—38). Indem Maria dem Worte Gottes ihre Zustimmung gab, wurde sie zur Mutter Jesu. Sie machte sich aus ganzem Herzen, ohne daß eine Sünde sie davon abgehalten hätte, den göttlichen Heilswillen zu eigen und gab sich ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin, um mit der Gnade Gottes in Abhängigkeit vom Sohn und in Verbundenheit mit ihm dem Erlösungsgeheimnis zu dienen [Vgl. LG 56].
,,Der hl. Irenäus sagt, daß sie ,in ihrem Gehorsam für sich und das ganze Menschengeschlecht Ursache des Heils geworden ist‘. Deshalb sagen nicht wenige der alten Väter gern, ,daß der Knoten des Ungehorsams der Eva gelöst worden sei durch den Gehorsam Marias; und was die Jungfrau Eva durch den Unglauben gebunden hat, das habe die Jungfrau Maria durch den Glauben gelöst‘. Im Vergleich mit Eva nennen sie Maria ,die Mutter der Lebendigen‘ und öfters betonen sie: ,Der Tod kam durch Eva, das Leben durch Maria“‘ (LG 56).
…… auch in ihrer Aufnahme in den Himmel ……

Die Aufnahme der heiligen Jungfrau ist eine einzigartige Teilhabe an der Auferstehung ihres Sohnes und eine Vorwegnahme der Auferstehung der anderen Christen.
„Bei deiner Niederkunft hast du die Jungfräulichkeit bewahrt, bei deinem Entschlafen hast du die Welt nicht verlassen, o Mutter Gottes. Du bist zurückgekehrt zum Quell des Lebens, die du den lebendigen Gott empfingst und durch deine Gebete unsere Seelen vom Tod befreien wirst“ (Byzantinische Liturgie, Tropar am Fest der Entschlafung am 15. August).
969 „Diese Mutterschaft Marias in der Gnadenökonomie dauert unaufhörlich fort, von der Zustimmung an, die sie bei der Verkündigung gläubig gewährte und an der sie unter dem Kreuz ohne Zögern festhielt, bis zur immerwährenden Vollendung aller Auserwählten. Denn nach ihrer Aufnahme in die Himmel hat sie diese heilbringende Aufgabe nicht niedergelegt, sondern fährt durch ihre vielfältige Fürbitte fort, uns die Gaben des ewigen Heils zu verschaffen …

Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter den Titeln der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen“ (LG 62).
Hochinteressant ist der Erfahrungsbericht eines Protestanten, der durch eine Teilnahme an einer Reise nach Medjugorje sich für Maria öffnet und eine Beziehung zu ihr beginnt. Es wird in diesem Bericht sehr deutlich, wie die mangelnde Kenntnis der Schrift und die undifferenzierte Offenheit für emotionale Erfahrungen die Tür öffnen für Verführung.

Autor: Hartwig Henkel
Schlußbemerkung:
Mein Verständnis von Männern Gottes, die den Heiligen Geist lieben und sich an das Kreuz klammern, ist, dass sie die Wahrheit, das Wort Gottes ehren und sich danach ausrichten.

Die neutestamentliche Maria, die Mutter und Jüngerin Jesu, ist in keinem Falle identisch mit der Maria, die in der katholischen Kirche verehrt und angerufen wird.

Die echte Maria des Neuen Testamentes ist wie jeder andere Mensch unter dem Fluch geboren, der seit Adams Fall alle Menschen mit Ausnahme Jesu betrifft.

Nach der Geburt war sie nicht mehr Jungfrau und ist auch nicht leiblich in den Himmel aufgefahren. Nirgendwo im NT wird ihr der Titel Miterlöserin, Fürsprecherin oder Königin des Alls gegeben.

Die Anrufung von Toten, auch wenn sie zu Lebzeiten Großes vollbracht haben, ist streng verboten. Siehe 5. Mo 18,10-12 !

Und es ist in keinem anderen das Heil; denn auch kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden müssen. Apg 4,12

Predige das Wort, stehe bereit zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, weise zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre! Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem, ertrage Leid, 2.Tim 4,2-5a

*** Ich lese nirgends in der Bibel dass die anwesenden Bewegungen und Gemeinschaften ein Werk des Heiligen Geistes sind. Sondern, Werke des Heiligen Geistes sind alle Kinder Gottes, und zwar nur die, die von Neuem geboren sind, aus Wasser und Geist.

Autor: Hartwig Henkel

Thema: Vorträge | 3 Kommentare

11. Leben mit Änderungen – Bedrohung oder Chance

Freitag, 18. September 2009 | Autor:

 

Liebe Leser,

ich habe diesen Vortrag von Dr.Siegfried Buchholz von einer Kassette mitgeschreiben. Der Vortrag wurde am 29.04.1995 im Hotel Palmengarten in Offenburg gehalten.

Wenn ich ihn heute im Jahr 2009 in meinen Blog einstelle, muss ich feststellen, dass vieles was Dr.Buchholz damals gesagt hat, uns in der ganzen „Breite“ getroffen hat.

Ich bin überzeugt, dass auch im Jahre 2009 noch viel Gewinn aus diesen Vortrag gewonnen werden kann.

Ich bin aufgewachsen in einer kleinen Stadt in Norddeutschland, in der es nur „heile Welt“ gab. Nach dem Krieg gab es nur ein Thema: Überleben. Es gab wenig Änderungen damals, die großen Änderungen waren vorbei. In der Nähe unseres Hauses floß ein kleiner Bach mit Steinen drin und auch etwas Gerümpel, und wir Kinder machten uns einen Spaß, in dem wir kleine Papierschiffchen herunterfahren ließen. Es passierte hin und wieder, daß eins dieser Papierschiffchen hinter einem Stein oder einem Stück Holz liegen blieb, dort kam es aus dem Strom raus und drehte sich im Kreis. es brauchte dann so einen kleinen Schnipser mit dem Finger, um das Schiffchen wieder in den Strom zu bringen.

So etwas ähnliches habe ich heute Abend mit Ihnen vor. Möglicherweise sind wir nicht alle im Strom der Dinge, die uns in dieser Welt umgeben, wir leben in einer bunten Welt, mit sehr vielen Strömungen, aber mit sehr vielen Räumen hinter sehr großen Steinen. Ich möchte versuchen Sie mit hineinzunehmen in die Buntheit unserer derzeitigen Welt, und versuchen, mit Ihnen einige Fragen zu durchdenken, die Ihnen vielleicht eine Hilfestellung sein könnten, diese Welt besser zu verstehen und besser in Angriff nehmen zu können. Wir werden alle, heute schon und in der Zukunft noch mehr, einer bunten Vielfalt von Chancen und Bedrohungen begegnen, die wir zum großen Teil nicht einordnen können und die wir nur mit Mühe werden bewältigen können.

Diejenigen unter Ihnen, die in einem Geschäft sind, wo Sie Änderungen selbst anstoßen müssen und viel mit Menschen umgehen, die eigentlich änderungsunwillig oder änderungsfähig sind, die wissen was ich meine. Wir werden lernen müssen, wir werden sogar lernen müssen aus Bedrohungen Chancen zu machen, auch das geht. Viele Chancen, die uns begegnen in dieser Welt, und es gibt noch sehr viele, kommen zunächst einmal als Probleme auf uns zu, und wir werden diese Chancen auswickeln müssen, wie Pralinen oder Bonbons. Dann werden wir entdecken, daß es innerhalb eines Problems plötzlich eine Chance gibt. Dazu gehört Mut, manchmal wickelt man Chancen aus, die drei Nummern zu groß sind. Aber auch das gibt es. Wir werden lernen müssen, aus Chancen Bedrohungen zu machen. Lassen Sie mich mal versuchen das an einem Illustrationsbeispiel versuchen, vor Ihnen auszubreiten.

Ein Farmer in Texas will eines Abends in seine Farm zurück (nach Haus) und kollidierte mit einem schnellen Auto. Es gab einen Unfall. Pferd, Mann, Auto alles fiel von der Straße in einen Sumpf und es gab vier Wochen später eine Gerichtsverhandlung. Der Farmer kreuzte auf, bandagiert, hinkte, mit Krücken, war in einem furchtbaren Zustand. Und der Richter sagt ihm: „Erzählen Sie doch mal, wie war das denn damals?“ Und er sagte:„Euer Ehren ich kann noch nicht reden, bitte.“.„Ne, ne“, sagt der Richter, „Sie sind hier die Hauptfigur, wie war das denn damals“. Und der Farmer sagte: „Ich kann wirklich nicht reden, ich fühle mich nicht so gut.“ „Ich hab hier ein Protokoll, das Protokoll von dem Polizeioffizier, der an Ort und Stelle war, und dem haben Sie damals gesagt, als er Sie fragte wie es Ihnen ging: „Es geht mir aus-gezeichnet.“ Wie kommt es, daß es Ihnen damals ausgezeichnet ging und daß Sie heute kaum reden können?“ „Lassen Sie mich mal beschreiben was damals war, als ich in dem Sumpf aufwachte, benommen, halbtot. Das erste was ich wahrnahm waren diese blauen, rotierenden Lichter von Polizeiwagen, dann sah ich, wie dieser Polizist ausstieg, er ging auf mein Pferd zu, mein Pferd war in einem furchtbaren Zustand. Er nahm seine Pistole und erschoß mein Pferd, und  dann kam er auf mich zu und fragte: „Und jetzt zu Ihnen, wie geht’s Ihnen.“ Das war der Augenblick, wo ich sagte  „Es geht mir ausgezeichnet.“

Wir werden lernen müssen aus Bedrohungen Chancen zu machen.

Im Sommer des Jahres 1993 wurde hier in Deutschland ein bekannter Mann beerdigt. Man nannte ihn Mister Mercedes. Werner Niefer war viele Jahre lang Chef von Mercedes gewesen. Und er schied aus einem Unternehmen aus, das er vor vielen Jahren einmal als Lehrling und als Werkzeugmacher betreten hatte. Kurz vor seinem Ausscheiden machte die Zeitschrift „Wirtschafts Woche“  ein Interview mit Herrn Niefer. Ich lese Ihnen mal einige Fragen des Chefredakteurs der „Wirtschafts Woche“ vor, er fragte ihn:

„Herr Niefer, Sie sind ein Energiebündel. Was machen Sie denn mit Ihrer Kraft im Ruhestand?“. Niefer sagte: „ Ich habe auch weiterhin zu tun. Ich bleibe Koordinator für die GUS-Staaten und Nahost und ich werde …“. Und dann zählte er auf, was er alles noch machen werde. Dann fragte der Redakteur noch einmal zurück: „Keine privaten Beschäftigungen?“. Und Herr Niefer sagte: „Doch, ich will wieder Segelfliegen und endlich mal wieder richtig Bücher lesen.“. Der Journalist fragte noch mal: „Was schwebt Ihnen denn da zum Beispiel vor?“. Herr Niefer sagte: „ Ich glaube erst mal die Bibel, um mich von diesem Tagesdenken zu lösen.“. Erstaunt Sie das, daß einer der bekanntesten deutschen Wirtschaftsführer die Bibel benutzte, um wieder mal ein bißchen klar denken zu können? Sie würden sich wundern, wenn Sie wissen würden, wie vielen Leuten das hin und wieder passiert. Wie viele Wirt-schaftsführer Schwierigkeiten haben, sich vom Tagesdenken zu lösen. Mercedeschef Niefer nahm die Bibel in die Hand, um sich vom Tagesdenken zu lösen. Die Bibel hat sehr wohl etwas zu sagen, zu Menschen, die in einer Welt leben, die aus den Fugen gerät. Das Neue Testament hat sehr viel zu unserem Thema heute Abend zu sagen.

Den geistigen Führern seiner Zeit sagte Jesus einmal bei einer Gelegenheit:

„Ihr könnt das Aussehen des Himmels beurteilen und ihr schließt darauf, wie das Wetter werden wird. Warum versteht ihr dann nicht, was euch die Zeichen dieser Zeit ankündigen?“(Matth.16).

In unsere Sprache übersetzt hätte Jesus gefragt: „Habt ihr keine Frühwarnsysteme?“. Es dürfte ja innerhalb der uns bekannten Menschheitsgeschichte kaum jemals eine Zeit gegeben haben, in der die Zeichen der Zeit dichter und bedrängter plaziert waren als heute. Wir leben in einer Welt, die alles andere ist als langweilig. Wir Leute in Europa nehmen bloß nicht alle Dinge wahr, die wir wahrnehmen sollten.
Meine Frau und ich haben vor nicht all zu langer Zeit eine ausgedehnte Reise in den Fernen Osten unternommen, den pazifischen Raum. Diejenigen von Ihnen, die den Fernen Osten kennen, wissen, daß dort die Uhren sehr viel schneller gehen als hier und auch anders gehen als hier, und daß unsere Welt im Umbruch ist. Und wie sehr sie im Umbruch ist und wie viel Änderungen auf dieser Welt passieren und wie weit sich derzeit die drei Teile der Triade, Europa, Nordamerika, pazifischer Raum auseinanderentwickeln. Das muß man ab und zu mal in sich aufnehmen, um verstehen zu lernen, was sich in dieser Welt wirklich tut. Wir Europäer leisten uns ja immer noch eine Art von bemerkenswert selbstgefälliger Überheblichkeit, dem gegenüber, was in anderen Teilen der Welt passiert. Weil wir immer noch glauben, wir seien der Nabel der Welt. Bei einem Abendessen in einem Hotel in Djakarta, erzählte uns ein Amerikaner folgende Geschichte, die ihm vor kurzem passiert war: Er war mit einigen anderen zusammen auf einer Kreuzfahrt in der Südsee gewesen, und unter diesen Gästen befand sich auch der Ministerpräsident der Fidschiinseln. Eines Abends in der Bar frotzelten einige Europäer und Amerikaner auf eine etwas lieblose Art mit ihm herum, daß es noch gar nicht solange her sei, daß es auf den Fidschiinseln noch Kannibalen gegeben hätte. Und sie fragten ihn, wie es denn möglich sei, so schnell zivilisierte Menschen produzieren zu können. Am nächsten Abend hatte der Kapitän des großen Schiffes zu einem Dinner eingeladen. Und die gleichen Leute saßen jetzt wieder zusammen am Tisch des Kapitäns. Jedem Gast wurde die große Speisekarte gegeben, und der Ministerpräsident der Fidschiinseln studierte seine Karte eine Zeit lang. Dann gab er sie dem bedienenden Steward zurück und sagte: „Ich mag das alles nicht, geben sie mir die Passagierliste.“

Es gibt viele Arten von Kannibalismus. Um noch mal nach Europa zurückzukehren. Europa ist schon lange kein Kriegsschiff mehr, Europa ist ein Luxusdampfer. Wir Europäer fahren mit einem Luxusdampfer durch die Welt, schon einige Jahrzehnte lang, und wir interessieren uns viel mehr für die Temperatur des ausgeschenkten Weins als für die Fahrtüchtigkeit des Dampfers oder für den Preis des einzukaufenden Dieselöls. Und wir bemerken eigentlich gar nicht, daß insbesondere die Industrieländer des asiatischen Raums längst unsere Passagierlisten studieren. Wir werden noch mehr da-von erleben. Ich möchte das, worüber ich jetzt mit Ihnen zusammen nachdenke, versuchen an Hand von zwei Fragenkomplexen rüberzubringen.

Zunächst möchte in mit Ihnen zusammen der Frage nachgehen: Wie sieht denn die globale Umbruchsituation derzeitig aus, was ändert sich denn, und was wird sich noch ändern.? Und dann der zweiten Frage nachgehen: Welche Konsequenzen wir denn aus diesen Änderungen ziehen, denen wir da begegnen? Gibt es so etwas wie Wegzeichen, durch die bunte Hürdenreiche Landschaft der Zukunft? Und dann möchte ich noch die Frage nachschieben:

Hat denn vielleicht das Christentum eine Antwort auf das, was da passiert? Wir reden schließlich über die Kulturbasis Europas. Sollten wir ab und zu mal auf unsere Kulturbasis zurückgehen, wenn wir Dinge andenken, die vielleicht etwas mit unserer Basis zu tun haben?
Lassen Sie mich mal beginnen mit der ersten Frage.

Was ändert sich denn alles? Bei diesem ersten Teil darf ich von Anfang an um Ihre Nachsicht bitten, es wird vieles von dem was ich sage sehr skizzenhaft sein. Ich werde in den meisten Fällen mit dem breiten Pinsel von van Gogh malen, und nicht mit dem feinen Stift von Dürer. Ich werde also etwas pla-kativ reden, aber wenn ich über Fakten rede, sind die immer gewissenhaft recherchiert und wahr. Dieser erste Teil wird Sie nicht besonders beruhigen, er soll Sie auch nicht beruhigen. Ich möchte Sie beunruhigen. Wir sind in eine Phase der Entwicklung unserer Welt gekommen, daß wir unruhig werden müssen. Was uns abgeht, ist innere Unruhe. Wir sind viel zu ruhig über alles das, was da passiert. Wir müssen uns vor Augen halten, daß es nicht zum Besten steht, trotz unseres guten Lebens, das wir immer noch haben. Wir müssen uns vor Augen halten, daß wir einige grundlegende Änderungen vor uns haben, ob die uns gefallen oder nicht, ob wir sie sehen oder nicht. Wir haben sie vor uns. Wenn wir unser gutes Leben behalten wollen, dann müssen wir uns das schon etwas kosten lassen. Man redet ja nicht sehr oft über diese Dinge. Ich möchte Sie bitten, daß Sie diesen Abend, den wir hier zusammen verbringen doch vielleicht nutzen sollten. Dieser Abend ist nicht dazu gedacht, zu dem die IVCG Sie eingeladen hat, uns interessante Anregungen zu geben. Das ist nicht das Ziel der IVCG. Unser Konsum von Wissen und unser intellektueller Konsum ist in der Regel mehr als ausreichend. Versuchen Sie doch diesen Abend als eine ganz praktische Gelegenheit zu betrachten, um ihre persönliche Lebensplanung mal wieder neu zu überdenken. Fragen Sie sich doch mal, ob Sie in allen Bereichen Ihres Lebens so weiter machen können, wie bisher. Oder ob es vielleicht ein Paar Bereiche gibt, wo das was in der Welt um uns herum passiert und das, was Sie betreiben und denken und glauben und wollen vielleicht auf verschiedenen Schienen läuft. Stellen Sie sich mal die Frage: Müßte ich vielleicht in meinem Leben einige Dinge grundlegend ändern?

Unser Thema ist ja Leben mit Änderungen, und ich meine damit Änderungen globaler Natur. Und das ist gleich eine erste Dimension unseres Thema überhaupt. Es gibt immer noch zu viele Menschen, die glauben, daß wir in einer Welt leben, in der sich dort und dort einiges ändert, was man dann dort und dort reparieren könnte. Dem ist nicht so. So ist unsere Situation nicht. Wir leben in einer Welt, deren gesamtes System sich ändert. Das System „Welt“ ändert sich! Wenn ein System sich ändert, das kann man nicht reparieren, das geht nicht. Das muß man zunächst mal akzeptieren und aus-halten. Wir sind mitten in einer globalen Kulturrevolution. Darauf müssen wir uns zunächst mal einstellen. Es gibt keine Lebensbereiche mehr, in denen sich nichts ändert. Wenn sich in den nächsten 30 Jahren so viel ändert, wie in die letzten 30 Jahren, dann geht mir zum Beispiel jegliche Art von Phantasie ab, mir vorzustellen, wie unsere Kinder ihre Kinder erziehen wollen. Wenn wir das bewußt wahrnehmen, daß wir in einem System Welt leben, das sich grundlegend in allen Bereichen ändert, erst dann können wir überdenken, wie und ob wir da mitmachen und wie wir uns darauf einstellen. Aber zunächst mal muß man sich das vor Augen halten, daß diese Änderungen, die wir da vor uns haben, global sind. Und erst dann können wir darüber nachdenken, wo Chancen sind und wo Bedrohungen sind. Es gibt immer noch viele Chancen in dieser Welt, viel mehr als wir glauben. Wir haben eben nur Angst bei diesem Auswickeln. Das erfordert Mut. Leben morgen wird vor allem Mut erfordern, Courage.

Ich weiß nicht ob Sie die Geschichte von diesen beiden Großwildjägern kennen, die im Norden Kanadas unterwegs waren. Zwei Amerikaner, die Bären jagen wollten. Sie hatten schon seit Tagen keinen Bären mehr gesehen und waren etwas mißmutig. Eines Abends sitzen die beiden vor ihrem Zelt am Lagerfeuer und plötzlich bemerken sie, daß sich ein großer Bär dem Lager nähert. Da rast der eine los in das Zelt und macht seinen Rucksack auf, und zieht sofort ein Paar neue Laufschuhe an. Da fragt der andere leicht belustigt: „Glaubst du wirklich, daß du mit den Dingern dem Bär weglaufen kannst?“. Da sagt der andere: „ Natürlich nicht, ich muß bloß schneller sein als du.“. Diese Art von Herausforderung kennen wir in der Wirtschaft bereits seit geraumer Zeit. Den meisten Firmen denen es heute gut geht, die sind schneller als die anderen gewesen. Und das wird in der Zukunft noch mehr der Fall sein. Die Zukunft wird sicher noch bunter werden als unsere Gegenwart.
Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können, wann das letzte Jahr war, in dem wir meinten jetzt sei alles in Ordnung. Ich habe leider keine Zeitungen mehr von damals, wo ich Sie an der Euphorie teilhaben lassen könnte, die damals unter uns herrschte. Das letzte Jahr, wo wir dachten jetzt sei alles in Ordnung, das war das Jahr 1990. Der Kommunismus war tot, wie wir meinten, Gorbatschow war noch am Ruder als Garant dafür, daß jetzt alles in die richtige Richtung läuft, Saddam Hussein war noch nicht aktiv geworden, die Rezession war noch nicht da, die Preise für die deutsche Wiedervereinigung waren noch nicht bekannt, Jugoslawien hielt noch zusammen, damals meinten wir jetzt läuft alles in die richtige Richtung. Wir hatten offensichtlich, oder viele von uns hatten offensichtlich eine Art von Paradiesvision. Wir dachten jetzt haben wir die meisten Sachen im Griff, jetzt haben wir den Fahrplan für eine akzeptable Zukunft ausgedruckt und in der Tasche. Wissen Sie was dann passierte?  Etwas sehr bemerkenswertes! Etwas was wirklich die Welt verändert hat. In den verschiedenen Teilen der Welt passierte damals etwas verschiedenes. Wir Leute in Europa und wir Deutsche ganz sicher, wir ließen uns damals auf einen Prozeß ein, der fast bedeutete, daß wir die Zukunft aufgaben. Wir begannen Zukunft zu konsumieren, wir haben nicht mehr in Zukunft investiert. Das passierte nicht in den beiden anderen Teilen der Triade.

Ich darf Sie daran erinnern, daß zwischen 1990 und heute in Europa ungefähr soviel Arbeitsplätze verloren gingen, wie in Amerika geschaffen wurden. Es passierten also verschiedene Dinge. Die Leute haben damals Zukunft verschieden in den Griff genommen. Und es passieren auch heute noch Dinge, die die Gegenwart und Zukunft kräftig verändern werden. Sie erinnern sich, vor einigen Wochen war in der Zeitung zu lesen, daß es zu ei-ner Ehe kam, zwischen Hollywood und Silicon Valley, als Steven Spielberg und Bill Gates ein Imperium zusammenschraubten. Auch das wird wieder die Welt verändern. Unsere Silicon Valleys in Europa sind zu klein. Und wir müssen uns schon einstellen auf Dinge, die möglicherweise morgen und übermorgen eine Nummer zu groß werden. Wir müssen lernen, das was uns umgibt und betrifft, besser zu durchdenken. Die Welt in der wir leben heißt Europa. Und innerhalb dieser Wirtschaftstriade Nordamerika, Europa, pazifischer Raum, hat Europa besondere Probleme. Europa hat nicht nur immer wieder mal Konjunkturprobleme, wir krabbeln ja gerade aus der letzten Rezession heraus, sondern Europa hat gravierende Strukturprobleme.

Das Wort haben wir dafür gefunden. Die derzeitige Situation der vielen gravierenden und schmerzhaften Änderungen in Europa, geht auf unsere Strukturprobleme zurück. Einige tiefgehende bleibende Änderungen haben uns Europäern hart zugesetzt. Fast noch mehr wie den anderen Teilen der Welt.
Da ist einmal der Einfluß neuer Technologien. Es gibt in Europa, in vielen Ländern Europas immer noch eine subtile, seltsame Art von Technikfremdheit. Diese neuen Technologien, besonders die Informationstechnologien haben alle unsere Arbeits- und Lebensbereiche durchdrungen, sie haben unsere Arbeitswelt total umgekrempelt. Darf ich Sie daran erinnern, daß moderne Technik nicht nur bei der Arbeit hilft, sie macht sie auch manchmal schwieriger oder sie schafft sie sogar ab. Mit diesen Aspekten der neuen Technologien werden wir noch gravierende Schwierigkeiten haben.

Ein zweiter Punkt ist ebenfalls nicht ganz leicht zu verdauen, nämlich die gnadenlose Verschärfung des globalen Wettbewerbs. Wir haben eigentlich früher nie globalen Wettbewerb gehabt. Europa hat mit sich selbst gehandelt. Der globale Wettbewerb ist hart geworden und die Prügeleien finden jetzt deshalb mehr und mehr in Europa statt, weil andere sie nach Europa hereinbringen. Aber wir haben noch nicht globalen Wettbewerb gelernt. Dieser globale Wettbewerb hat die früheren Schwächen der Staaten und Firmen ebenso gnadenlos sichtbar gemacht. Und wir haben die Dimension dieser Änderungen noch nicht genau erkannt.
Was uns allen sehr zusetzt ist aber noch ein dritter Punkt, nämlich der zunehmend forcierte Abbau etablierter, alter Ordnungen. Dieser forcierte Abbau führt zu einer schnell zunehmenden und immer weniger kontrollierbaren Mobilität. In unserer Welt ist alles mobil geworden: Güter, Dienstleistungen, Geld, Menschen, Ideen. Alles ist mobil geworden. Sie können alles überall hinbringen, und es gibt kaum noch Positionen, die Sie so besetzen können, daß Sie vorhersagen können, es ist morgen noch da, wo ich heute bin. Alles ist mobil geworden! Und ich habe das Gefühl, daß wir auf so viel Mobilität nicht eingestellt sind, weil sie uns Ohnmacht bringt. Warum ist nun Europa von alledem besonders betroffen?

Nach dem 2.Weltkrieg ist hier bei uns in Westeuropa ein für uns spezifisches System der gegenseitigen Abhängigkeit von Wirtschaft und Staat entstanden, das wegen seiner systemstabilisierenden Sozialstruktur weithingehend sehr populär wurde. Eine Art von Megarisikoversicherung für die ganze Gesellschaft, wenn Sie wollen: Eine Art von Gesellschaftsvollkasko-versicherung. Und wir alle wissen, wie teuer Vollkaskoversicherungen sind. Mit Hilfe von zum Teil riesigen Subventionen, von künstlich am Leben erhaltenen unproduktiven Staatsunternehmen, von luxuriös ausgestatteten Altersversorgungen und Krankenversicherungen, von hohen Gehältern und hohen Ansprüchen gewöhnte sich ein großer Teil Europas an einen hohen Lebensstandard. Da sind wir alle mit dabei. Ein Lebensstandard, der schon lange nicht mehr durch entsprechende volkswirtschaftliche Leistungen abgedeckt wird. Und Sie kennen die Konsequenz: Hohe Verschuldungsraten. Schauen Sie sich mal die Verschuldungsraten der Länder der EG an! Mittlerweile ist auch deutlich geworden, daß selbst unsere nobelsten Vorzeigeunternehmen wie Daimler-Benz, wie VW, wie Philipps, wie Michelin, wie die großen Italiener, alle Schwierigkeiten haben in diesem kalten Wind zu leben. Sie sind diesen tiefgreifenden Änderungen auf den Weltmärkten nicht mehr ganz gewachsen. Hätten wir uns vorstellen können, daß eine noble Firma wie Daimler-Benz mal ein Jahr abschließen würde, mit minus 3,3Mrd DM ? Das hätten wir für unmöglich gehalten. Hätten Sie es für möglich gehalten, daß die am besten verdienende Firma der Welt IBM mal ein Geschäftsjahr abschließt mit  minus 8Mrd $ ? Das wäre jenseits unserer Vorstellungen gewesen.
Was tut man? Ich weiß nicht ob Sie heute ihre Zeitung gelesen haben? Haben Sie gesehen was auf der ersten Seite steht? „Der neue Chef bei Daimler-Benz baut Konzernzentrale um. Jürgen Schremp räumt auf. 1/3 Manager weniger“ Wissen Sie was das bedeutet, wenn eine Firma wie Daimler-Benz 1/3 aller Manager hinausschmeißt? Was das politisch bedeutet? Was das wirtschaftlich bedeutet? Was das sozial bedeutet? Was das menschlich bedeutet? Was das für den kommenden Führungsstil derer bedeutet, der 2/3, die noch dableiben? Wir lassen uns schon auf wilde Sachen ein. Wollen wir glauben, daß sei die Art und Weise damit fertig zu werden. Ähnliche Dinge passieren natürlich auch in den USA und in Japan. Auch da läuft das Geld nicht mehr so schnell durch die Kassen. Aber dort geht man Probleme anders an. Man hängt nicht so sehr an dem was man früher getan hat. Wenn wir noch einmal unseren Blick auf unsere nächste Nachbarschaft richten, auf Europa, auf Westeuropa, auf unsere Welt. Dann darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, daß nirgendwo anders auf der Welt soviel uneffiziente Staatsunternehmen entstanden wie in Westeuropa; nirgendwo anders entstanden so viele teure, große, uneffiziente Beamtenstrukturen, mit einer weltweit beispiellos luxuriösen Struktur von Gehältern und Pensionen wie in Europa.

Nirgendwo anders wurde soviel Geld für sowenig Leistung in so geringer Jahresarbeitszeit bezahlt, wie in Europa. Es gibt kein Land, das weniger arbeitet und mehr bezahlt als die BRD. Darf Sie daran erinnern, daß für die Kosten eines westdeutschen Arbeiters derzeit arbeiten: 10 Ungarn, 17 Tschechen, 18 Polen, 78 Bulga-ren oder 70 Russen. Nun, es gibt keine Grenzen mehr. Früher waren diese billigen Leute weit weg – heute wohnen sie gleich hinter dem Zaun. Wir müssen damit leben. Wir werden Verwerfungen haben, wir werden Unruhe haben, wir werden Änderungen haben und wir werden uns irgend etwas einfallen lassen müssen. Nirgendwo anders wurde für gesellschaftliche Harmonie so lange, so hohe Subventionen für sterbende Branchen bezahlt wie in Europa: Kohle, Stahl, Teile der Landwirtschaft, Schiffbau, Textil. Nirgendwo anders ist man sich heute untereinander immer noch so sicher, daß wir das alles letztlich schon hinkriegen. Und nirgendwo anders ist man deshalb änderungsunwilliger als in Europa. Das ist unser Problem. Nirgendwo anders wurde innerhalb einer anspruchsvollen Industriegesellschaft so wenig in die Zukunft investiert wie in Europa.

Ich darf Ihnen mal ein paar Zahlen vorlesen aus dem letzten Weltwissenschaftsbericht der UNESCO. Das sind objektive Daten.

Investition in Forschung und Entwicklung pro Staat, pro Einwohner, pro Jahr (1993): Japan 1203.-DM; USA 1055.-DM; EU(Durchschnitt) 527.-DM. Wissen Sie diese Kombination von wenig Arbeitstagen pro Jahr, höchste Gehälter der Welt und nicht interessiert in das, was morgen kommt, werden wir nicht packen. Wir werden uns was einfallen lassen müssen, wie wir trotzdem über die Runden kommen. Zumindest müssen wir uns innere, menschliche Energie zulegen, um das durchzustehen was da kommt. Und darüber reden wir heute abend.

Jetzt zur zweiten Frage: „Welche Konsequenzen sollten wir aus allen diesen Änderungen ziehen, die die Welt derzeit gravierend verändern?“ Was können wir tun? Wie und wo können wir anfangen über diese Frage nachzudenken? Ich stelle noch einmal die Frage: „Könnte unsere europäische Kulturbasis einen Beitrag dazu liefern – das Christentum – einige Aussagen der Bibel?“

Ich glaube schon. Ich sage Ihnen auch den Grund. Ich glaube, wir müssen lernen, intensiv, kritisch und vor allem absolut vorurteilslos zu denken, welche Chancen und Risiken in der Zukunft auf uns warten, und wie wir damit umgehen sollen. Absolut vorurteilslos! Die Fähigkeit, den Willen und vor allem den Mut zum kritischen Durchdenken unserer Zukunftswege, meine Damen und Herren haben nur ganz, ganz wenige Menschen. Ich kenne wenig Führungspersönlichkeiten, die angstfrei Zukunft andenken können. Ganz, ganz wenig. Die meisten Menschen, die ich kenne verdrängen Zukunft. Es ist wie beim Schachspielen: Wenn der vierte oder fünfte Zug Sie mattsetzt, dann hören Sie auf zu spielen. Wer Zukunft verdrängt, der tut das in der Mehrzahl aller Fälle aus einem bestimmten Grund: Weil er oder sie nicht aus der persönlichen Situation grundsätzlicher Geborgenheit herausdenken kann.

Wer nicht aus einer grundsätzlichen Geborgenheit herausdenken kann, kann Zukunft nicht angstfrei andenken. Es geht nicht. Aber zu einer tief verankerten grundsätzlichen, persönlichen Geborgenheit gehört immer irgend eine Art höchster Autorität. Eine Macht, die Geborgenheit geben kann. Und diese Macht muß eine liebende Macht sein. Sonst hätte ich vor ihr ja Angst. Wenn uns Geborgenheit am Herzen liegt, und wir werden Geborgenheit brauchen, dann brauchen wir eine höchste Macht, die und diese Geborgenheit verleiht. Und diese höchste Macht muß eine liebende Macht sein. Ich darf noch mal sagen, es gibt wenig qualifizierte Leute auf der Welt, in unserer derzeitigen Situation, die wirklich kritisch, angstfrei durchdenken. Einer, der für mich begabtesten Querdenker der Zeit, die ich kenne, ist der Engländer Charles Handy, der einige interessante Bücher geschrieben hat. Handy sagt in einem seiner Bücher folgendes – wörtliches Zitat: „Was derzeit geschieht in unserer Welt ist durchaus vergleichbar mit dem was im 15.Jh. geschah, als die Druckmaschine erfunden wurde. Plötzlich zerbröselte die Autorität der Kirche, weil wir alle in unseren Häusern für uns die Bibel lesen konnten. Wir konnten uns unsere eigene Meinung über Gott bilden. Priester waren plötzlich einfach nur noch Menschen. Diese derzeitigen Änderungen werden zu einer neuen Renaissance führen.“ Auf der einen Seite ist das etwas großartiges, weil so viel Kreativität herauskommen wird. Auf der anderen Seite beginnt aber auch eine sehr turbulente Zeit. Menschen bekommen oft Angst wenn es keine Autoritäten mehr gibt. Das sollten wir uns schon in unsere Stammbücher schreiben.

Wir Menschen sind ja seltsame Wesen. Wir versuchen immer wieder die Quadratur des Kreises zu finden. Auf der einen Seite versuchen wir uns immer wieder von Autorität zu befreien, vor allem von einer höchsten Autorität, von Gott. Wir mögen es einfach nicht, wenn uns jemand sagt, was wir zu tun und zu lassen haben – wir mögen es einfach nicht. Wir wollen selber darüber bestimmen, was wir zu tun und zu lassen haben. Auf der anderen Seite kriecht aber Angst an uns hoch, wenn keine Autorität mehr da ist, die uns Halt gibt und die uns auf kritischen Wegstrecken zeigt, wo die Fahrt wirklich hingeht. Das meine ich mit dieser Quadratur des Kreises. Viele unter uns suchen Freiheit und meinen damit eigentlich Schrankenlosigkeit. Wir wollen selber bestimmen, was wir tun und lassen können. Können es aber nicht! Auf der einen Seite suchen wir Freiheit, auf der anderen Seite fürchten wir uns vor Freiheit. Wir fürchten uns vor einer Freiheit, die wir suchen, weil wir jegliche Art von Sicherheit und Geborgenheit des Weges abgeschafft haben.

Ich darf Sie daran erinnern: Erklären Sie einem Menschen was Freiheit wirklich bedeutet. In der Regel will er sie dann nicht mehr. Die meisten Menschen strecken sich nur nach Freiheit aus, weil sie die Konsequenzen von Freiheit niemals erklärt bekommen haben. Aber das ist unsere Situation. Wenn wir aber bereit wären, eine höchste Autorität ins Spiel zu bringen, dann würden wir schlußendlich vor dem Gott stehen, der diese Welt gemacht hat, der sie erhält und der sie auch einmal richten wird, und vor dem wir auch erscheinen müssen. Und dann steht auch unser Thema in einem ganz anderen Licht da.
Weil diese Frage nach einer Autorität eine Schlüsselfrage ist in diesem ganzen Thema „Änderungen“, deshalb ist auch die Frage nach einem helfenden Beitrag der Christen nicht ganz abwegig. In einem Artikel des Magazins „DER SPIEGEL“, dem man ja nun wirklich nicht den Versuch einer christlichen, missionarischen Einflußnahme unterstellen kann, stand vor einiger Zeit folgendes zu lesen, – es wurde geschrieben während der zweiten Ölkrise von einem der Redakteure des SPIEGELs: „Die Christen im späten Imperium Romanum erregten Anstoß und Spott mit ihren merkwürdigen Heiligen, ihren strengen Diätvorschriften und ihren wunderlichen Weltvorstellungen. Die Christen ahnten oder sahen die Krise schon voraus und stellten sich beizeiten darauf ein. Sie entwickelten eine Ideologie für bescheidene Leute und für bescheidenere Zeiten. Eine Ideologie, die dem Seelenheil einen höheren Wert beimaß als dem kaum mehr er-reichbaren äußerlichen Erfolg des Einzelnen – fast wie heute. Und siehe da, die neue Moral, die Selbstbescheidung und der Gemeinschaftsgeist der Gefolgsleute des Erlösers erwiesen sich in der bösen Welt als eine äußerst erfolgreiche Überlebensstrategie. Die Christen waren es, und niemand sonst, die aus den Wellen der Übergangsepoche als Sieger auf-tauchten und ganz Europa geistig eroberten. Könnte das noch einmal wieder der Fall sein?“

Was glauben Sie? Könnten die Christen Europa noch einmal geistig erobern? Wenn die Christen es nicht sind, wer wird dann Europa geistig erobern? Der Islam? Einer wird es tun.

Lassen Sie mich zu diesem Thema Christentum und die Dimension des Christentums einmal etwas Grundsätzliches sagen. Einige von Ihnen werden vielleicht ein bißchen Schwierigkeiten damit haben. Aber um den christlichen Glauben, wie er uns in der Bibel dargestellt wird, in seinen zugleich fordernden und helfenden Wesenskernen richtig zu verstehen, müssen wir uns einige wichtige Zusammenhänge randscharf vor Augen halten. Ich darf Sie herzlich bitten, bevor Sie etwas ablehnen, lernen Sie kennen, was Sie ablehnen. Bevor Sie etwas annehmen, lernen Sie kennen was Sie annehmen. Der christliche Glaube ist eine sehr herausfordernde Angelegenheit. Einfach deshalb, weil sein Begründer auch sehr herausfordernd war. Und wenn wir uns heute in unserer Situation nicht herausfordern lassen, dann können wir ohnehin einpacken. Wir müssen uns herausfordern lassen. Die IVCG ist herangetreten, Menschen herauszufordern, und wir glauben, daß wir zu einer Zielgruppe reden, die auch sonst herausgefordert wird, die herausfordern gewöhnt ist. Deshalb haben wir auch kein schlechtes Gewissen, Menschen herauszufordern.

Christus hat Menschen permanent herausgefordert. Jesus Christus hatte eine wunderbare Art mit Menschen umzugehen. Er hat die Zufriedenen geplagt, und die Geplagten zufrieden gemacht – permanent. Er hat den Anständigen zugesetzt und den Sündern Vergebung zugesprochen. Er hat die Gesunden für krank erklärt, er hat die Kranken gesund gemacht. Er hat die Sehenden für blind erklärt und die Blinden sehend gemacht. Er hat die Schriftgelehrten für dumm erklärt und den einfachen Leuten das Reich Gottes erklärt. Er hat genau das getan was ich eben sagte, er hat Zufriedenen geplagt und die Geplagten zufrieden gemacht. Lesen Sie mal im NT. Wo immer dieser Jesus von Nazareth aufkreuzte, hat er sofort die Situation polarisiert. Nach kurzer Zeit war ein Teil irritiert über ihn und ein anderer Teil war höchst fasziniert. Und wo immer Sie über diesen Christus reden passiert das gleiche. Und das ist für mich fast ein Kriterium für Wahrheit. Denn wenn Sie Wahrheit verkündigen, werden Sie nie auf breite Zustimmung stoßen. Weil Wahrheit immer etwas herausforderndes hat. Die heilige Schrift, die Bibel, sagt uns einige grundsätzliche Wahrheiten, die in der Regel so in dieser kompakten Form eigentlich nie in Predigten auftauchen. Aber wer sich mit der Bibel beschäftigt hat, weiß sofort worüber ich rede. Lassen Sie mich mal in plakativer Form diese drei Dinge sagen, die für unsere Zeit sehr wichtig sind. Die Bibel sagt zunächst mal, die Welt in der wir leben ist kein freiheitlicher, neutraler, spannungsloser, herrschaftsloser Raum.

Die Bibel sagt, daß die grundsätzlich wichtigen Machtpositionen in dieser Welt für alle Zeit besetzt sind. Nicht von zwei Größen, Wirtschafts- oder Militärblöcken. Nein, von Himmel und Hölle. Von einem Schöpfer und von einem Zerstörer. Von Gott und von seinem Widersacher, den die Bibel Satan nennt. Damit sind die Kraftfelder besetzt – für alle Zeit. Dann sagt die Bibel noch folgendes.

Zweitens, ich als Mensch habe die Entscheidungsalternative unter welcher Herrschaft ich leben will, entweder unter der des Schöpfers oder unter der des Zerstörers. Die bewußte Entscheidung für den einen bedeutet eine bewußte Entscheidung gegen den anderen. Ich bin also dazu verdammt, wenn Sie wollen mich zu entscheiden, bestimmt.

Und der dritte Punkt: Damit begebe ich mich entweder unter die Herrschaft eines wütenden Verlierers, der will, daß ich auch verliere. Die Bibel beschreibt den Satan als einen schlußendlichen Verlierer. Ich will aber auf keinen Fall auf der Seite des Verlierers sein. Oder ich begebe mich unter die Herrschaft eines triumphierenden Gewinners, der will, daß ich auch gewinne. Und diese Entscheidung, welche Herrschaft ich akzeptiere, hat weitreichende Konsequenzen. Ich bitte Sie sehr sehr herzlich, sich das vor Augen zu halten. Wer sich für Christus entscheidet, entscheidet sich für eine Autorität, die unserer Freiheit will, und Freiheit ist sehr anspruchsvoll.

Und wer sich nicht für Christus entscheidet, landet damit automatisch bei einer Autorität, die meine Bindung will, und es ist sehr viel gemütlicher, in Bindungen zu leben als in Freiheit. Es läuft für dieses Phänomen derzeit ein großes Experiment, in Rußland.
Diese drei grundsätzlichen Wahrheiten sind uns in der Regel verdunkelt. Lassen Sie mich eben noch mal kurz auf diese drei Dinge eingehen.

1. In der Regel haben wir ein naives Verständnis von Freiheit und Neutralität. Wir nehmen an, daß wir persönlich ohne Fremdbeherrschung leben könnten. Viele Menschen nehmen an, daß wir frei leben könnten, d.h. daß wir Mächten gegenüber neutral bleiben könnten. Das ist naiv!

Meine Damen und Herren, es hat in dieser Welt nie Neutralität gegeben. Es war nur ein leerer Begriff. Selbst Länder, die von sich sagten sie seien neutral, konnten sich den Luxus von Neutralität nur erlauben, weil es ein paar starke Nachbarn gab, die darauf achteten, daß dem nichts passierte.

2. Wir haben in der Regel ein naives Verständnis von der Möglichkeit persönlicher Lebensgestaltung. Wir nehmen an, daß es keinen kompromißlosen Konflikt zwischen Gott und seinem Widersacher gibt, und daß niemand uns bedrängt zu einer grundsätzlichen Lebensentscheidung. Auch das ist wirklichkeitsfremd. Wir sind auf eine grundsätzliche Entscheidung angelegt, und diese grundsätzliche Entscheidung ist sehr grundsätzlich. Es ist die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle, zwischen Gott und seinem Widersacher. Wir laufen ab und zu auf diese Dinge auf. Die englischsprechende Schwesterorganisation der IVCG, die CBMC hat vor zwei Jahren versucht, in einer Ihnen allen bekannten westdeutschen Großstadt eine Gruppe aufzumachen, wie diese Gruppe hier heute abend. Nach einiger Zeit wurde der Leiter dieser Gruppe zu dem Oberbürgermeister dieser Stadt gerufen, der ihm sagte: „Wir wollen nicht, daß Sie hier weiter arbeiten.“ „Warum nicht?“, entgegnete der Gruppenleiter. „Ich bin Mitglied einer Satanskirchen, ich will es nicht.“, sagte der OB, „Und wenn Sie nicht verschwinden, dann werde ich dafür sorgen, daß Sie verschwinden!“

Diese Gruppe hatte anderthalb Jahre lang erheblich Schwierigkeiten. Bis hin zu Selbstmordversuchen. Wir müssen uns darauf einstellen, es gibt Konfliktherde, es gibt Spannungsräume, die wir schon ernst nehmen müssen.

3. Wir haben in der Regel ein naives Verständnis von letzter Wirklichkeit, und verschließen uns damit der lebensverändernden Wirklichkeit für alle Zeiten auf der Seite des Gewinners Christus stehen zu können. Damit verzichten wir dann auch auf Geborgenheit und siegreiches Leben, ohne uns dessen oft bewußt zu sein. Wie schade, und ich sage das mit großer innerer Anteilnahme, wie schade, daß so viele Menschen aus diesem umwerfenden Angebot Gottes auf der Seite des Siegers über Tod und Teufel sein zu können, eine Religion gemacht haben.

Meine Damen und Herren, Religion hat in dieser Welt nie etwas verändert. Ich bin kein religiöser Mensch, ich stamme aus keinem religiösen Elternhaus, ich habe nie religiöse Sprache gelernt und ich halte von Religion nichts. Wenn Sie in ein Lexikon schauen was Religion bedeutet, dann finden Sie dort: „Religion ist das Bemühen von Menschen mit einer höchsten Autorität zusammenzukommen.“.

Die Bibel sagt genau das Gegenteil. Die Bibel sagt uns, daß diese höchste Autorität versucht mit uns zusammenzukommen, und daß wir darauf zu antworten haben. Jesus wird im NT als das Ende aller Religion beschrieben. Wir müssen uns damit abfinden, daß Religion nichts bringt. Religion ist niemals ein Thema der IVCG. Wir haben nur das Thema der zentralen Bedeutung dieses Jesus Christus, des Sohnes Gottes. Unsere größten Chancen sind unsere richtigen Entscheidungen.

Schauen Sie, diese eben genannten grundsätzlichen Zusammenhänge über Herrschaftsräume und die damit zusammenhängende Entscheidung mit ihren Konsequenzen haben einen sehr sehr kostbaren Kern. Und dieser kostbare Kern ist die eigentliche Basis unseres Lebens und Überlebens. Dieser kostbare Kern aller dieser Dinge heißt: „Geschenkte Freiheit“.

Es gibt eine Art von Freiheit, die ist so kostbar und so umwerfend und so groß, daß sie uns geschenkt werden muß. Freiheit, die ich mir nicht selbst besorgen kann. Jetzt bin ich wieder bei meinem Thema.

In einer Welt des schnellen Wandels, der vielen Änderungen müssen wir uns auch ändern. Oder wir werden es nicht packen. Wir müssen uns auch ändern. Wissen Sie was unser größtes Problem ist hier in diesem Teil der Welt, in dem wir wohnen: Wir halten an zu viel Altem fest. Wir halten fest, wir halten fest, wir halten fest. Wir halten fest an den Annehmlichkeiten von gestern. Wir halten fest an den Industrien von gestern. Wir halten fest an den Berufen von gestern. Wir halten fest an den Gehältern von gestern. Wir halten fest an unseren Sicherungen und Abfederungen von gestern. Wir halten fest an unserem überheblichem Machertum von gestern, was angab, immer alles im Griff zu haben. Wir halten fest an unserer lockeren, unüberlegten Gottlosigkeit von gestern, weil wir glaubten, die nicht nötig zu haben. Wir halten fest, wir halten fest, wir halten fest.

Wissen Sie was Jesus im NT sagt. Er sagt sehr unmißverständlich: „Gerade daß woran ihr am meisten festhaltet, das wird euch sicher genommen werden.“ Auch dieses Wort können wir anwenden auf unsere Situation, unsere Annehmlichkeiten, unsere Sicherheiten, Reichtümer und was auch immer.

Und jetzt kommt die Sache mit der geschenkten Freiheit. Ich glaube, daß nur der Gott, der uns gemacht hat, uns die Freiheit geben kann, uns so zu ändern, daß wir auch bereit sind, loszulassen. Das meine ich mit dieser geschenkten Freiheit. Wir brauchen diese geschenkte Freiheit des Loslassens.

Meine Damen und Herren, wir müssen loslassen. Ich lerne das immer wieder jeden Tag. Immer wieder neu, dort lerne ich ein Stück und dort und dort. Das ist gar nicht leicht, das fällt mir auch nicht leicht. Aber dieses Loslassen, daß ich etwas besitze als besäße ich es nicht. Das ist ein schwieriger Prozeß. Es gibt viele Methoden, das zu lernen, aber wir müssen es lernen. Wir müssen auch diese Freiheit richtig verstehen, die Gott uns da gibt. Man kann diese Freiheit auch mißverstehen. Mißverstandene Freiheit kann zu einem Ritt auf dem Tiger werden, das meine ich aber nicht. Wissen Sie, dieses Loslassen kann man auch an einer anderen Stelle lernen. Teil meines Berufes ist es, daß ich mich nicht nur mit Änderungen auseinandersetzen muß, nein, daß ich sie betreiben muß. Das ist manchmal schmerzhaft, wenn Sie sich mit Menschen umgeben sehen, die änderungsunwillig oder unfähig sind, (das geht ja irgendwie ineinander über), die Schmerz dabei empfinden, bei diesen Änderungen Ängste haben, Ohnmacht. Wenn ich mir dieses ganze Feld der auf mich einstürmenden Änderungen immer wieder vor Augen halte, dann muß ich mir gleich daneben etwas anderes stellen. Ich habe mir ein privates kleines Glaubensbekenntnis zusammengezimmert. Bereitschaft und eine Fähigkeit, mich selbst zu ändern und Änderungen um mich herum sogar anzustoßen, hängt an einer wichtigen Voraussetzung. Ich sage mir sehr oft, es muß ein Mittel allen Geschehens geben, das fest und unveränderlich ist, unter allen Bedingungen. Es muß irgend etwas oder irgendeinen in dieser Welt geben, der sich nicht ändert. Deshalb sind mir die Aussagen der Bibel so kostbar geworden in den letzten Jahren, daß dort das Wesen Gottes beschrieben wird, als jemand, der sich nie ändert.! Immer der gleiche: Vorgestern, gestern, heute, morgen, übermorgen. Es gibt mir eine wunderbare Art von Gewißheit und innerer Ruhe, mich an jemand anzuhängen, mich an jemand festzuhalten und von jemand gehalten zu werden, der sich nicht ändert. Irgendwo ist kein Treibsand. Ich weiß nicht wie viele von Ihnen so etwas haben, wo Sie die ganz feste Gewißheit haben, hier ist etwas, das hält mich, an dem kann ich mich halten. Der wird mich nie im Stich lassen. Der schwimmt nicht mit. Der hat es sich morgen nicht anders überlegt. Ich glaube, daß viele von uns diese uns umgebenden Änderungen und Umbrüche in Zukunft nur aushalten werden oder sogar betreiben werden, wenn sie an irgend einer Stelle festgehalten werden oder selbst festhalten. Viele denken diese Stelle des Festhaltens sei ihre Familie, seien gute Freunde, sei Gesundheit, sei Vermögen, seien Lebensversicherungen. Alles, es gibt nichts was hält. Das wissen wir heute, nichts, nichts was hält.

Außer IHM.

Die meisten von uns haben das schon angedacht, aber wenige haben es zu Ende gedacht.
Lassen Sie mich jetzt mal den Anfang mit dem Ende verknüpfen. Oder das Ende mit dem Anfang vielmehr. Wenn ich mir so unsere Situation in Europa anschaue, gibt es meines Erachtens nach vier Dinge, die uns in Europa abhanden gekommen sind, und wir müssen sie wiederfinden. Das ist unsere große Chance. Was den meisten in Europa abhanden gekommen ist, sind vier Dinge.

  • Einmal ein begründeter Zukunftsmut,
  • zweitens eine grundsätzliche Dankbarkeit,
  • drittens eine intelligente Opferbereitschaft und
  • viertens eine couragierte Änderungsbereitschaft.

Damit ist uns ein großer Teil der Wirklichkeit abhanden gekommen, denn diese vier Dinge beschreiben alle Dimensionen der Wirklichkeit. Das gilt nun besonders für Führungspersönlichkeiten. Wenn Sie sagen, ein Manager sei dumm, das ist noch nicht das schlimmste. Aber wenn Sie sagen, er ist wirklichkeitsfremd, das ist das schlimmste Urteil, was über ihn fällt. Denn das darf uns nicht passieren. Wir sind zum großen Teil wirklichkeitsfremd geworden, weil wir glauben, wir kämen ohne Dankbarkeit aus, ohne Zukunftsmut, ohne Änderungsbereitschaft und ohne Opferbereitschaft. Das ist wirklichkeitsfremd!

Lassen Sie mich nun zu diesem letzten Punkt ein paar Takte sagen, als Schlußkapitel. Wie finden wir Zugang zu einer Art couragierter Änderungsbereitschaft. Wir selbst. Wie kann ich mich ändern, um damit umgehen zu können, was sich um mich herum ändert. Ich meine jetzt also nicht, wie wir die Leute ändern können, sondern wie kann ich mich ändern. Wir alle ahnen ja zumindest irgendwie, daß wir so wie bisher nicht weiter machen können. Die unter uns, die Kinder haben, die hören das ohnehin sehr sehr oft. Was unsere gesamte verwöhnte Konsum- und Genußgesellschaft dringend braucht, ist so etwas wie ein geistiger Quantensprung, wenn Sie wollen. Aber wie könnte der entstehen? Wie entsteht so etwas wie ein Quantensprung, in unserem Wesenskern, in unserem Verhalten? Wenn ich mich in meiner eigenen Wissens- und Erfahrungswelt umschaue, dann finde ich da eigentlich nur einen einzigen Lebensbereich, in dem solchen Quantensprünge wesenhafter, tiefgreifender Änderungen im Leben von Menschen wirklich passieren und dauerhafte Änderungen zur Folge haben.

Das sind die Beispiele, wo ein Mensch Gott begegnet ist.
Es gibt in der Bibel eine Reihe von Beispielen, da wird uns beschrieben, wo Mensch und Gott sich begegnen. In einer kurzen Situation des Begegnens und immer, immer, immer, ausnahmslos das gleiche, eine tiefe Betroffenheit und ein tiefes Erschrockensein über den Unterschied, besonders in der Macht. Und dann im NT noch später in der Geduld. Ich glaube, wo ein Mensch Gott begegnet, da passiert etwas, was in keinem anderen Lebensbereich passieren kann. Lassen Sie mich mal dazu noch etwas anhängen, damit wir das etwas besser in den Griff kriegen. Ich möchte etwas vorlesen, eine wahre Begebenheit, aufgezeichnet im NT, eine Begegnung von zwei Männern, nachts in Jerusalem. Einige von Ihnen kennen das, es ist in Johannes 3 aufgezeichnet, auch wenn Sie es schon kennen, hören Sie doch für einen Augenblick mal so zu als hätten Sie es noch nie gelesen.
Einer von den Männern des jüdischen Gerichtshofs ist der Pharisäer Nikodemus. Mitten in der Nacht kam er, sprach zu Jesus und sagte:

„Meister, wir wissen, daß Gott Dich als Lehrer zu uns gesandt hat. Deine Taten beweisen es, Gott ist mit Dir.“ Darauf erwiderte Jesus: „Ich sage Dir eins Nikodemus, wer nicht neu geboren wird, kann nicht in Gottes Reich kommen.“ Verständnislos fragte der Pharisäer: „Was meinst Du damit? Wie kann ein Erwachsener neu geboren werden? Er kann doch nicht wieder in den Mutterleib zurück und noch einmal auf die Welt kommen.“ Aber Jesus wiederholte nur: „Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Wer nicht umkehrt und durch Gottes Geist neu geboren wird, kann nicht in Gottes Reich kommen. Ein Mensch kann immer nur menschliches, vergängliches Leben zeugen. Der Geist Gottes gibt das neue, das ‘Ewige Leben’. Wundere Dich deshalb nicht, wenn ich gesagt habe, wir müssen neu geboren werden.“ „Aber wie soll das nur vor sich gehen?“, fragte Nikodemus noch einmal. Jesus erwiderte: „Du bist doch einer der anerkannten Gelehrten in Israel. Du müßtest das doch eigentlich verstehen. Warum kommst Du eigentlich? Nikodemus hör gut zu: Gott hat die Menschen so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder der an IHN glaubt wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Gott hat seinen Sohn nämlich nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie vor dem Verderben zu retten. Wer an ihn glaubt wird nicht verurteilt werden.“

Lassen Sie mich mal versuchen die wundersame Ungewöhnlichkeit dieses Gesprächs etwas besser vor Augen zu malen. Zunächst mal möchte ich aufräumen mit einem möglichen Mißverständnis. Wenn hier von „neugeboren“ geredet wird, von Wiedergeburt, dann meine ich nicht so etwas wie Reinkarnation, oder solche Dinge. Ob ich schon mal als Pfau auf der Welt war oder als Kaiser von China, das ist wirklich nicht so interessant. Vor einiger Zeit hat Liz Taylor mal ein Interview gegeben in Hollywood und hat bei diesem Interview gesagt, sie sei schon siebenmal auf der Welt gewesen. Daraufhin schrieb einer der Journalisten am nächsten Tag: „Genauso sieht Sie auch aus.“. Ich meine das ist nicht der Punkt. Hier wird etwas anderes angesprochen. Lassen Sie mich mal versuchen, das in unser heutiges Leben zu übersetzen, was ich Ihnen gerade vorlas. Denn hier wird uns eine einzigartige Chance beschrieben, die unvergleichbar ist, mit allen anderen Dingen, die wir kennen. Das, was hier gesagt wird, wird nirgendwo anders auf der Welt gesagt. Warum? Zunächst mal: was spielt sich hier wirklich ab? Mitten in der Nacht bekommt dieser Jesus von Nazareth plötzlich Besuch. Vielleicht schlief er ja schon. Aber wer kommt da, wer hat es so eilig und vor allen Dingen, wer hat so viel Angst, daß die anderen seinen Besuch nicht bemerken. Nikodemus, wahrscheinlich ein Jurist, ein hoher Staatsbeamter, ein Profi, ein Intellektueller, ein Gelehrter, ein Mann, der in der Gesellschaft von Jerusalem viel bedeutete. Wenn er heute leben würde, gehörte er sicher zur Zielgruppe der IVCG. Ich selber erkenne mich ab und zu mal in ihm. Er hatte eine Frageweise, die eigentlich für kluge Leute ganz typisch ist. Aber wie kommt es, daß ein so kompetenter und profilierter Mann keine Zivilcourage hat und seine Frage nicht öffentlich stellt? Warum, was glauben Sie? Es hätte seiner Karriere geschadet! Die obere Gesellschaftsschicht toleriert es nicht, wenn sich einer von ihnen wirklich für Jesus interessiert. Alles genauso wie heute, es hat sich nichts geändert. Eine gute Eigenschaft hatte Nikodemus, eine wunderbare Eigenschaft: Neugier. Er wollte unbedingt mal dahinterkommen, was sich hier abspielte. Und dazu mußte er diesen merkwürdigen Rabbi aus Galliläa doch irgendwann einmal selbst sehen und mit ihm reden. Es gab vielleicht auch einen anderen Grund, warum er kam. Vielleicht war er wie so viele Intellektuelle, Fachleute und auch Theologen in eine geistige Sackgasse geraten. Seine Fragen verraten das ja. Genau so wie heute. Auch heute wissen viele kluge Leute nicht, wie es weitergeht. Es ist nur gut, daß wir die Zahl derer nicht kennen, die nicht wissen, wie es weitergeht. Das würde uns noch mehr Angst einjagen. Viele kluge Leute sind am Ende der Fahnenstange angekommen. Und auch heute kann genau das gleiche passieren wie damals. Es taucht jemand auf, der alles grundlegend anders anpackte. Wo Jesus etwas anpackte, war es grundlegend anders. Er stellte Fragen, die andere Leute nicht fragten und er gab auch Antworten, die andere Leute nicht gaben. Und auch wir möchten heute abend einige von diesem Fragen und einige von diesen Antworten in den Raum stellen. Aber hören Sie sich das noch einmal an, wie dieser hochgelehrte Mann, Nikodemus, sich bei Jesus einführt. Seine ersten Worten sind: „Wir wissen, wer Du bist…“. Sehr selbstsicher. Genau das sagen auch viele hochkarätige Leute heute. Hören Sie mal einigen liberalen Theologen zu, wie sicher die wissen, wer dieser Jesus war. Nichts wissen sie. Genau wie er damals, nichts. Jesus fängt seine zur Schau getragene Sicherheit später im Gespräch mit etwas Ironie wieder auf, und er sagt zu Nikodemus: „Du bist doch einer der anerkannten Gelehrten im Land, in dieser Stadt. Du müßtest das doch ei-gentlich alles verstehen, Nikodemus“. Doch dann bringt Jesus den alles entscheidenden Punkt ins Spiel, der alles entschied und der auch heute alles entscheidet. Er sagt: „Wer nicht neu geboren wird, kann von Gott nicht akzeptiert werden.“ – Take it or leave it Nikodemus(engl. Nimm es, oder laß es sein N.). Er erklärt nicht, er sagt. Auch das gehört zum Wesen Gottes.
Nun jetzt möchte ich Sie alle mal mitnehmen zu einem großen Sprung. Nehmen wir diese Aussage von der Notwendigkeit einer neuen Geburt und stellen sie mal direkt in unsere Gegenwart. Wenn Sie heute irgendwo in eine Diskussion hineingeraten, wie wir uns angesichts dieser vielen Umbrüche und Änderungen in dieser Welt eigentlich verhalten müßten, dann können Sie fast die Uhr danach stellen bis das jemand einen bestimmten Begriff ins Gespräch bringt. Nämlich den Begriff „Alternativ“. Alternativer Lebensstil, alternative Energien, alternative Landwirtschaft, Sie kennen das.

Wissen Sie was alternativ bedeutet? Der Begriff leitet sich vom Lateinischen alternatus ab und heißt so viel wie „anders geboren“ – neugeboren – wiedergeboren. Das ist alternativ. Noch einmal starten in ein neues Leben hinein. Mit einer neuen Wesensart und einer neuen Denkweise. Das ist alternativ. Das ist alternativer Lebensstil, und davon redet Jesus hier. Noch einmal starten können. Die Chance überhaupt. Es gibt keine größere. Und das konnte Nikodemus nicht begreifen. Das haben alle klugen Leute zu allen Zeiten nie begreifen können. Ich muß ja sagen, ich kann das auch nicht begreifen. Wenn Sie mich fragen würden, wie und was passiert hier, müßte ich passen, ich weiß es nicht. Ich habe es aber erlebt. Es war das faszinierendste Erlebnis meines Lebens. Aber erklären könnte ich es ihnen nicht. Aber es ist doch gar nicht so wichtig, daß wir begreifen, was sich hier abspielt. Ich glaube, wichtig ist nur, daß wir alle ganz und gar begreifen, daß uns hier die einzige, wirkliche, in der bisherigen Wirklichkeit erprobte Überlebenschance angeboten wird. Was hier passiert, gibt es wirklich. Und was hier passiert, hält auch wirklich. Ich habe ungezählte Menschen in meinem Leben ken-nengelernt, vor diesem „Noch-einmal-durchstarten“ und hinterher. Und es waren andere Menschen. Ich habe es an mir selber erlebt. Ich kann mich an mein Leben vor diesem nochmaligen Nullpunkt fast gar nicht mehr erinnern. Ich will es auch gar nicht mehr. Aber alles andere, was dieses Angebot von Christus nicht einschließt, meine Damen und Herren, ist Wunschdenken, ist naiver Idealismus oder unbegründete Hoffnung. Wir haben nur diesen Weg. Das hört sich sehr überheblich an, wenn ich das sage, aber ich kenne keinen anderen Weg. Und ich habe auch noch nie einen Menschen kennengelernt, der mir etwas Vergleichbares erzählt hat – noch nie, was Jesus hier zu Nikodemus sagt, und was Jesus auch heute abend in diesen Raum stellt. Denn er lebt ja noch heute, es gibt ihn ja. Das ist die einzigartigste Botschaft, die sonst niemand hat.

Jesus sagt: „Es gibt eine Alternative, eine wirklichkeitserprobte Alternative.“ Noch einmal von vorne anfangen können. Noch einmal einen neuen Nullpunkt setzten. Aber jetzt den richtigen, der Ihnen ein neues Leben qua-lifiziert, das wir morgen sicher brauchen werden. Ein Leben, was uns richtig macht, für eine bunte herausfordernde Zukunft; was uns Kräfte gibt, an Stellen, wo sie uns heute fehlen; was uns Richtungen gibt, die wir heute nicht kennen. Aber er sagt – und das sagt besonders Paulus sehr deutlich in einigen seiner Briefe: Mit unseren alten Lebens- und Denkweisen müssen wir aufhören. Das ist an diesen Nullpunkt gebunden. Ich fange an und höre mit dem Alten auf. Das können Sie sicher auch aus dem NT herauslesen. Wir müssen damit aufhören, wie wir bisher gedacht und geplant haben. Wir müssen damit aufhören, wie wir bisher gearbeitet und herumgewerkelt haben. Wir müssen auch damit aufhören, wie wir bisher Menschen manipuliert und gemanagt haben. Wir müssen auch aufhören damit, wie wir bisher gekauft, konsumiert und beansprucht haben. Wir müssen aufhören, wie wir bisher gelebt haben, jeder für sich auf seinem Terrain. Denn das geht in der Zukunft nicht mehr. Irgendwann werden wir mal auf dem Leseschlitz unseres Lebens lesen können: „Game over! – Start again!“ (Das Spiel ist vorbei! – Beginne neu!). Das kann heute abend sein, nächste Woche… . Je eher desto besser. Die Wissenschaft sagt uns, daß jedes System das sich mit der umgebenden Wirklichkeit nicht mehr vernetzen läßt, seine Existenz-berechtigung verloren hat. Ist uns eigentlich klar, daß unser Wohlstands-lebenssystem der Gegenwart sich schon längst nicht mehr vernetzen läßt mit dem zu erwartenden Lebenssystem der Zukunft. Was wir heute leben, und was wir heute tun und beanspruchen und konsumieren, läßt sich systematisch nicht mehr mit der Zukunft vernetzen. Wenn wir wollen, daß es eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder gibt, dann müssen wir das uns allen so lieb gewordene Wohlstandslebenssystem der Gegenwart bald drastisch korrigieren und ändern. An vielen Punkten. Das müssen wir zunächst mal gar nicht so extrem drastisch machen, aber wir müssen damit beginnen. Und die innere Kraft dazu, daß auch wirklich in Angriff zu nehmen, die innere Kraft zum Loslassen, meine Damen und Herren, für jeden von uns persönlich und dann noch für unsere Gesellschaft, kann nur von dem kommen, der uns gemacht hat. Ich habe noch keine andere Kraft kennengelernt. Der, der uns gemacht hat, macht uns ja ein einzigartiges Angebot einer neuen Alternative, dieses alternatus, dieses neu geboren werden.

In der Regel haben wir ja alle, schließe mich da selber mit ein, die wildesten Ausreden, wenn es sich darum dreht, etwas altes zu beenden und etwas neues anzufangen. Wir sind Menschen eines seltsamen starren Kontinums. Aber diese Dimension ist in unserer Zeit zu Ende gekommen. Wir haben heute ein Stadium in der Entwicklung unserer Welt erreicht, wo wir auch bald die letzte Ausrede wegschmeißen müssen. Viele von uns ahnen das. Einige wissen das auch schon, aber das reicht eben nicht.

Lassen Sie mich schließen. Abende, wie diese hier heute Abend in Offenburg werden derzeit auf der ganzen Welt, von ca.6000-7000 Gruppen christlicher Geschäftsleute, Technikern, Wissenschaftlern, Wirtschaftlern usw. veranstaltet. In ca. 6000-7000 Orten. Ich bin dieser großen globalen Bewegung auf vielen Orten der Welt begegnet. Sie hat nichts mit Kirche zu tun, wie vorhin schon gesagt wurde, nichts mit Konfession, nichts mit Religion. Sie hat nur ein starkes, alles prägendes Energiezentrum: JESUS CHRISTUS. Das ist der Motor dieser globalen Laienbewegung. Diese Bewegung erreicht laufend auf der ganzen Welt ca. ½ Mio. Geschäftsleute und Führungskräfte. Die meisten davon in englischer Sprache. Und sie setzt starke und erfolgreiche Initiativen. Ich persönlich glaube, und ich sage das ohne alle Überheblichkeit, daß diese christliche Laienbewegung der letzten 50 Jahre auf dieser Welt, in der Welt, in der ich arbeite, in der Welt der Wirtschaft mehr stabilisiert hat, als alle Kirchen zusammen. Weil die Kirchen, die christlichen Kirchen, die Sprache des modernen Menschen nicht gelernt haben, sie hätten sie auch nicht lernen können, weil die Leute, die für sie stehen, nie Kontakt damit hatten. Und in dieser Bewegung reden Leute gleicher Problemkategorien, gleicher Aufgaben, gleicher Lebensstile, gleicher Kommunikation, gleicher Sprache miteinander, und das führt eben zu etwas.

Wir Christen unter den Geschäftsleuten haben immer zunächst bei uns selbst angefangen. Mit der Hilfe eines kraftvollen, geduldigen und liebenden Gottes. Gott mußte mit mir viel viel Geduld haben und viele Umwege machen. Aber denjenigen unter uns, denen das dann passiert ist, denen dieser Neuanfang geglückt ist, denen ist es ein großes Anliegen unseren Kollegen und Geschäftsfreunden diesen kraftvollen, liebenden und geduldigen Gott nahe zu bringen. Deshalb ist es das letztliche Ziel dieser Abende hier, daß wir Sie bitten, auch einzusteigen, in diesen großartigen globalen Prozeß einer neuen, unseren Welt in der wir leben und arbeiten.

Meine Damen und Herren, wenn es uns nicht gelingt zu einer geistigen Erneuerungsbewegung zu werden, dann werden wir riesige Probleme haben. Entweder wir helfen, jeder von uns selber mit, dabei Aufbruchstimmung zu erzeugen. Oder die automatische Kontratsalternative heißt Abbruchstimmung. Unsere Welt im Umbruch bietet uns immer noch phantastische Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Zukunft, aber wir müssen sie anpacken. Wir müssen uns immer wieder an das Auswickeln machen. Der Gott, der uns gemacht hat, will uns dabei helfen, Chancen zu entdecken. Aber wir müssen ihm Gelegenheiten dazu geben. Die Welt bleibt wohl in einer Umbruchsituation. Die Spannungs- und Konfliktherde sind zu vielfältig. Wir nehmen das ja gar nicht wahr, daß es derzeit auf der Welt zig Kriege gibt. Weil wir von Frieden umgeben sind. Wir nehmen das auch kaum noch wahr, wenn irgendwo auf der Welt Tausende von Menschen zusammengeschossen, massakriert werden, es ist normal geworden. Aber wir leben in einer schwierigen Welt, und die schnellen Än-derungen werden auch uns mehr zusetzen als heute. Und jeder von uns wird das auf die Dauer nur durchstehen wenn er irgendwo festen Halt gefunden hat und sich irgendwo festhalten kann, an einem stärkeren, der sich nicht ändert. Glauben Sie mir. Sonst bewegen Sie sich mit dem was passiert, sonst geraten Sie auf Treibsand. Nehmen Sie diesen Jesus Christus praktisch mit in Ihr Leben hinein, ganz praktisch, und suchen Sie Halt. Es kann sonst sehr bewegt werden. Sie werden umwerfende Erfahrungen mit ihm machen. Ich könnte mir vorstellen, daß einige unter uns hier heute Abend praktische Konsequenzen aus dem ziehen möchten, über das was wir in der letzten Stunde zusammen geredet haben. Für diejenigen unter Ihnen, die einen Aufbruch zu diesem Christus hin und ein Zusammengehen mit IHM wagen wollen, für die hab ich einen ganz praktischen Weg. Ich möchte Sie bitten, mir zu gestatten, daß ich meinen Teil mit einem Gebet beschließe, wir haben bisher einige Male über Gott geredet, jetzt wollen wir auch zu ihm reden. Ich möchte diejenigen unter Ihnen, denen es ein wirkliches Anliegen ist, die ich nicht überredet habe, sondern, die die Gewißheit durch Gott selbst bekommen haben, ich bin auf einem Weg, wo ich diesen Halt brauche. Ich möchte diesen Neuanfang, diesen alternatus, diesen alternativen Lebensstil ich möchte ihn haben, weil ich für morgen besser qualifiziert sein möchte. Da habe ich einen ganz simplen Vorschlag:

Am Schluß meines Vortrages möchte ich ein einfaches Gebet sprechen, wo ich mein Leben Gott gebe. Beten Sie es einfach still mit, aber es muß Ihnen zur absoluten Gewißheit sein, sonst wird das nicht gut gehen. Es ist wie ein Art von Ehebeziehung, ich binde mein Leben an jemand, mit dem ich dann zusammen gehe. Diese Ehe wird nur gut gehen, wenn ich diesen Willensentschluß fest in mir verankere und immer wieder wiederhole.

Thema: Vorträge | Beitrag kommentieren

3. Von Neuem geboren

Freitag, 21. August 2009 | Autor:

Baby_R_by_Christian v.R._pixelio.de

Ein Vortrag den ich von einer Kassette mitgeschrieben habe, und den ich gerne Zur Kenntnis weiter geben will.

Von Neuem geboren

Offen gesagt ich bin angetan von diesen Mann. Er ist einer der hellsten Köpfe in Jerusalem, hat eine einflussreiche Position und er ist dazu auch noch fromm. Er gehört zu einer Gruppe, die es sich wahrlich nicht leicht macht für Gott etwas zu tun. Nein, er überlässt es nicht den Zufall ob er Zeit hat in den Heiligen Schriften zu lesen, er lässt es nicht darauf ankommen ob sich eine Gelegenheit zum beten bietet oder nicht und er lässt es auch nicht darauf ankommen ob er opfert und wie viel er opfert. Er will für Gott etwas tun. Er versteckt sich mit seinem Glauben nicht in einem Winkel. Er tritt öffentlich auf als glaubender Mensch und tritt öffentlich dafür ein das andere Menschen auch an Gott glauben. Nicht nur Einzelne, nein, dass ist ein Mann der will das Volk gewinnen. Das Volk gewinnen, das war das Ziel und das Thema seines Lebens. Davon war er so begeistert, dass Volk zu gewinnen das er den griechischen Namen, dafür sich selber gab, Nikodemus. Einer, der das Volk gewinnen will, deshalb gefällt mir dieser Mann so. Er tut etwas für Gott, er will dass andere für Gott auch etwas tun.
In einer Zeit in der andere immer noch rätseln wer denn der eine sein könnte über den alle diskutieren, da hat Nikodemus bereits den Durchblick. Die einen die sagen, dass ist ein Mensch und mehr nicht. Die anderen sagen, dass ist ein Übermensch. Was sagt Nikodemus?

Sie finden es in Johannes 3. Er kommt zu Jesus, zu einem Gespräch und leitet dieses Gespräch ein mit einem großen Kompliment, mehr sogar, nämlich mit seinem Glauben, er sagt, Meister, das heißt, du bist einer der drüber steht. Meister, wir wissen das du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist, denn niemand kann die Zeichen tun die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist, dass weis Nikodemus und das ist richtig was er weiß und das ist auch wichtig und wenn dies mehr gewusst hätten damals was Nikodemus hier sagt, dann wäre viel gewonnen gewesen.

Und nun staune ich allerdings, dass das was Nikodemus weis, was so richtig ist und wichtig ist, Jesus offensichtlich nicht aufnimmt. Denn Jesus antwortete ihm, wahrlich, wahrlich ich sage dir, wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Ich bitte sie einmal zu überlegen, was dieser Gesprächseinstieg des Nikodemus, mit der Antwort Jesus zu tun hat. Doch so gut wie gar nichts.
Wir haben festgestellt, dass was Nikodemus weis ist richtig und wichtig, aber offensichtlich weis er eines nicht, was für ihn wichtig ist und was jetzt neu ist oder soll ich sagen, was er noch nicht wissen kann. Deshalb antwortet ihn Jesus so überraschend und steigt überhaupt nicht auf seinem Vorschlag ein. Nikodemus will mit Jesus reden, wie er denn sei und wie er sich selber verstehe. Jesus will Nikodemus helfen, dass er für immer zu ihm gehört und dafür hat Jesus eine neue Lösung, einen neuen Weg.

Wer nicht von Neuem geboren wird, kann das Reich Gottes nicht sehen. Dieses Wort vom Reich Gottes kommt übrigens im Johannes Evangelium nur ein einziges mal vor und zwar an dieser Stelle. Deshalb möchte ich dies sorgfältig beachten. Was ist denn damit gemeint, mit dem Reich Gottes? Ich will das mal mit einfachen Worten sagen. Es geht einfach darum, dass ein Mensch unverbrüchlich gewiss wird, dass er zu Gott gehört, das Gott sich mit ihm versöhnt hat, das Gott ihm vergibt und das Gott ihn heilt und das er über den Tod hinaus eine Hoffnung in sich birgt. Das ein solcher Mensch aus Dank für das was Gott getan hat, dann das weitergibt und aus Dank dafür nicht mehr tut was er will und nicht mehr nach dem fragt was andere tun, sondern nur noch auf Gott selber schaut und fragt, Herr was willst DU tun, der kann das Reich Gottes sehen, der gehört dazu.

Nun ist die Frage, wie kommt man denn dazu? Wie wird man denn ein Mensch, dessen Herr Jesus Christus allein ist. Wie wird man denn ein Mensch, der sich darüber freut, dass Christus alles getan hat. Ich möchte gerade, wenn ich an Nikodemus denke und an mich, sagen, wie man in das Reich Gottes offensichtlich nicht hinein kommt. Man wird nicht in dieses Reich hinein geboren, so wie man in diese Welt hinein geboren wird. Man kann auch nicht langsam in dieses Reich hinein wachsen. Man kann sich auch nicht langsam in dieses Reich hinein arbeiten, in der ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Mitarbeit. Ich riskiere jetzt einen Satz, man kann auch nicht in dieses Reich hinein getauft werden, trotz der großen Gnade die uns in der Taufe zugesprochen wird. Ich riskiere noch einen Satz, man kann sich auch nicht in dieses Reich Gottes hinein bekehren, sondern man kann nur von Neuem geboren werden und dann in diese Reich kommen und dieses Reich sehen.

Darüber, liebe Schwestern und Brüder müssen wir uns heute einmal unterhalten. Wie verstehen wir denn selber das was wir für Gott tun? Wie verstehen wir uns, wenn wir wie Nikodemus andere gewinnen wollen, dass sie für Gott auch etwas tun. Warum tun wir das? Mit welcher Absicht tun wir das? Es ist geradezu tragisch, ich empfinde es tragisch, dass meistens wenn wir fragen woran denn ein Christ zu erkennen sei, dann zählen wir auf was ein glaubender Mensch tut.
Er liest die Bibel, er betet, er arbeitet mit in der Gemeinde, er opfert etwas und er sagt seinen Glauben weiter. Das alles ist ja gar nicht verkehrt. Nikodemus hat das alles auch getan. Das war Goldrichtig. Aber, Nikodemus hat das von sich aus getan und hier in diesen Abschnitt wird der glaubende Mensch einmal ganz anders beschrieben, nämlich, nicht mit dem was wir für Gott tun, sondern was Gott an uns tut.
Wir werden von Neuem geboren, und ich finde das unwahrscheinlich befreiend, denn in allen Religionen der Welt geht man davon aus, der Mensch kann etwas tun und der Mensch muss deshalb auch etwas tun, was er Gott anbieten kann. Und da bleibt in der Regel nichts anderes zurück als der ängstliche Zweifel, ist denn genug, was ich getan habe. Wird Gott denn mit mir zufrieden sein? Das ist nicht nur ein Refrain, aus einem Lied, das die Muslime singen, ich kenne diese Frage aus meinem eigenen Herzen. Ist das genug was ich für Gott getan habe? Und zurück bleibt die Angst.
Jesus befreit uns, ein für allemal von dieser Angst, indem er sagt, ihr könnt von Neuem geboren werden. Das ist der Punkt an dem sich der christliche Glaube von allen Religionen der Welt unterscheidet. Ich sag es noch einmal, in allen Religionen geht man davon aus, der Mensch kann etwas tun und der Mensch muss etwas tun. Der christliche Glaube sagt, der Mensch kann nichts tun und muss nichts tun um Gott etwas anzubieten. Aber Gott hat für den Menschen alles getan. Ich kann neu geboren werden, ich kann mich von Gott beschenken lassen, ich muss mich nicht mehr krampfhaft anstrengen um für Gott etwas zu tun, sondern ich kann mit leeren Händen vor ihm stehen und Gnade empfangen. Ich muss nicht an mir selber arbeiten um das auszumerzen was mich selber stört und worunter andere leiden. Ich kann von Neuem geboren werden. So wird in der Bibel der glaubende Mensch beschrieben, als einer, an dem Gott zuerst etwas tut. Gott bietet ihnen und mir Versöhnung an, Jesus vergibt mir und ihnen Schuld. Jesus hofft für uns, er trägt uns und dort wo uns unser Herz verklagt da bleibt er uns treu.
Ich bin von Neuem geboren und das er zu mir hält und ich zu ihm gehöre, das muss ich mir nicht einreden und das muss ich nicht ablesen an meinen eigenen frommen Leistungen. Das er an mir festhält und ich zu ihm gehöre, das sagt er mir. So verstehe ich Wiedergeburt. Dann kann ich aufatmen, weil ich weis das Gott mich nicht mehr beurteilt, nachdem was ich bringe, nein, er schenkt mir was ich brauche und das in Fülle.

Ich denke, liebe Schwestern und Brüder das Gott es nicht leicht hat mit uns, uns zu beschenken. Ich möchte Ihnen, das jetzt nicht unterschieben, aber ich kann es von mir sagen, Gott hat es mit mir nicht leicht, mich zu beschenken, mir gnädig zu sein. Ich bin so veranlagt, dass ich lieber für Gott etwas tue, als das ich mich abfinde mit dieser erbärmlichen Lösung, dass er alles für mich tun muss, um mich mit sich wieder zu versöhnen. Eine erbärmliche Lösung. Gott sei Dank, eine erbärmliche Lösung, dass er sich unser erbarmt. Von Neuem geboren heißt dann, sich beschenken lassen. Gott etwas tun lassen an sich selber, mit IHM versöhnt sein, sein Kind werden, sich an der Vergebung freuen, die ER uns schenkt. So möchte ich von Neuem geboren werden und mich beschenken lassen.
Mir ist da ein Beispiel eingefallen bei diesem Gedanken, dass Gott es mit uns nicht leicht hat, uns zu beschenken. Ich weiß nicht ob das hier bei ihnen auch so ist, aber im Schwäbischen ist das ein ganz bestimmtes Ritual. Wenn man nämlich irgendwo einen Besuch macht, dann kommt man nicht mit leeren Händen, man bringt eine „Kleinigkeit“ mit, so sagen wir da im Schwäbischen, eine „Kleinigkeit“. Dann sagt man Grüß Gott und Guten Tag und sagt, da haben wir eine „Kleinigkeit“ mitgebracht. Dann sagt der Gastgeber immer, dass wäre doch nicht nötig gewesen, ihr dürft doch auch ohne etwas kommen, ihr braucht doch uns nichts zu schenken und dann sagt man wieder, es ist doch nur eine „Kleinigkeit“.
Ich fürchte liebe Schwestern und Brüder, ihr lachen scheint mir zuzustimmen, ich fürchte, dass dann, wenn wir das Geschenk auspacken, wir bereits den Wert des Geschenkes abtesten und dann sagen, dass hat im Kaufhof mindestens 9,80 gekostet, wenn wir das nächste mal bei denen zu Besuch sind, dann müssen wir mindestens etwas für 12,50 mitbringen. Wir können uns nicht gut und leicht beschenken lassen, Gott hat es schwer mit uns.
Deshalb versteh ich auch den Nikodemus, der auf dieses Thema überhaupt nicht einsteigt, der hat gar nicht richtig zugehört. Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird kann er das Reich Gottes nicht sehen. Jetzt meldet sich Nikodemus und sagt. Wie kann denn ein Mensch geboren werden wenn er alt ist. Kann er denn wieder in den Leib seiner Mutter kommen und geboren werden. Ich stell mir das konkret so vor, das Nikodemus gesagt hat, Herr ich bin 1,73 groß und wiege 59 kg, das sind so die idealen Zahlen, das kann doch nicht wahr sein, ich in meinen Alter noch einmal geboren werden. Nikodemus hört etwas von Neuem Leben und denkt nur zurück an das was er bisher erlebt hat.
Wer unter uns macht das den Nikodemus nicht nach? Immer wenn uns Gott nach vorne weißt, wenn ER uns Zusagen gibt für neue Wege, prüfen wir diese Zusagen ob wir das bisher schon so erlebt haben. Wenn Gott uns nach vorne weißt uns Wunder verheißt, schauen wir zurück und überlegen ob wir das so schon einmal geschafft haben.
Typisch Nikodemus, typisch auch für mich. Nikodemus prüft ob das medizinisch und biologisch möglich ist, er hat seine Fragen an diese neue Geburt. Er lässt sich nicht hinein nehmen, weil er an dem, was er bisher erlebt hat zweifelt. Kennen sie das auch, dass dort wo Gott uns beschenken will, wo Gott will dass wir neu geboren werden, da sagen wir, Herr das haben wir doch nicht nötig. Da kratz ich doch wieder alles zusammen, was ich aus meiner Frömmigkeit, aus Restbeständen finde und sage Gott, du kannst doch mit mir zufrieden sein. Wenn du mir hilfst, wenn du ergänzt was ich tue, dann gibt dies doch auch ein Ganzes.
Nein, Gott knüpft nicht an, bei dem was bei mir ist, da ist nichts zum anknüpfen. Sondern ER schenkt mir neues Leben, weil ER mir das Alte alles vergibt. Das macht Jesus nun deutlich, in diesem Gespräch, es ist übrigens im Johannes Evangelium das erste längere Gespräch und wenn sie es in Ruhe einmal nachlesen, werden sie auch merken und entdecken wie Jesus im 3, 5 und im 11 Vers, seine Antwort immer einleitet, mit der alten Hebräischen Bekräftigungsformel, die man genommen hat wenn man den Eid schwor, wahrlich, wahrlich ich sage dir.
Was Jesus hier den Nikodemus also sagt ist nicht, dass was IHM zufällig in der Nacht noch einfällt, sondern, dass ist das, was wahr ist, was gültig bleibt, für Nikodemus und für mich und für alle. In diesem Gespräch macht Jesus den Nikodemus also klar, wo er denn falsch gedacht hat mit seiner Frage, wenn er nur zurück denkt an seine Geburt die er erlebt hat. Und Jesus greift hier ein Gegensatzpaar auf, was vom Fleisch geboren ist das ist Fleisch und was vom Geist geboren ist das ist Geist. Und wenn jemand nicht – im Vers 5 – durch Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Das ist vielleicht etwas mühsam, diese Begriffe zu klären aber wir betreiben hier miteinander ja Bibelarbeit. Was meint denn Jesus hier, wenn ER vom Fleisch und vom Geist spricht.
Ich meine, dass das nicht so verstanden werden kann, das mit Fleisch all das Niederträchtige gemeint ist in mir, all meine Triebe die stärker sind als meine Treue, sondern mit Fleisch meint das N.T. alles was wir von Natur aus sind. Mit Fleisch meint das N.T. auch alles was uns möglich ist und mit Fleisch meint das N.T. auch das, was wir von uns aus für Gott tun wollen und tun können. Das ist mindestens bei Nikodemus nicht wenig. Aber was sagt ihm Jesus? Was vom Fleisch geboren ist das ist Fleisch, d.h., im Zusammenhang dieses Gespräches, was ich von mir aus tun will und tun kann um es Gott anzubieten zählt vor Gott nicht, taugt nicht im Reiche Gottes. Es taugt nur dass, was vom Geist geboren wird und damit ist jetzt nicht mein Intellekt gemeint und ist nicht der vergeistigte Bereich meines Lebens gemeint, sondern, Jesus meint hier eindeutig, wenn ER vom Geist spricht, Gott selber. Was Gott in mir wirkt, dort wo Gott mich verändert, dass ich nicht mehr um mich kreise und IHM etwas anbiete, sondern dort wo ich vor IHM stehe, mir vergeben lasse, mich beschenken lasse, dort entsteht für mich etwas neues.
So, liebe Schwestern und Brüder werden wir in das Reich Gottes kommen, so und nicht anders. An dieser Stelle sind mir zwei Gedanken wichtig und ich setze mich damit auch etwas kritisch auseinander, mit manchem was heute unter Christen oft verbreitet wird.
Wir tun heute manchmal schon so, als ob unsere Aufgabe als Christen erschöpft sei, wenn wir einen anderen helfen können, dass er mit sich und mit anderen leichter zu Recht kommt. Ich schätze das nicht gering ein und das ist ein wichtiger seelsorgerlicher Dienst und wir tun heute manchmal auch so, als ob unser geistliches Leben darin begrenzt sei, dass wir auch mahnen, dass in dieser Welt nicht weiter wahnsinnig gerüstet wird.
Das wir auch mahnen, dass die Güter gleichmäßig und gerecht verteilt werden. Auch das ist richtig und wichtig und dringend nötig. Aber darin, kann sich doch christlicher Glaube nicht erschöpfen. Deshalb habe ich mich gefreut über dieses Thema. Wiedergeboren ins Reich Gottes und nicht einfach engagiert an einer guten Sache und wenn sie noch so dringend und noch so gut wäre.
Nein, Veranstaltungen mit guten Themen und guten Gedanken sind noch keine Gottesdienste, wenn es nicht um Gott geht.
Aktionen die wir durchführen sind noch keine Mission, wenn es nicht um Gott geht. Das ist der eine Gedanke der mir wichtig ist, weil ich den Eindruck habe, dass heute da große Missverständnisse da sind. Wiedergeboren ins Reich Gottes und nicht nur in eine Gemeinde hinein gekommen und nicht nur etwas, wieder getan.
Und der andere Gedanke der mir wichtig ist. Dass, wir doch ja nicht länger die Konsequenzen unseres Glaubens mit den Glauben selber verwechseln. Man redet heute manchmal so, als ob die Folgen der Nachfolge, Nachfolge selbst wäre, d.h., man gibt sich schon damit zufrieden das überhaupt jemand in die Gemeinde kommt und man ist froh, dass die Leute überhaupt bewusster leben.
Gut, darum mühe ich mich auch. Aber damit ist ein Mensch noch nicht Wiedergeboren ins Reich Gottes und dort entscheidet sich für ihn Leben und Tod. Dort entscheidet sich, für unsere Welt Leben und Tod.
Ich möchte deshalb hellhörig bleiben und empfindsam, ob mein reden, mein glauben, mein unterrichten mit dem Reich Gottes etwas zu tun hat und ob ich dabei mithelfe, das Menschen von Neuem geboren werden. Auch wenn ich dann manchmal wie Nikodemus die Frage habe, wie kann das geschehen, auch wenn ich dann manchmal sehr zaghaft bin und zweifelnd, weil mir hier nichts mehr verfügbar ist.
Nikodemus fragt nicht umsonst wie kann dies geschehen. Er wollte das Know How wissen, er wollte die Methode erfragen, er wollte wissen wie man dies jetzt in Jerusalem denn so machen kann, dass möglichst alle schnell von Neuem geboren werden. Nein, dass ist und das bleibt ein Wunder, nicht verfügbar, nicht machbar, nicht planbar, aber ich kann offen sein.
Ich kann mich verschließen und deshalb fragt Jesus den Nikodemus: Du bist Israels Lehrer und weißt das nicht. In den Versen nach unserem Abschnitt heißt es dann, wenn ich euch Irdisches sage und ihr nicht glaubt, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch Himmlisches sage.

Liebe Freunde,

ich möchte Euch Mut dazu machen, dies zu glauben, dass alle verändernden Kräfte in dieser Welt, alle verändernde Kraft meines eigenen Lebens, nur dort wirksam wird, wo ich von Neuem geboren werde.

Ich meine, dass wir dies unserer Gesellschaft schuldig sind. Nikodemus wundert sich und Jesus sagt ihm wundere dich nicht. Ich habe mich auch gewundert, als ich vor einigen Jahren in einer Pressenotiz lass, dass das Thema Wiedergeburt in unserem Volk Hochkonjunktur hat.
Jeder fünfte in der Bundesrepublik glaubt an Wiedergeburt, in dem Sinne, dass er meint, wenn er gestorben sei, werde er noch einmal geboren und komme dann als Eichhörnchen oder als Adler auf die Welt um dann solange und so viel zu tun bis er erlöst ist.
Wie beängstigend und welch freimachende Botschaft haben Christen, wenn wir selber von neuem geboren sind.

Thema: Vorträge | Ein Kommentar