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513. Nachdenkliches für Manager – Vertragloser Zustand 9-90

Dienstag, 20. Oktober 2015 | Autor:

Lieber Blog Besucher,

die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.

 

 

Vertragloser Zustand
„Hallo“, sagte eine Stimme hinter mir, mitten aus dem Lärm der Get-together-Party, und eine Hand legte sich auf meine Schulter.
Ich drehte mich angemessen langsam um damit mein Bier nicht überschwappte und blickte in das lachende Gesicht von Bernhard Klasen.
„Schön, Sie endlich mal wieder richtig zu sehen“, ergänzte er.
Ich hob mein Glas, stieß es gegen das seine, sagte Cheerio und wir machten einen tiefen Zug, drängelten uns durch die vielen eifrig redenden Menschen in eine ruhigere Ecke und gaben uns die Hand.

Ich freute mich von Herzen über das Wiedersehen, denn wir beide hatten uns in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen verloren. Ab und zu gab es Kontakte, aber sie waren immer unter Zeitdruck oder situationsbedingt auf Distanz, und dabei gab es eine Frage, die ich Klasen stellen wollte, ganz persönlich, unter vier Augen.

Der Anlass lag jetzt rund fünf Jahre zurück: Wir saßen uns bei einer Verbandstagung genau diagonal gegenüber, und das Thema um das es ging, war schwierig. Es war beschlossen worden, Grundsätze und Richtlinien für die Mitglieder zu formulieren, sie für allgemeinverbindlich zu erklären und beim Kartellamt eintragen zu lassen.
Wir waren uns alle darüber klar: Das würde ein schwerer, langer Marsch durch die Instanzen, und Bernhard Klasen sah in die Runde, gab ein eindrucksvolles Seufzen von sich und sagte:“Ich bin jetzt über fünfzig, gebe es Gott, dass ich das noch erlebe!“
Wir alle lachten, und ich rief ihm zu: „Machen Sie doch mit Gott einen Vertrag, dass er Sie so lange leben Iässt, bis wir unsere Richtlinien unter Dach und Fach haben. Das sichert Ihnen ganz bestimmt ein hohes Alter“, und Klasen sah mich plötzlich ernst an und antwortete leise: „An meinem Vertrag mit Gott formuliere ich schon seit 20 Jahren, aber…“ hier brach er seinen Satz ab, schaute intensiv in seine Unterlagen und sagte kein einziges Wort mehr. Selbst jetzt, 5 Jahre danach, erinnere ich mich noch sehr genau an den Ausdruck von Betroffensein und Verlegenheit in seinem Gesicht.

Ich sah Bernhard Klasen an und fragte ihn: „Denken Sie auch noch manchmal zurück an die Sitzung in Frankfurt, als es damals um die Verbandsrichtlinien beim Kartellamt ging?“
Er nickte. „Und wie steht es um Ihren Vertrag mit Gott? Ist er fertig? Unterschrieben?“, forschte ich weiter.
Und wieder senkte er seinen Blick, genau wie damals.
Er las sehr intensiv den Werbespruch der Brauerei auf der Umrandung seines Bierfilzes und drehte ihn dabei langsam um 360 Grad.

Ich wartete und sah ihn schweigend an, denn genau das war die Sache, über die ich schon lange mit ihm reden wollte. Mich interessierte die Antwort. Ich war gespannt: Wie geht einer mit der Frage nach Gott um, wenn er schon seit so vielen Jahren ganz dicht daran ist?

„Also das mit dem Vertrag“, sagte Klasen nach einer ganzen Weile, und er suchte dabei hörbar nach Worten, „das mit dem Vertrag liegt nicht so einfach, wie Sie das vielleicht sehen. Wenn zwei miteinander Vereinbarungen treffen, dann verpflichten sie sich ja zu bestimmten gegenseitigen Verhaltensweisen, und sie binden sich für eine definitive Situation oder in einer ausdrücklich formulierten Angelegenheit, und das hat Auswirkungen und Folgen sachlicher und juristischer Art.“
Als er merkte, dass ich ihm gespannt zuhörte, wurde sein Redefluss dichter, schneller, und dann hielt er mir rund 10 Minuten lang einen brillanten Vortrag über allgemeines und spezielles Vertragsrecht, so gewandt, so klug und so undurchschaubar, dass er sich dahinter verstecken konnte. So lange er redete, fühlte er sich sicher.
Und in mein Luftholen zu einer Antwort hinein sagte er: „Ich habe viel zu lange geredet, meine Leute warten auf mich, bis nachher“. Und fort war er.

Was sind wir nur für Menschen, dachte ich. Voll mit Wissen und unfähig zur Antwort.
Da bietet Gott im Alten Testament den Menschen siebenmal ein Bündnis an. Er macht damit ein Friedens- und Rettungsangebot, aber es bleibt einseitig, weil die Menschen viel zu sehr mit sich und ihrem Wohlstand beschäftigt sind, und selbst die schon fast flehentliche Ermahnung Gottes: „Hört doch, kommt zu mir. Hört auf mich, dann werdet ihr leben! Ich will mit euch einen unauflöslichen Bund schließen!“, verliert sich ohne Echo.

Da formuliert ein Bernhard Klasen Jahr um Jahr in dilettantischer Souveränität an seinem Vertrag mit Gott herum und begreift nicht, dass mit Jesus Christus, als dem sichtbar und erlebbar gewordenen achten Angebot Gottes, der endgültige Schlusspunkt unter den Vertragstext gesetzt ist. Es geht nur noch darum, ihn anzunehmen oder abzulehnen.
Das aber zu tun ist die freie, alleinige Entscheidung von uns Menschen, denn Gott vergewaltigt nicht.
Wie gern hätte ich Bernhard Klasen noch gesagt, was Paulus in dieser Frage an die Römer schrieb, als er ihnen schilderte, was genau besagte Auswirkungen und Folgen sachlicher, juristischer und persönlicher Art sind, wenn einer sich auf Jesus einlässt:
„ Ich habe die Gewissheit“, so formuliert Paulus, „dass uns dann nichts mehr von Gottes Liebe trennen kann. Weder Tod noch Leben, nichts Gegenwärtiges oder Zukünftiges, weder etwas im Himmel noch in der Hölle. Durch Jesus Christus, unseren Herrn, hat Gott uns seine Liebe geschenkt. Und darum gibt es in der ganzen Welt nichts, was uns jemals von der Liebe Gottes trennen kann.“
Braucht man dazu wirklich 25 Jahre, Bernhard Klasen?

 

Karlheinz Binder

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Thema: Nachgedacht

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