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11. Leben mit Änderungen – Bedrohung oder Chance

Freitag, 18. September 2009 | Autor:

 

Liebe Leser,

ich habe diesen Vortrag von Dr.Siegfried Buchholz von einer Kassette mitgeschreiben. Der Vortrag wurde am 29.04.1995 im Hotel Palmengarten in Offenburg gehalten.

Wenn ich ihn heute im Jahr 2009 in meinen Blog einstelle, muss ich feststellen, dass vieles was Dr.Buchholz damals gesagt hat, uns in der ganzen „Breite“ getroffen hat.

Ich bin überzeugt, dass auch im Jahre 2009 noch viel Gewinn aus diesen Vortrag gewonnen werden kann.

Ich bin aufgewachsen in einer kleinen Stadt in Norddeutschland, in der es nur „heile Welt“ gab. Nach dem Krieg gab es nur ein Thema: Überleben. Es gab wenig Änderungen damals, die großen Änderungen waren vorbei. In der Nähe unseres Hauses floß ein kleiner Bach mit Steinen drin und auch etwas Gerümpel, und wir Kinder machten uns einen Spaß, in dem wir kleine Papierschiffchen herunterfahren ließen. Es passierte hin und wieder, daß eins dieser Papierschiffchen hinter einem Stein oder einem Stück Holz liegen blieb, dort kam es aus dem Strom raus und drehte sich im Kreis. es brauchte dann so einen kleinen Schnipser mit dem Finger, um das Schiffchen wieder in den Strom zu bringen.

So etwas ähnliches habe ich heute Abend mit Ihnen vor. Möglicherweise sind wir nicht alle im Strom der Dinge, die uns in dieser Welt umgeben, wir leben in einer bunten Welt, mit sehr vielen Strömungen, aber mit sehr vielen Räumen hinter sehr großen Steinen. Ich möchte versuchen Sie mit hineinzunehmen in die Buntheit unserer derzeitigen Welt, und versuchen, mit Ihnen einige Fragen zu durchdenken, die Ihnen vielleicht eine Hilfestellung sein könnten, diese Welt besser zu verstehen und besser in Angriff nehmen zu können. Wir werden alle, heute schon und in der Zukunft noch mehr, einer bunten Vielfalt von Chancen und Bedrohungen begegnen, die wir zum großen Teil nicht einordnen können und die wir nur mit Mühe werden bewältigen können.

Diejenigen unter Ihnen, die in einem Geschäft sind, wo Sie Änderungen selbst anstoßen müssen und viel mit Menschen umgehen, die eigentlich änderungsunwillig oder änderungsfähig sind, die wissen was ich meine. Wir werden lernen müssen, wir werden sogar lernen müssen aus Bedrohungen Chancen zu machen, auch das geht. Viele Chancen, die uns begegnen in dieser Welt, und es gibt noch sehr viele, kommen zunächst einmal als Probleme auf uns zu, und wir werden diese Chancen auswickeln müssen, wie Pralinen oder Bonbons. Dann werden wir entdecken, daß es innerhalb eines Problems plötzlich eine Chance gibt. Dazu gehört Mut, manchmal wickelt man Chancen aus, die drei Nummern zu groß sind. Aber auch das gibt es. Wir werden lernen müssen, aus Chancen Bedrohungen zu machen. Lassen Sie mich mal versuchen das an einem Illustrationsbeispiel versuchen, vor Ihnen auszubreiten.

Ein Farmer in Texas will eines Abends in seine Farm zurück (nach Haus) und kollidierte mit einem schnellen Auto. Es gab einen Unfall. Pferd, Mann, Auto alles fiel von der Straße in einen Sumpf und es gab vier Wochen später eine Gerichtsverhandlung. Der Farmer kreuzte auf, bandagiert, hinkte, mit Krücken, war in einem furchtbaren Zustand. Und der Richter sagt ihm: „Erzählen Sie doch mal, wie war das denn damals?“ Und er sagte:„Euer Ehren ich kann noch nicht reden, bitte.“.„Ne, ne“, sagt der Richter, „Sie sind hier die Hauptfigur, wie war das denn damals“. Und der Farmer sagte: „Ich kann wirklich nicht reden, ich fühle mich nicht so gut.“ „Ich hab hier ein Protokoll, das Protokoll von dem Polizeioffizier, der an Ort und Stelle war, und dem haben Sie damals gesagt, als er Sie fragte wie es Ihnen ging: „Es geht mir aus-gezeichnet.“ Wie kommt es, daß es Ihnen damals ausgezeichnet ging und daß Sie heute kaum reden können?“ „Lassen Sie mich mal beschreiben was damals war, als ich in dem Sumpf aufwachte, benommen, halbtot. Das erste was ich wahrnahm waren diese blauen, rotierenden Lichter von Polizeiwagen, dann sah ich, wie dieser Polizist ausstieg, er ging auf mein Pferd zu, mein Pferd war in einem furchtbaren Zustand. Er nahm seine Pistole und erschoß mein Pferd, und  dann kam er auf mich zu und fragte: „Und jetzt zu Ihnen, wie geht’s Ihnen.“ Das war der Augenblick, wo ich sagte  „Es geht mir ausgezeichnet.“

Wir werden lernen müssen aus Bedrohungen Chancen zu machen.

Im Sommer des Jahres 1993 wurde hier in Deutschland ein bekannter Mann beerdigt. Man nannte ihn Mister Mercedes. Werner Niefer war viele Jahre lang Chef von Mercedes gewesen. Und er schied aus einem Unternehmen aus, das er vor vielen Jahren einmal als Lehrling und als Werkzeugmacher betreten hatte. Kurz vor seinem Ausscheiden machte die Zeitschrift „Wirtschafts Woche“  ein Interview mit Herrn Niefer. Ich lese Ihnen mal einige Fragen des Chefredakteurs der „Wirtschafts Woche“ vor, er fragte ihn:

„Herr Niefer, Sie sind ein Energiebündel. Was machen Sie denn mit Ihrer Kraft im Ruhestand?“. Niefer sagte: „ Ich habe auch weiterhin zu tun. Ich bleibe Koordinator für die GUS-Staaten und Nahost und ich werde …“. Und dann zählte er auf, was er alles noch machen werde. Dann fragte der Redakteur noch einmal zurück: „Keine privaten Beschäftigungen?“. Und Herr Niefer sagte: „Doch, ich will wieder Segelfliegen und endlich mal wieder richtig Bücher lesen.“. Der Journalist fragte noch mal: „Was schwebt Ihnen denn da zum Beispiel vor?“. Herr Niefer sagte: „ Ich glaube erst mal die Bibel, um mich von diesem Tagesdenken zu lösen.“. Erstaunt Sie das, daß einer der bekanntesten deutschen Wirtschaftsführer die Bibel benutzte, um wieder mal ein bißchen klar denken zu können? Sie würden sich wundern, wenn Sie wissen würden, wie vielen Leuten das hin und wieder passiert. Wie viele Wirt-schaftsführer Schwierigkeiten haben, sich vom Tagesdenken zu lösen. Mercedeschef Niefer nahm die Bibel in die Hand, um sich vom Tagesdenken zu lösen. Die Bibel hat sehr wohl etwas zu sagen, zu Menschen, die in einer Welt leben, die aus den Fugen gerät. Das Neue Testament hat sehr viel zu unserem Thema heute Abend zu sagen.

Den geistigen Führern seiner Zeit sagte Jesus einmal bei einer Gelegenheit:

„Ihr könnt das Aussehen des Himmels beurteilen und ihr schließt darauf, wie das Wetter werden wird. Warum versteht ihr dann nicht, was euch die Zeichen dieser Zeit ankündigen?“(Matth.16).

In unsere Sprache übersetzt hätte Jesus gefragt: „Habt ihr keine Frühwarnsysteme?“. Es dürfte ja innerhalb der uns bekannten Menschheitsgeschichte kaum jemals eine Zeit gegeben haben, in der die Zeichen der Zeit dichter und bedrängter plaziert waren als heute. Wir leben in einer Welt, die alles andere ist als langweilig. Wir Leute in Europa nehmen bloß nicht alle Dinge wahr, die wir wahrnehmen sollten.
Meine Frau und ich haben vor nicht all zu langer Zeit eine ausgedehnte Reise in den Fernen Osten unternommen, den pazifischen Raum. Diejenigen von Ihnen, die den Fernen Osten kennen, wissen, daß dort die Uhren sehr viel schneller gehen als hier und auch anders gehen als hier, und daß unsere Welt im Umbruch ist. Und wie sehr sie im Umbruch ist und wie viel Änderungen auf dieser Welt passieren und wie weit sich derzeit die drei Teile der Triade, Europa, Nordamerika, pazifischer Raum auseinanderentwickeln. Das muß man ab und zu mal in sich aufnehmen, um verstehen zu lernen, was sich in dieser Welt wirklich tut. Wir Europäer leisten uns ja immer noch eine Art von bemerkenswert selbstgefälliger Überheblichkeit, dem gegenüber, was in anderen Teilen der Welt passiert. Weil wir immer noch glauben, wir seien der Nabel der Welt. Bei einem Abendessen in einem Hotel in Djakarta, erzählte uns ein Amerikaner folgende Geschichte, die ihm vor kurzem passiert war: Er war mit einigen anderen zusammen auf einer Kreuzfahrt in der Südsee gewesen, und unter diesen Gästen befand sich auch der Ministerpräsident der Fidschiinseln. Eines Abends in der Bar frotzelten einige Europäer und Amerikaner auf eine etwas lieblose Art mit ihm herum, daß es noch gar nicht solange her sei, daß es auf den Fidschiinseln noch Kannibalen gegeben hätte. Und sie fragten ihn, wie es denn möglich sei, so schnell zivilisierte Menschen produzieren zu können. Am nächsten Abend hatte der Kapitän des großen Schiffes zu einem Dinner eingeladen. Und die gleichen Leute saßen jetzt wieder zusammen am Tisch des Kapitäns. Jedem Gast wurde die große Speisekarte gegeben, und der Ministerpräsident der Fidschiinseln studierte seine Karte eine Zeit lang. Dann gab er sie dem bedienenden Steward zurück und sagte: „Ich mag das alles nicht, geben sie mir die Passagierliste.“

Es gibt viele Arten von Kannibalismus. Um noch mal nach Europa zurückzukehren. Europa ist schon lange kein Kriegsschiff mehr, Europa ist ein Luxusdampfer. Wir Europäer fahren mit einem Luxusdampfer durch die Welt, schon einige Jahrzehnte lang, und wir interessieren uns viel mehr für die Temperatur des ausgeschenkten Weins als für die Fahrtüchtigkeit des Dampfers oder für den Preis des einzukaufenden Dieselöls. Und wir bemerken eigentlich gar nicht, daß insbesondere die Industrieländer des asiatischen Raums längst unsere Passagierlisten studieren. Wir werden noch mehr da-von erleben. Ich möchte das, worüber ich jetzt mit Ihnen zusammen nachdenke, versuchen an Hand von zwei Fragenkomplexen rüberzubringen.

Zunächst möchte in mit Ihnen zusammen der Frage nachgehen: Wie sieht denn die globale Umbruchsituation derzeitig aus, was ändert sich denn, und was wird sich noch ändern.? Und dann der zweiten Frage nachgehen: Welche Konsequenzen wir denn aus diesen Änderungen ziehen, denen wir da begegnen? Gibt es so etwas wie Wegzeichen, durch die bunte Hürdenreiche Landschaft der Zukunft? Und dann möchte ich noch die Frage nachschieben:

Hat denn vielleicht das Christentum eine Antwort auf das, was da passiert? Wir reden schließlich über die Kulturbasis Europas. Sollten wir ab und zu mal auf unsere Kulturbasis zurückgehen, wenn wir Dinge andenken, die vielleicht etwas mit unserer Basis zu tun haben?
Lassen Sie mich mal beginnen mit der ersten Frage.

Was ändert sich denn alles? Bei diesem ersten Teil darf ich von Anfang an um Ihre Nachsicht bitten, es wird vieles von dem was ich sage sehr skizzenhaft sein. Ich werde in den meisten Fällen mit dem breiten Pinsel von van Gogh malen, und nicht mit dem feinen Stift von Dürer. Ich werde also etwas pla-kativ reden, aber wenn ich über Fakten rede, sind die immer gewissenhaft recherchiert und wahr. Dieser erste Teil wird Sie nicht besonders beruhigen, er soll Sie auch nicht beruhigen. Ich möchte Sie beunruhigen. Wir sind in eine Phase der Entwicklung unserer Welt gekommen, daß wir unruhig werden müssen. Was uns abgeht, ist innere Unruhe. Wir sind viel zu ruhig über alles das, was da passiert. Wir müssen uns vor Augen halten, daß es nicht zum Besten steht, trotz unseres guten Lebens, das wir immer noch haben. Wir müssen uns vor Augen halten, daß wir einige grundlegende Änderungen vor uns haben, ob die uns gefallen oder nicht, ob wir sie sehen oder nicht. Wir haben sie vor uns. Wenn wir unser gutes Leben behalten wollen, dann müssen wir uns das schon etwas kosten lassen. Man redet ja nicht sehr oft über diese Dinge. Ich möchte Sie bitten, daß Sie diesen Abend, den wir hier zusammen verbringen doch vielleicht nutzen sollten. Dieser Abend ist nicht dazu gedacht, zu dem die IVCG Sie eingeladen hat, uns interessante Anregungen zu geben. Das ist nicht das Ziel der IVCG. Unser Konsum von Wissen und unser intellektueller Konsum ist in der Regel mehr als ausreichend. Versuchen Sie doch diesen Abend als eine ganz praktische Gelegenheit zu betrachten, um ihre persönliche Lebensplanung mal wieder neu zu überdenken. Fragen Sie sich doch mal, ob Sie in allen Bereichen Ihres Lebens so weiter machen können, wie bisher. Oder ob es vielleicht ein Paar Bereiche gibt, wo das was in der Welt um uns herum passiert und das, was Sie betreiben und denken und glauben und wollen vielleicht auf verschiedenen Schienen läuft. Stellen Sie sich mal die Frage: Müßte ich vielleicht in meinem Leben einige Dinge grundlegend ändern?

Unser Thema ist ja Leben mit Änderungen, und ich meine damit Änderungen globaler Natur. Und das ist gleich eine erste Dimension unseres Thema überhaupt. Es gibt immer noch zu viele Menschen, die glauben, daß wir in einer Welt leben, in der sich dort und dort einiges ändert, was man dann dort und dort reparieren könnte. Dem ist nicht so. So ist unsere Situation nicht. Wir leben in einer Welt, deren gesamtes System sich ändert. Das System „Welt“ ändert sich! Wenn ein System sich ändert, das kann man nicht reparieren, das geht nicht. Das muß man zunächst mal akzeptieren und aus-halten. Wir sind mitten in einer globalen Kulturrevolution. Darauf müssen wir uns zunächst mal einstellen. Es gibt keine Lebensbereiche mehr, in denen sich nichts ändert. Wenn sich in den nächsten 30 Jahren so viel ändert, wie in die letzten 30 Jahren, dann geht mir zum Beispiel jegliche Art von Phantasie ab, mir vorzustellen, wie unsere Kinder ihre Kinder erziehen wollen. Wenn wir das bewußt wahrnehmen, daß wir in einem System Welt leben, das sich grundlegend in allen Bereichen ändert, erst dann können wir überdenken, wie und ob wir da mitmachen und wie wir uns darauf einstellen. Aber zunächst mal muß man sich das vor Augen halten, daß diese Änderungen, die wir da vor uns haben, global sind. Und erst dann können wir darüber nachdenken, wo Chancen sind und wo Bedrohungen sind. Es gibt immer noch viele Chancen in dieser Welt, viel mehr als wir glauben. Wir haben eben nur Angst bei diesem Auswickeln. Das erfordert Mut. Leben morgen wird vor allem Mut erfordern, Courage.

Ich weiß nicht ob Sie die Geschichte von diesen beiden Großwildjägern kennen, die im Norden Kanadas unterwegs waren. Zwei Amerikaner, die Bären jagen wollten. Sie hatten schon seit Tagen keinen Bären mehr gesehen und waren etwas mißmutig. Eines Abends sitzen die beiden vor ihrem Zelt am Lagerfeuer und plötzlich bemerken sie, daß sich ein großer Bär dem Lager nähert. Da rast der eine los in das Zelt und macht seinen Rucksack auf, und zieht sofort ein Paar neue Laufschuhe an. Da fragt der andere leicht belustigt: „Glaubst du wirklich, daß du mit den Dingern dem Bär weglaufen kannst?“. Da sagt der andere: „ Natürlich nicht, ich muß bloß schneller sein als du.“. Diese Art von Herausforderung kennen wir in der Wirtschaft bereits seit geraumer Zeit. Den meisten Firmen denen es heute gut geht, die sind schneller als die anderen gewesen. Und das wird in der Zukunft noch mehr der Fall sein. Die Zukunft wird sicher noch bunter werden als unsere Gegenwart.
Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können, wann das letzte Jahr war, in dem wir meinten jetzt sei alles in Ordnung. Ich habe leider keine Zeitungen mehr von damals, wo ich Sie an der Euphorie teilhaben lassen könnte, die damals unter uns herrschte. Das letzte Jahr, wo wir dachten jetzt sei alles in Ordnung, das war das Jahr 1990. Der Kommunismus war tot, wie wir meinten, Gorbatschow war noch am Ruder als Garant dafür, daß jetzt alles in die richtige Richtung läuft, Saddam Hussein war noch nicht aktiv geworden, die Rezession war noch nicht da, die Preise für die deutsche Wiedervereinigung waren noch nicht bekannt, Jugoslawien hielt noch zusammen, damals meinten wir jetzt läuft alles in die richtige Richtung. Wir hatten offensichtlich, oder viele von uns hatten offensichtlich eine Art von Paradiesvision. Wir dachten jetzt haben wir die meisten Sachen im Griff, jetzt haben wir den Fahrplan für eine akzeptable Zukunft ausgedruckt und in der Tasche. Wissen Sie was dann passierte?  Etwas sehr bemerkenswertes! Etwas was wirklich die Welt verändert hat. In den verschiedenen Teilen der Welt passierte damals etwas verschiedenes. Wir Leute in Europa und wir Deutsche ganz sicher, wir ließen uns damals auf einen Prozeß ein, der fast bedeutete, daß wir die Zukunft aufgaben. Wir begannen Zukunft zu konsumieren, wir haben nicht mehr in Zukunft investiert. Das passierte nicht in den beiden anderen Teilen der Triade.

Ich darf Sie daran erinnern, daß zwischen 1990 und heute in Europa ungefähr soviel Arbeitsplätze verloren gingen, wie in Amerika geschaffen wurden. Es passierten also verschiedene Dinge. Die Leute haben damals Zukunft verschieden in den Griff genommen. Und es passieren auch heute noch Dinge, die die Gegenwart und Zukunft kräftig verändern werden. Sie erinnern sich, vor einigen Wochen war in der Zeitung zu lesen, daß es zu ei-ner Ehe kam, zwischen Hollywood und Silicon Valley, als Steven Spielberg und Bill Gates ein Imperium zusammenschraubten. Auch das wird wieder die Welt verändern. Unsere Silicon Valleys in Europa sind zu klein. Und wir müssen uns schon einstellen auf Dinge, die möglicherweise morgen und übermorgen eine Nummer zu groß werden. Wir müssen lernen, das was uns umgibt und betrifft, besser zu durchdenken. Die Welt in der wir leben heißt Europa. Und innerhalb dieser Wirtschaftstriade Nordamerika, Europa, pazifischer Raum, hat Europa besondere Probleme. Europa hat nicht nur immer wieder mal Konjunkturprobleme, wir krabbeln ja gerade aus der letzten Rezession heraus, sondern Europa hat gravierende Strukturprobleme.

Das Wort haben wir dafür gefunden. Die derzeitige Situation der vielen gravierenden und schmerzhaften Änderungen in Europa, geht auf unsere Strukturprobleme zurück. Einige tiefgehende bleibende Änderungen haben uns Europäern hart zugesetzt. Fast noch mehr wie den anderen Teilen der Welt.
Da ist einmal der Einfluß neuer Technologien. Es gibt in Europa, in vielen Ländern Europas immer noch eine subtile, seltsame Art von Technikfremdheit. Diese neuen Technologien, besonders die Informationstechnologien haben alle unsere Arbeits- und Lebensbereiche durchdrungen, sie haben unsere Arbeitswelt total umgekrempelt. Darf ich Sie daran erinnern, daß moderne Technik nicht nur bei der Arbeit hilft, sie macht sie auch manchmal schwieriger oder sie schafft sie sogar ab. Mit diesen Aspekten der neuen Technologien werden wir noch gravierende Schwierigkeiten haben.

Ein zweiter Punkt ist ebenfalls nicht ganz leicht zu verdauen, nämlich die gnadenlose Verschärfung des globalen Wettbewerbs. Wir haben eigentlich früher nie globalen Wettbewerb gehabt. Europa hat mit sich selbst gehandelt. Der globale Wettbewerb ist hart geworden und die Prügeleien finden jetzt deshalb mehr und mehr in Europa statt, weil andere sie nach Europa hereinbringen. Aber wir haben noch nicht globalen Wettbewerb gelernt. Dieser globale Wettbewerb hat die früheren Schwächen der Staaten und Firmen ebenso gnadenlos sichtbar gemacht. Und wir haben die Dimension dieser Änderungen noch nicht genau erkannt.
Was uns allen sehr zusetzt ist aber noch ein dritter Punkt, nämlich der zunehmend forcierte Abbau etablierter, alter Ordnungen. Dieser forcierte Abbau führt zu einer schnell zunehmenden und immer weniger kontrollierbaren Mobilität. In unserer Welt ist alles mobil geworden: Güter, Dienstleistungen, Geld, Menschen, Ideen. Alles ist mobil geworden. Sie können alles überall hinbringen, und es gibt kaum noch Positionen, die Sie so besetzen können, daß Sie vorhersagen können, es ist morgen noch da, wo ich heute bin. Alles ist mobil geworden! Und ich habe das Gefühl, daß wir auf so viel Mobilität nicht eingestellt sind, weil sie uns Ohnmacht bringt. Warum ist nun Europa von alledem besonders betroffen?

Nach dem 2.Weltkrieg ist hier bei uns in Westeuropa ein für uns spezifisches System der gegenseitigen Abhängigkeit von Wirtschaft und Staat entstanden, das wegen seiner systemstabilisierenden Sozialstruktur weithingehend sehr populär wurde. Eine Art von Megarisikoversicherung für die ganze Gesellschaft, wenn Sie wollen: Eine Art von Gesellschaftsvollkasko-versicherung. Und wir alle wissen, wie teuer Vollkaskoversicherungen sind. Mit Hilfe von zum Teil riesigen Subventionen, von künstlich am Leben erhaltenen unproduktiven Staatsunternehmen, von luxuriös ausgestatteten Altersversorgungen und Krankenversicherungen, von hohen Gehältern und hohen Ansprüchen gewöhnte sich ein großer Teil Europas an einen hohen Lebensstandard. Da sind wir alle mit dabei. Ein Lebensstandard, der schon lange nicht mehr durch entsprechende volkswirtschaftliche Leistungen abgedeckt wird. Und Sie kennen die Konsequenz: Hohe Verschuldungsraten. Schauen Sie sich mal die Verschuldungsraten der Länder der EG an! Mittlerweile ist auch deutlich geworden, daß selbst unsere nobelsten Vorzeigeunternehmen wie Daimler-Benz, wie VW, wie Philipps, wie Michelin, wie die großen Italiener, alle Schwierigkeiten haben in diesem kalten Wind zu leben. Sie sind diesen tiefgreifenden Änderungen auf den Weltmärkten nicht mehr ganz gewachsen. Hätten wir uns vorstellen können, daß eine noble Firma wie Daimler-Benz mal ein Jahr abschließen würde, mit minus 3,3Mrd DM ? Das hätten wir für unmöglich gehalten. Hätten Sie es für möglich gehalten, daß die am besten verdienende Firma der Welt IBM mal ein Geschäftsjahr abschließt mit  minus 8Mrd $ ? Das wäre jenseits unserer Vorstellungen gewesen.
Was tut man? Ich weiß nicht ob Sie heute ihre Zeitung gelesen haben? Haben Sie gesehen was auf der ersten Seite steht? „Der neue Chef bei Daimler-Benz baut Konzernzentrale um. Jürgen Schremp räumt auf. 1/3 Manager weniger“ Wissen Sie was das bedeutet, wenn eine Firma wie Daimler-Benz 1/3 aller Manager hinausschmeißt? Was das politisch bedeutet? Was das wirtschaftlich bedeutet? Was das sozial bedeutet? Was das menschlich bedeutet? Was das für den kommenden Führungsstil derer bedeutet, der 2/3, die noch dableiben? Wir lassen uns schon auf wilde Sachen ein. Wollen wir glauben, daß sei die Art und Weise damit fertig zu werden. Ähnliche Dinge passieren natürlich auch in den USA und in Japan. Auch da läuft das Geld nicht mehr so schnell durch die Kassen. Aber dort geht man Probleme anders an. Man hängt nicht so sehr an dem was man früher getan hat. Wenn wir noch einmal unseren Blick auf unsere nächste Nachbarschaft richten, auf Europa, auf Westeuropa, auf unsere Welt. Dann darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, daß nirgendwo anders auf der Welt soviel uneffiziente Staatsunternehmen entstanden wie in Westeuropa; nirgendwo anders entstanden so viele teure, große, uneffiziente Beamtenstrukturen, mit einer weltweit beispiellos luxuriösen Struktur von Gehältern und Pensionen wie in Europa.

Nirgendwo anders wurde soviel Geld für sowenig Leistung in so geringer Jahresarbeitszeit bezahlt, wie in Europa. Es gibt kein Land, das weniger arbeitet und mehr bezahlt als die BRD. Darf Sie daran erinnern, daß für die Kosten eines westdeutschen Arbeiters derzeit arbeiten: 10 Ungarn, 17 Tschechen, 18 Polen, 78 Bulga-ren oder 70 Russen. Nun, es gibt keine Grenzen mehr. Früher waren diese billigen Leute weit weg – heute wohnen sie gleich hinter dem Zaun. Wir müssen damit leben. Wir werden Verwerfungen haben, wir werden Unruhe haben, wir werden Änderungen haben und wir werden uns irgend etwas einfallen lassen müssen. Nirgendwo anders wurde für gesellschaftliche Harmonie so lange, so hohe Subventionen für sterbende Branchen bezahlt wie in Europa: Kohle, Stahl, Teile der Landwirtschaft, Schiffbau, Textil. Nirgendwo anders ist man sich heute untereinander immer noch so sicher, daß wir das alles letztlich schon hinkriegen. Und nirgendwo anders ist man deshalb änderungsunwilliger als in Europa. Das ist unser Problem. Nirgendwo anders wurde innerhalb einer anspruchsvollen Industriegesellschaft so wenig in die Zukunft investiert wie in Europa.

Ich darf Ihnen mal ein paar Zahlen vorlesen aus dem letzten Weltwissenschaftsbericht der UNESCO. Das sind objektive Daten.

Investition in Forschung und Entwicklung pro Staat, pro Einwohner, pro Jahr (1993): Japan 1203.-DM; USA 1055.-DM; EU(Durchschnitt) 527.-DM. Wissen Sie diese Kombination von wenig Arbeitstagen pro Jahr, höchste Gehälter der Welt und nicht interessiert in das, was morgen kommt, werden wir nicht packen. Wir werden uns was einfallen lassen müssen, wie wir trotzdem über die Runden kommen. Zumindest müssen wir uns innere, menschliche Energie zulegen, um das durchzustehen was da kommt. Und darüber reden wir heute abend.

Jetzt zur zweiten Frage: „Welche Konsequenzen sollten wir aus allen diesen Änderungen ziehen, die die Welt derzeit gravierend verändern?“ Was können wir tun? Wie und wo können wir anfangen über diese Frage nachzudenken? Ich stelle noch einmal die Frage: „Könnte unsere europäische Kulturbasis einen Beitrag dazu liefern – das Christentum – einige Aussagen der Bibel?“

Ich glaube schon. Ich sage Ihnen auch den Grund. Ich glaube, wir müssen lernen, intensiv, kritisch und vor allem absolut vorurteilslos zu denken, welche Chancen und Risiken in der Zukunft auf uns warten, und wie wir damit umgehen sollen. Absolut vorurteilslos! Die Fähigkeit, den Willen und vor allem den Mut zum kritischen Durchdenken unserer Zukunftswege, meine Damen und Herren haben nur ganz, ganz wenige Menschen. Ich kenne wenig Führungspersönlichkeiten, die angstfrei Zukunft andenken können. Ganz, ganz wenig. Die meisten Menschen, die ich kenne verdrängen Zukunft. Es ist wie beim Schachspielen: Wenn der vierte oder fünfte Zug Sie mattsetzt, dann hören Sie auf zu spielen. Wer Zukunft verdrängt, der tut das in der Mehrzahl aller Fälle aus einem bestimmten Grund: Weil er oder sie nicht aus der persönlichen Situation grundsätzlicher Geborgenheit herausdenken kann.

Wer nicht aus einer grundsätzlichen Geborgenheit herausdenken kann, kann Zukunft nicht angstfrei andenken. Es geht nicht. Aber zu einer tief verankerten grundsätzlichen, persönlichen Geborgenheit gehört immer irgend eine Art höchster Autorität. Eine Macht, die Geborgenheit geben kann. Und diese Macht muß eine liebende Macht sein. Sonst hätte ich vor ihr ja Angst. Wenn uns Geborgenheit am Herzen liegt, und wir werden Geborgenheit brauchen, dann brauchen wir eine höchste Macht, die und diese Geborgenheit verleiht. Und diese höchste Macht muß eine liebende Macht sein. Ich darf noch mal sagen, es gibt wenig qualifizierte Leute auf der Welt, in unserer derzeitigen Situation, die wirklich kritisch, angstfrei durchdenken. Einer, der für mich begabtesten Querdenker der Zeit, die ich kenne, ist der Engländer Charles Handy, der einige interessante Bücher geschrieben hat. Handy sagt in einem seiner Bücher folgendes – wörtliches Zitat: „Was derzeit geschieht in unserer Welt ist durchaus vergleichbar mit dem was im 15.Jh. geschah, als die Druckmaschine erfunden wurde. Plötzlich zerbröselte die Autorität der Kirche, weil wir alle in unseren Häusern für uns die Bibel lesen konnten. Wir konnten uns unsere eigene Meinung über Gott bilden. Priester waren plötzlich einfach nur noch Menschen. Diese derzeitigen Änderungen werden zu einer neuen Renaissance führen.“ Auf der einen Seite ist das etwas großartiges, weil so viel Kreativität herauskommen wird. Auf der anderen Seite beginnt aber auch eine sehr turbulente Zeit. Menschen bekommen oft Angst wenn es keine Autoritäten mehr gibt. Das sollten wir uns schon in unsere Stammbücher schreiben.

Wir Menschen sind ja seltsame Wesen. Wir versuchen immer wieder die Quadratur des Kreises zu finden. Auf der einen Seite versuchen wir uns immer wieder von Autorität zu befreien, vor allem von einer höchsten Autorität, von Gott. Wir mögen es einfach nicht, wenn uns jemand sagt, was wir zu tun und zu lassen haben – wir mögen es einfach nicht. Wir wollen selber darüber bestimmen, was wir zu tun und zu lassen haben. Auf der anderen Seite kriecht aber Angst an uns hoch, wenn keine Autorität mehr da ist, die uns Halt gibt und die uns auf kritischen Wegstrecken zeigt, wo die Fahrt wirklich hingeht. Das meine ich mit dieser Quadratur des Kreises. Viele unter uns suchen Freiheit und meinen damit eigentlich Schrankenlosigkeit. Wir wollen selber bestimmen, was wir tun und lassen können. Können es aber nicht! Auf der einen Seite suchen wir Freiheit, auf der anderen Seite fürchten wir uns vor Freiheit. Wir fürchten uns vor einer Freiheit, die wir suchen, weil wir jegliche Art von Sicherheit und Geborgenheit des Weges abgeschafft haben.

Ich darf Sie daran erinnern: Erklären Sie einem Menschen was Freiheit wirklich bedeutet. In der Regel will er sie dann nicht mehr. Die meisten Menschen strecken sich nur nach Freiheit aus, weil sie die Konsequenzen von Freiheit niemals erklärt bekommen haben. Aber das ist unsere Situation. Wenn wir aber bereit wären, eine höchste Autorität ins Spiel zu bringen, dann würden wir schlußendlich vor dem Gott stehen, der diese Welt gemacht hat, der sie erhält und der sie auch einmal richten wird, und vor dem wir auch erscheinen müssen. Und dann steht auch unser Thema in einem ganz anderen Licht da.
Weil diese Frage nach einer Autorität eine Schlüsselfrage ist in diesem ganzen Thema „Änderungen“, deshalb ist auch die Frage nach einem helfenden Beitrag der Christen nicht ganz abwegig. In einem Artikel des Magazins „DER SPIEGEL“, dem man ja nun wirklich nicht den Versuch einer christlichen, missionarischen Einflußnahme unterstellen kann, stand vor einiger Zeit folgendes zu lesen, – es wurde geschrieben während der zweiten Ölkrise von einem der Redakteure des SPIEGELs: „Die Christen im späten Imperium Romanum erregten Anstoß und Spott mit ihren merkwürdigen Heiligen, ihren strengen Diätvorschriften und ihren wunderlichen Weltvorstellungen. Die Christen ahnten oder sahen die Krise schon voraus und stellten sich beizeiten darauf ein. Sie entwickelten eine Ideologie für bescheidene Leute und für bescheidenere Zeiten. Eine Ideologie, die dem Seelenheil einen höheren Wert beimaß als dem kaum mehr er-reichbaren äußerlichen Erfolg des Einzelnen – fast wie heute. Und siehe da, die neue Moral, die Selbstbescheidung und der Gemeinschaftsgeist der Gefolgsleute des Erlösers erwiesen sich in der bösen Welt als eine äußerst erfolgreiche Überlebensstrategie. Die Christen waren es, und niemand sonst, die aus den Wellen der Übergangsepoche als Sieger auf-tauchten und ganz Europa geistig eroberten. Könnte das noch einmal wieder der Fall sein?“

Was glauben Sie? Könnten die Christen Europa noch einmal geistig erobern? Wenn die Christen es nicht sind, wer wird dann Europa geistig erobern? Der Islam? Einer wird es tun.

Lassen Sie mich zu diesem Thema Christentum und die Dimension des Christentums einmal etwas Grundsätzliches sagen. Einige von Ihnen werden vielleicht ein bißchen Schwierigkeiten damit haben. Aber um den christlichen Glauben, wie er uns in der Bibel dargestellt wird, in seinen zugleich fordernden und helfenden Wesenskernen richtig zu verstehen, müssen wir uns einige wichtige Zusammenhänge randscharf vor Augen halten. Ich darf Sie herzlich bitten, bevor Sie etwas ablehnen, lernen Sie kennen, was Sie ablehnen. Bevor Sie etwas annehmen, lernen Sie kennen was Sie annehmen. Der christliche Glaube ist eine sehr herausfordernde Angelegenheit. Einfach deshalb, weil sein Begründer auch sehr herausfordernd war. Und wenn wir uns heute in unserer Situation nicht herausfordern lassen, dann können wir ohnehin einpacken. Wir müssen uns herausfordern lassen. Die IVCG ist herangetreten, Menschen herauszufordern, und wir glauben, daß wir zu einer Zielgruppe reden, die auch sonst herausgefordert wird, die herausfordern gewöhnt ist. Deshalb haben wir auch kein schlechtes Gewissen, Menschen herauszufordern.

Christus hat Menschen permanent herausgefordert. Jesus Christus hatte eine wunderbare Art mit Menschen umzugehen. Er hat die Zufriedenen geplagt, und die Geplagten zufrieden gemacht – permanent. Er hat den Anständigen zugesetzt und den Sündern Vergebung zugesprochen. Er hat die Gesunden für krank erklärt, er hat die Kranken gesund gemacht. Er hat die Sehenden für blind erklärt und die Blinden sehend gemacht. Er hat die Schriftgelehrten für dumm erklärt und den einfachen Leuten das Reich Gottes erklärt. Er hat genau das getan was ich eben sagte, er hat Zufriedenen geplagt und die Geplagten zufrieden gemacht. Lesen Sie mal im NT. Wo immer dieser Jesus von Nazareth aufkreuzte, hat er sofort die Situation polarisiert. Nach kurzer Zeit war ein Teil irritiert über ihn und ein anderer Teil war höchst fasziniert. Und wo immer Sie über diesen Christus reden passiert das gleiche. Und das ist für mich fast ein Kriterium für Wahrheit. Denn wenn Sie Wahrheit verkündigen, werden Sie nie auf breite Zustimmung stoßen. Weil Wahrheit immer etwas herausforderndes hat. Die heilige Schrift, die Bibel, sagt uns einige grundsätzliche Wahrheiten, die in der Regel so in dieser kompakten Form eigentlich nie in Predigten auftauchen. Aber wer sich mit der Bibel beschäftigt hat, weiß sofort worüber ich rede. Lassen Sie mich mal in plakativer Form diese drei Dinge sagen, die für unsere Zeit sehr wichtig sind. Die Bibel sagt zunächst mal, die Welt in der wir leben ist kein freiheitlicher, neutraler, spannungsloser, herrschaftsloser Raum.

Die Bibel sagt, daß die grundsätzlich wichtigen Machtpositionen in dieser Welt für alle Zeit besetzt sind. Nicht von zwei Größen, Wirtschafts- oder Militärblöcken. Nein, von Himmel und Hölle. Von einem Schöpfer und von einem Zerstörer. Von Gott und von seinem Widersacher, den die Bibel Satan nennt. Damit sind die Kraftfelder besetzt – für alle Zeit. Dann sagt die Bibel noch folgendes.

Zweitens, ich als Mensch habe die Entscheidungsalternative unter welcher Herrschaft ich leben will, entweder unter der des Schöpfers oder unter der des Zerstörers. Die bewußte Entscheidung für den einen bedeutet eine bewußte Entscheidung gegen den anderen. Ich bin also dazu verdammt, wenn Sie wollen mich zu entscheiden, bestimmt.

Und der dritte Punkt: Damit begebe ich mich entweder unter die Herrschaft eines wütenden Verlierers, der will, daß ich auch verliere. Die Bibel beschreibt den Satan als einen schlußendlichen Verlierer. Ich will aber auf keinen Fall auf der Seite des Verlierers sein. Oder ich begebe mich unter die Herrschaft eines triumphierenden Gewinners, der will, daß ich auch gewinne. Und diese Entscheidung, welche Herrschaft ich akzeptiere, hat weitreichende Konsequenzen. Ich bitte Sie sehr sehr herzlich, sich das vor Augen zu halten. Wer sich für Christus entscheidet, entscheidet sich für eine Autorität, die unserer Freiheit will, und Freiheit ist sehr anspruchsvoll.

Und wer sich nicht für Christus entscheidet, landet damit automatisch bei einer Autorität, die meine Bindung will, und es ist sehr viel gemütlicher, in Bindungen zu leben als in Freiheit. Es läuft für dieses Phänomen derzeit ein großes Experiment, in Rußland.
Diese drei grundsätzlichen Wahrheiten sind uns in der Regel verdunkelt. Lassen Sie mich eben noch mal kurz auf diese drei Dinge eingehen.

1. In der Regel haben wir ein naives Verständnis von Freiheit und Neutralität. Wir nehmen an, daß wir persönlich ohne Fremdbeherrschung leben könnten. Viele Menschen nehmen an, daß wir frei leben könnten, d.h. daß wir Mächten gegenüber neutral bleiben könnten. Das ist naiv!

Meine Damen und Herren, es hat in dieser Welt nie Neutralität gegeben. Es war nur ein leerer Begriff. Selbst Länder, die von sich sagten sie seien neutral, konnten sich den Luxus von Neutralität nur erlauben, weil es ein paar starke Nachbarn gab, die darauf achteten, daß dem nichts passierte.

2. Wir haben in der Regel ein naives Verständnis von der Möglichkeit persönlicher Lebensgestaltung. Wir nehmen an, daß es keinen kompromißlosen Konflikt zwischen Gott und seinem Widersacher gibt, und daß niemand uns bedrängt zu einer grundsätzlichen Lebensentscheidung. Auch das ist wirklichkeitsfremd. Wir sind auf eine grundsätzliche Entscheidung angelegt, und diese grundsätzliche Entscheidung ist sehr grundsätzlich. Es ist die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle, zwischen Gott und seinem Widersacher. Wir laufen ab und zu auf diese Dinge auf. Die englischsprechende Schwesterorganisation der IVCG, die CBMC hat vor zwei Jahren versucht, in einer Ihnen allen bekannten westdeutschen Großstadt eine Gruppe aufzumachen, wie diese Gruppe hier heute abend. Nach einiger Zeit wurde der Leiter dieser Gruppe zu dem Oberbürgermeister dieser Stadt gerufen, der ihm sagte: „Wir wollen nicht, daß Sie hier weiter arbeiten.“ „Warum nicht?“, entgegnete der Gruppenleiter. „Ich bin Mitglied einer Satanskirchen, ich will es nicht.“, sagte der OB, „Und wenn Sie nicht verschwinden, dann werde ich dafür sorgen, daß Sie verschwinden!“

Diese Gruppe hatte anderthalb Jahre lang erheblich Schwierigkeiten. Bis hin zu Selbstmordversuchen. Wir müssen uns darauf einstellen, es gibt Konfliktherde, es gibt Spannungsräume, die wir schon ernst nehmen müssen.

3. Wir haben in der Regel ein naives Verständnis von letzter Wirklichkeit, und verschließen uns damit der lebensverändernden Wirklichkeit für alle Zeiten auf der Seite des Gewinners Christus stehen zu können. Damit verzichten wir dann auch auf Geborgenheit und siegreiches Leben, ohne uns dessen oft bewußt zu sein. Wie schade, und ich sage das mit großer innerer Anteilnahme, wie schade, daß so viele Menschen aus diesem umwerfenden Angebot Gottes auf der Seite des Siegers über Tod und Teufel sein zu können, eine Religion gemacht haben.

Meine Damen und Herren, Religion hat in dieser Welt nie etwas verändert. Ich bin kein religiöser Mensch, ich stamme aus keinem religiösen Elternhaus, ich habe nie religiöse Sprache gelernt und ich halte von Religion nichts. Wenn Sie in ein Lexikon schauen was Religion bedeutet, dann finden Sie dort: „Religion ist das Bemühen von Menschen mit einer höchsten Autorität zusammenzukommen.“.

Die Bibel sagt genau das Gegenteil. Die Bibel sagt uns, daß diese höchste Autorität versucht mit uns zusammenzukommen, und daß wir darauf zu antworten haben. Jesus wird im NT als das Ende aller Religion beschrieben. Wir müssen uns damit abfinden, daß Religion nichts bringt. Religion ist niemals ein Thema der IVCG. Wir haben nur das Thema der zentralen Bedeutung dieses Jesus Christus, des Sohnes Gottes. Unsere größten Chancen sind unsere richtigen Entscheidungen.

Schauen Sie, diese eben genannten grundsätzlichen Zusammenhänge über Herrschaftsräume und die damit zusammenhängende Entscheidung mit ihren Konsequenzen haben einen sehr sehr kostbaren Kern. Und dieser kostbare Kern ist die eigentliche Basis unseres Lebens und Überlebens. Dieser kostbare Kern aller dieser Dinge heißt: „Geschenkte Freiheit“.

Es gibt eine Art von Freiheit, die ist so kostbar und so umwerfend und so groß, daß sie uns geschenkt werden muß. Freiheit, die ich mir nicht selbst besorgen kann. Jetzt bin ich wieder bei meinem Thema.

In einer Welt des schnellen Wandels, der vielen Änderungen müssen wir uns auch ändern. Oder wir werden es nicht packen. Wir müssen uns auch ändern. Wissen Sie was unser größtes Problem ist hier in diesem Teil der Welt, in dem wir wohnen: Wir halten an zu viel Altem fest. Wir halten fest, wir halten fest, wir halten fest. Wir halten fest an den Annehmlichkeiten von gestern. Wir halten fest an den Industrien von gestern. Wir halten fest an den Berufen von gestern. Wir halten fest an den Gehältern von gestern. Wir halten fest an unseren Sicherungen und Abfederungen von gestern. Wir halten fest an unserem überheblichem Machertum von gestern, was angab, immer alles im Griff zu haben. Wir halten fest an unserer lockeren, unüberlegten Gottlosigkeit von gestern, weil wir glaubten, die nicht nötig zu haben. Wir halten fest, wir halten fest, wir halten fest.

Wissen Sie was Jesus im NT sagt. Er sagt sehr unmißverständlich: „Gerade daß woran ihr am meisten festhaltet, das wird euch sicher genommen werden.“ Auch dieses Wort können wir anwenden auf unsere Situation, unsere Annehmlichkeiten, unsere Sicherheiten, Reichtümer und was auch immer.

Und jetzt kommt die Sache mit der geschenkten Freiheit. Ich glaube, daß nur der Gott, der uns gemacht hat, uns die Freiheit geben kann, uns so zu ändern, daß wir auch bereit sind, loszulassen. Das meine ich mit dieser geschenkten Freiheit. Wir brauchen diese geschenkte Freiheit des Loslassens.

Meine Damen und Herren, wir müssen loslassen. Ich lerne das immer wieder jeden Tag. Immer wieder neu, dort lerne ich ein Stück und dort und dort. Das ist gar nicht leicht, das fällt mir auch nicht leicht. Aber dieses Loslassen, daß ich etwas besitze als besäße ich es nicht. Das ist ein schwieriger Prozeß. Es gibt viele Methoden, das zu lernen, aber wir müssen es lernen. Wir müssen auch diese Freiheit richtig verstehen, die Gott uns da gibt. Man kann diese Freiheit auch mißverstehen. Mißverstandene Freiheit kann zu einem Ritt auf dem Tiger werden, das meine ich aber nicht. Wissen Sie, dieses Loslassen kann man auch an einer anderen Stelle lernen. Teil meines Berufes ist es, daß ich mich nicht nur mit Änderungen auseinandersetzen muß, nein, daß ich sie betreiben muß. Das ist manchmal schmerzhaft, wenn Sie sich mit Menschen umgeben sehen, die änderungsunwillig oder unfähig sind, (das geht ja irgendwie ineinander über), die Schmerz dabei empfinden, bei diesen Änderungen Ängste haben, Ohnmacht. Wenn ich mir dieses ganze Feld der auf mich einstürmenden Änderungen immer wieder vor Augen halte, dann muß ich mir gleich daneben etwas anderes stellen. Ich habe mir ein privates kleines Glaubensbekenntnis zusammengezimmert. Bereitschaft und eine Fähigkeit, mich selbst zu ändern und Änderungen um mich herum sogar anzustoßen, hängt an einer wichtigen Voraussetzung. Ich sage mir sehr oft, es muß ein Mittel allen Geschehens geben, das fest und unveränderlich ist, unter allen Bedingungen. Es muß irgend etwas oder irgendeinen in dieser Welt geben, der sich nicht ändert. Deshalb sind mir die Aussagen der Bibel so kostbar geworden in den letzten Jahren, daß dort das Wesen Gottes beschrieben wird, als jemand, der sich nie ändert.! Immer der gleiche: Vorgestern, gestern, heute, morgen, übermorgen. Es gibt mir eine wunderbare Art von Gewißheit und innerer Ruhe, mich an jemand anzuhängen, mich an jemand festzuhalten und von jemand gehalten zu werden, der sich nicht ändert. Irgendwo ist kein Treibsand. Ich weiß nicht wie viele von Ihnen so etwas haben, wo Sie die ganz feste Gewißheit haben, hier ist etwas, das hält mich, an dem kann ich mich halten. Der wird mich nie im Stich lassen. Der schwimmt nicht mit. Der hat es sich morgen nicht anders überlegt. Ich glaube, daß viele von uns diese uns umgebenden Änderungen und Umbrüche in Zukunft nur aushalten werden oder sogar betreiben werden, wenn sie an irgend einer Stelle festgehalten werden oder selbst festhalten. Viele denken diese Stelle des Festhaltens sei ihre Familie, seien gute Freunde, sei Gesundheit, sei Vermögen, seien Lebensversicherungen. Alles, es gibt nichts was hält. Das wissen wir heute, nichts, nichts was hält.

Außer IHM.

Die meisten von uns haben das schon angedacht, aber wenige haben es zu Ende gedacht.
Lassen Sie mich jetzt mal den Anfang mit dem Ende verknüpfen. Oder das Ende mit dem Anfang vielmehr. Wenn ich mir so unsere Situation in Europa anschaue, gibt es meines Erachtens nach vier Dinge, die uns in Europa abhanden gekommen sind, und wir müssen sie wiederfinden. Das ist unsere große Chance. Was den meisten in Europa abhanden gekommen ist, sind vier Dinge.

  • Einmal ein begründeter Zukunftsmut,
  • zweitens eine grundsätzliche Dankbarkeit,
  • drittens eine intelligente Opferbereitschaft und
  • viertens eine couragierte Änderungsbereitschaft.

Damit ist uns ein großer Teil der Wirklichkeit abhanden gekommen, denn diese vier Dinge beschreiben alle Dimensionen der Wirklichkeit. Das gilt nun besonders für Führungspersönlichkeiten. Wenn Sie sagen, ein Manager sei dumm, das ist noch nicht das schlimmste. Aber wenn Sie sagen, er ist wirklichkeitsfremd, das ist das schlimmste Urteil, was über ihn fällt. Denn das darf uns nicht passieren. Wir sind zum großen Teil wirklichkeitsfremd geworden, weil wir glauben, wir kämen ohne Dankbarkeit aus, ohne Zukunftsmut, ohne Änderungsbereitschaft und ohne Opferbereitschaft. Das ist wirklichkeitsfremd!

Lassen Sie mich nun zu diesem letzten Punkt ein paar Takte sagen, als Schlußkapitel. Wie finden wir Zugang zu einer Art couragierter Änderungsbereitschaft. Wir selbst. Wie kann ich mich ändern, um damit umgehen zu können, was sich um mich herum ändert. Ich meine jetzt also nicht, wie wir die Leute ändern können, sondern wie kann ich mich ändern. Wir alle ahnen ja zumindest irgendwie, daß wir so wie bisher nicht weiter machen können. Die unter uns, die Kinder haben, die hören das ohnehin sehr sehr oft. Was unsere gesamte verwöhnte Konsum- und Genußgesellschaft dringend braucht, ist so etwas wie ein geistiger Quantensprung, wenn Sie wollen. Aber wie könnte der entstehen? Wie entsteht so etwas wie ein Quantensprung, in unserem Wesenskern, in unserem Verhalten? Wenn ich mich in meiner eigenen Wissens- und Erfahrungswelt umschaue, dann finde ich da eigentlich nur einen einzigen Lebensbereich, in dem solchen Quantensprünge wesenhafter, tiefgreifender Änderungen im Leben von Menschen wirklich passieren und dauerhafte Änderungen zur Folge haben.

Das sind die Beispiele, wo ein Mensch Gott begegnet ist.
Es gibt in der Bibel eine Reihe von Beispielen, da wird uns beschrieben, wo Mensch und Gott sich begegnen. In einer kurzen Situation des Begegnens und immer, immer, immer, ausnahmslos das gleiche, eine tiefe Betroffenheit und ein tiefes Erschrockensein über den Unterschied, besonders in der Macht. Und dann im NT noch später in der Geduld. Ich glaube, wo ein Mensch Gott begegnet, da passiert etwas, was in keinem anderen Lebensbereich passieren kann. Lassen Sie mich mal dazu noch etwas anhängen, damit wir das etwas besser in den Griff kriegen. Ich möchte etwas vorlesen, eine wahre Begebenheit, aufgezeichnet im NT, eine Begegnung von zwei Männern, nachts in Jerusalem. Einige von Ihnen kennen das, es ist in Johannes 3 aufgezeichnet, auch wenn Sie es schon kennen, hören Sie doch für einen Augenblick mal so zu als hätten Sie es noch nie gelesen.
Einer von den Männern des jüdischen Gerichtshofs ist der Pharisäer Nikodemus. Mitten in der Nacht kam er, sprach zu Jesus und sagte:

„Meister, wir wissen, daß Gott Dich als Lehrer zu uns gesandt hat. Deine Taten beweisen es, Gott ist mit Dir.“ Darauf erwiderte Jesus: „Ich sage Dir eins Nikodemus, wer nicht neu geboren wird, kann nicht in Gottes Reich kommen.“ Verständnislos fragte der Pharisäer: „Was meinst Du damit? Wie kann ein Erwachsener neu geboren werden? Er kann doch nicht wieder in den Mutterleib zurück und noch einmal auf die Welt kommen.“ Aber Jesus wiederholte nur: „Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Wer nicht umkehrt und durch Gottes Geist neu geboren wird, kann nicht in Gottes Reich kommen. Ein Mensch kann immer nur menschliches, vergängliches Leben zeugen. Der Geist Gottes gibt das neue, das ‘Ewige Leben’. Wundere Dich deshalb nicht, wenn ich gesagt habe, wir müssen neu geboren werden.“ „Aber wie soll das nur vor sich gehen?“, fragte Nikodemus noch einmal. Jesus erwiderte: „Du bist doch einer der anerkannten Gelehrten in Israel. Du müßtest das doch eigentlich verstehen. Warum kommst Du eigentlich? Nikodemus hör gut zu: Gott hat die Menschen so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder der an IHN glaubt wird nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Gott hat seinen Sohn nämlich nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie vor dem Verderben zu retten. Wer an ihn glaubt wird nicht verurteilt werden.“

Lassen Sie mich mal versuchen die wundersame Ungewöhnlichkeit dieses Gesprächs etwas besser vor Augen zu malen. Zunächst mal möchte ich aufräumen mit einem möglichen Mißverständnis. Wenn hier von „neugeboren“ geredet wird, von Wiedergeburt, dann meine ich nicht so etwas wie Reinkarnation, oder solche Dinge. Ob ich schon mal als Pfau auf der Welt war oder als Kaiser von China, das ist wirklich nicht so interessant. Vor einiger Zeit hat Liz Taylor mal ein Interview gegeben in Hollywood und hat bei diesem Interview gesagt, sie sei schon siebenmal auf der Welt gewesen. Daraufhin schrieb einer der Journalisten am nächsten Tag: „Genauso sieht Sie auch aus.“. Ich meine das ist nicht der Punkt. Hier wird etwas anderes angesprochen. Lassen Sie mich mal versuchen, das in unser heutiges Leben zu übersetzen, was ich Ihnen gerade vorlas. Denn hier wird uns eine einzigartige Chance beschrieben, die unvergleichbar ist, mit allen anderen Dingen, die wir kennen. Das, was hier gesagt wird, wird nirgendwo anders auf der Welt gesagt. Warum? Zunächst mal: was spielt sich hier wirklich ab? Mitten in der Nacht bekommt dieser Jesus von Nazareth plötzlich Besuch. Vielleicht schlief er ja schon. Aber wer kommt da, wer hat es so eilig und vor allen Dingen, wer hat so viel Angst, daß die anderen seinen Besuch nicht bemerken. Nikodemus, wahrscheinlich ein Jurist, ein hoher Staatsbeamter, ein Profi, ein Intellektueller, ein Gelehrter, ein Mann, der in der Gesellschaft von Jerusalem viel bedeutete. Wenn er heute leben würde, gehörte er sicher zur Zielgruppe der IVCG. Ich selber erkenne mich ab und zu mal in ihm. Er hatte eine Frageweise, die eigentlich für kluge Leute ganz typisch ist. Aber wie kommt es, daß ein so kompetenter und profilierter Mann keine Zivilcourage hat und seine Frage nicht öffentlich stellt? Warum, was glauben Sie? Es hätte seiner Karriere geschadet! Die obere Gesellschaftsschicht toleriert es nicht, wenn sich einer von ihnen wirklich für Jesus interessiert. Alles genauso wie heute, es hat sich nichts geändert. Eine gute Eigenschaft hatte Nikodemus, eine wunderbare Eigenschaft: Neugier. Er wollte unbedingt mal dahinterkommen, was sich hier abspielte. Und dazu mußte er diesen merkwürdigen Rabbi aus Galliläa doch irgendwann einmal selbst sehen und mit ihm reden. Es gab vielleicht auch einen anderen Grund, warum er kam. Vielleicht war er wie so viele Intellektuelle, Fachleute und auch Theologen in eine geistige Sackgasse geraten. Seine Fragen verraten das ja. Genau so wie heute. Auch heute wissen viele kluge Leute nicht, wie es weitergeht. Es ist nur gut, daß wir die Zahl derer nicht kennen, die nicht wissen, wie es weitergeht. Das würde uns noch mehr Angst einjagen. Viele kluge Leute sind am Ende der Fahnenstange angekommen. Und auch heute kann genau das gleiche passieren wie damals. Es taucht jemand auf, der alles grundlegend anders anpackte. Wo Jesus etwas anpackte, war es grundlegend anders. Er stellte Fragen, die andere Leute nicht fragten und er gab auch Antworten, die andere Leute nicht gaben. Und auch wir möchten heute abend einige von diesem Fragen und einige von diesen Antworten in den Raum stellen. Aber hören Sie sich das noch einmal an, wie dieser hochgelehrte Mann, Nikodemus, sich bei Jesus einführt. Seine ersten Worten sind: „Wir wissen, wer Du bist…“. Sehr selbstsicher. Genau das sagen auch viele hochkarätige Leute heute. Hören Sie mal einigen liberalen Theologen zu, wie sicher die wissen, wer dieser Jesus war. Nichts wissen sie. Genau wie er damals, nichts. Jesus fängt seine zur Schau getragene Sicherheit später im Gespräch mit etwas Ironie wieder auf, und er sagt zu Nikodemus: „Du bist doch einer der anerkannten Gelehrten im Land, in dieser Stadt. Du müßtest das doch ei-gentlich alles verstehen, Nikodemus“. Doch dann bringt Jesus den alles entscheidenden Punkt ins Spiel, der alles entschied und der auch heute alles entscheidet. Er sagt: „Wer nicht neu geboren wird, kann von Gott nicht akzeptiert werden.“ – Take it or leave it Nikodemus(engl. Nimm es, oder laß es sein N.). Er erklärt nicht, er sagt. Auch das gehört zum Wesen Gottes.
Nun jetzt möchte ich Sie alle mal mitnehmen zu einem großen Sprung. Nehmen wir diese Aussage von der Notwendigkeit einer neuen Geburt und stellen sie mal direkt in unsere Gegenwart. Wenn Sie heute irgendwo in eine Diskussion hineingeraten, wie wir uns angesichts dieser vielen Umbrüche und Änderungen in dieser Welt eigentlich verhalten müßten, dann können Sie fast die Uhr danach stellen bis das jemand einen bestimmten Begriff ins Gespräch bringt. Nämlich den Begriff „Alternativ“. Alternativer Lebensstil, alternative Energien, alternative Landwirtschaft, Sie kennen das.

Wissen Sie was alternativ bedeutet? Der Begriff leitet sich vom Lateinischen alternatus ab und heißt so viel wie „anders geboren“ – neugeboren – wiedergeboren. Das ist alternativ. Noch einmal starten in ein neues Leben hinein. Mit einer neuen Wesensart und einer neuen Denkweise. Das ist alternativ. Das ist alternativer Lebensstil, und davon redet Jesus hier. Noch einmal starten können. Die Chance überhaupt. Es gibt keine größere. Und das konnte Nikodemus nicht begreifen. Das haben alle klugen Leute zu allen Zeiten nie begreifen können. Ich muß ja sagen, ich kann das auch nicht begreifen. Wenn Sie mich fragen würden, wie und was passiert hier, müßte ich passen, ich weiß es nicht. Ich habe es aber erlebt. Es war das faszinierendste Erlebnis meines Lebens. Aber erklären könnte ich es ihnen nicht. Aber es ist doch gar nicht so wichtig, daß wir begreifen, was sich hier abspielt. Ich glaube, wichtig ist nur, daß wir alle ganz und gar begreifen, daß uns hier die einzige, wirkliche, in der bisherigen Wirklichkeit erprobte Überlebenschance angeboten wird. Was hier passiert, gibt es wirklich. Und was hier passiert, hält auch wirklich. Ich habe ungezählte Menschen in meinem Leben ken-nengelernt, vor diesem „Noch-einmal-durchstarten“ und hinterher. Und es waren andere Menschen. Ich habe es an mir selber erlebt. Ich kann mich an mein Leben vor diesem nochmaligen Nullpunkt fast gar nicht mehr erinnern. Ich will es auch gar nicht mehr. Aber alles andere, was dieses Angebot von Christus nicht einschließt, meine Damen und Herren, ist Wunschdenken, ist naiver Idealismus oder unbegründete Hoffnung. Wir haben nur diesen Weg. Das hört sich sehr überheblich an, wenn ich das sage, aber ich kenne keinen anderen Weg. Und ich habe auch noch nie einen Menschen kennengelernt, der mir etwas Vergleichbares erzählt hat – noch nie, was Jesus hier zu Nikodemus sagt, und was Jesus auch heute abend in diesen Raum stellt. Denn er lebt ja noch heute, es gibt ihn ja. Das ist die einzigartigste Botschaft, die sonst niemand hat.

Jesus sagt: „Es gibt eine Alternative, eine wirklichkeitserprobte Alternative.“ Noch einmal von vorne anfangen können. Noch einmal einen neuen Nullpunkt setzten. Aber jetzt den richtigen, der Ihnen ein neues Leben qua-lifiziert, das wir morgen sicher brauchen werden. Ein Leben, was uns richtig macht, für eine bunte herausfordernde Zukunft; was uns Kräfte gibt, an Stellen, wo sie uns heute fehlen; was uns Richtungen gibt, die wir heute nicht kennen. Aber er sagt – und das sagt besonders Paulus sehr deutlich in einigen seiner Briefe: Mit unseren alten Lebens- und Denkweisen müssen wir aufhören. Das ist an diesen Nullpunkt gebunden. Ich fange an und höre mit dem Alten auf. Das können Sie sicher auch aus dem NT herauslesen. Wir müssen damit aufhören, wie wir bisher gedacht und geplant haben. Wir müssen damit aufhören, wie wir bisher gearbeitet und herumgewerkelt haben. Wir müssen auch damit aufhören, wie wir bisher Menschen manipuliert und gemanagt haben. Wir müssen auch aufhören damit, wie wir bisher gekauft, konsumiert und beansprucht haben. Wir müssen aufhören, wie wir bisher gelebt haben, jeder für sich auf seinem Terrain. Denn das geht in der Zukunft nicht mehr. Irgendwann werden wir mal auf dem Leseschlitz unseres Lebens lesen können: „Game over! – Start again!“ (Das Spiel ist vorbei! – Beginne neu!). Das kann heute abend sein, nächste Woche… . Je eher desto besser. Die Wissenschaft sagt uns, daß jedes System das sich mit der umgebenden Wirklichkeit nicht mehr vernetzen läßt, seine Existenz-berechtigung verloren hat. Ist uns eigentlich klar, daß unser Wohlstands-lebenssystem der Gegenwart sich schon längst nicht mehr vernetzen läßt mit dem zu erwartenden Lebenssystem der Zukunft. Was wir heute leben, und was wir heute tun und beanspruchen und konsumieren, läßt sich systematisch nicht mehr mit der Zukunft vernetzen. Wenn wir wollen, daß es eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder gibt, dann müssen wir das uns allen so lieb gewordene Wohlstandslebenssystem der Gegenwart bald drastisch korrigieren und ändern. An vielen Punkten. Das müssen wir zunächst mal gar nicht so extrem drastisch machen, aber wir müssen damit beginnen. Und die innere Kraft dazu, daß auch wirklich in Angriff zu nehmen, die innere Kraft zum Loslassen, meine Damen und Herren, für jeden von uns persönlich und dann noch für unsere Gesellschaft, kann nur von dem kommen, der uns gemacht hat. Ich habe noch keine andere Kraft kennengelernt. Der, der uns gemacht hat, macht uns ja ein einzigartiges Angebot einer neuen Alternative, dieses alternatus, dieses neu geboren werden.

In der Regel haben wir ja alle, schließe mich da selber mit ein, die wildesten Ausreden, wenn es sich darum dreht, etwas altes zu beenden und etwas neues anzufangen. Wir sind Menschen eines seltsamen starren Kontinums. Aber diese Dimension ist in unserer Zeit zu Ende gekommen. Wir haben heute ein Stadium in der Entwicklung unserer Welt erreicht, wo wir auch bald die letzte Ausrede wegschmeißen müssen. Viele von uns ahnen das. Einige wissen das auch schon, aber das reicht eben nicht.

Lassen Sie mich schließen. Abende, wie diese hier heute Abend in Offenburg werden derzeit auf der ganzen Welt, von ca.6000-7000 Gruppen christlicher Geschäftsleute, Technikern, Wissenschaftlern, Wirtschaftlern usw. veranstaltet. In ca. 6000-7000 Orten. Ich bin dieser großen globalen Bewegung auf vielen Orten der Welt begegnet. Sie hat nichts mit Kirche zu tun, wie vorhin schon gesagt wurde, nichts mit Konfession, nichts mit Religion. Sie hat nur ein starkes, alles prägendes Energiezentrum: JESUS CHRISTUS. Das ist der Motor dieser globalen Laienbewegung. Diese Bewegung erreicht laufend auf der ganzen Welt ca. ½ Mio. Geschäftsleute und Führungskräfte. Die meisten davon in englischer Sprache. Und sie setzt starke und erfolgreiche Initiativen. Ich persönlich glaube, und ich sage das ohne alle Überheblichkeit, daß diese christliche Laienbewegung der letzten 50 Jahre auf dieser Welt, in der Welt, in der ich arbeite, in der Welt der Wirtschaft mehr stabilisiert hat, als alle Kirchen zusammen. Weil die Kirchen, die christlichen Kirchen, die Sprache des modernen Menschen nicht gelernt haben, sie hätten sie auch nicht lernen können, weil die Leute, die für sie stehen, nie Kontakt damit hatten. Und in dieser Bewegung reden Leute gleicher Problemkategorien, gleicher Aufgaben, gleicher Lebensstile, gleicher Kommunikation, gleicher Sprache miteinander, und das führt eben zu etwas.

Wir Christen unter den Geschäftsleuten haben immer zunächst bei uns selbst angefangen. Mit der Hilfe eines kraftvollen, geduldigen und liebenden Gottes. Gott mußte mit mir viel viel Geduld haben und viele Umwege machen. Aber denjenigen unter uns, denen das dann passiert ist, denen dieser Neuanfang geglückt ist, denen ist es ein großes Anliegen unseren Kollegen und Geschäftsfreunden diesen kraftvollen, liebenden und geduldigen Gott nahe zu bringen. Deshalb ist es das letztliche Ziel dieser Abende hier, daß wir Sie bitten, auch einzusteigen, in diesen großartigen globalen Prozeß einer neuen, unseren Welt in der wir leben und arbeiten.

Meine Damen und Herren, wenn es uns nicht gelingt zu einer geistigen Erneuerungsbewegung zu werden, dann werden wir riesige Probleme haben. Entweder wir helfen, jeder von uns selber mit, dabei Aufbruchstimmung zu erzeugen. Oder die automatische Kontratsalternative heißt Abbruchstimmung. Unsere Welt im Umbruch bietet uns immer noch phantastische Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Zukunft, aber wir müssen sie anpacken. Wir müssen uns immer wieder an das Auswickeln machen. Der Gott, der uns gemacht hat, will uns dabei helfen, Chancen zu entdecken. Aber wir müssen ihm Gelegenheiten dazu geben. Die Welt bleibt wohl in einer Umbruchsituation. Die Spannungs- und Konfliktherde sind zu vielfältig. Wir nehmen das ja gar nicht wahr, daß es derzeit auf der Welt zig Kriege gibt. Weil wir von Frieden umgeben sind. Wir nehmen das auch kaum noch wahr, wenn irgendwo auf der Welt Tausende von Menschen zusammengeschossen, massakriert werden, es ist normal geworden. Aber wir leben in einer schwierigen Welt, und die schnellen Än-derungen werden auch uns mehr zusetzen als heute. Und jeder von uns wird das auf die Dauer nur durchstehen wenn er irgendwo festen Halt gefunden hat und sich irgendwo festhalten kann, an einem stärkeren, der sich nicht ändert. Glauben Sie mir. Sonst bewegen Sie sich mit dem was passiert, sonst geraten Sie auf Treibsand. Nehmen Sie diesen Jesus Christus praktisch mit in Ihr Leben hinein, ganz praktisch, und suchen Sie Halt. Es kann sonst sehr bewegt werden. Sie werden umwerfende Erfahrungen mit ihm machen. Ich könnte mir vorstellen, daß einige unter uns hier heute Abend praktische Konsequenzen aus dem ziehen möchten, über das was wir in der letzten Stunde zusammen geredet haben. Für diejenigen unter Ihnen, die einen Aufbruch zu diesem Christus hin und ein Zusammengehen mit IHM wagen wollen, für die hab ich einen ganz praktischen Weg. Ich möchte Sie bitten, mir zu gestatten, daß ich meinen Teil mit einem Gebet beschließe, wir haben bisher einige Male über Gott geredet, jetzt wollen wir auch zu ihm reden. Ich möchte diejenigen unter Ihnen, denen es ein wirkliches Anliegen ist, die ich nicht überredet habe, sondern, die die Gewißheit durch Gott selbst bekommen haben, ich bin auf einem Weg, wo ich diesen Halt brauche. Ich möchte diesen Neuanfang, diesen alternatus, diesen alternativen Lebensstil ich möchte ihn haben, weil ich für morgen besser qualifiziert sein möchte. Da habe ich einen ganz simplen Vorschlag:

Am Schluß meines Vortrages möchte ich ein einfaches Gebet sprechen, wo ich mein Leben Gott gebe. Beten Sie es einfach still mit, aber es muß Ihnen zur absoluten Gewißheit sein, sonst wird das nicht gut gehen. Es ist wie ein Art von Ehebeziehung, ich binde mein Leben an jemand, mit dem ich dann zusammen gehe. Diese Ehe wird nur gut gehen, wenn ich diesen Willensentschluß fest in mir verankere und immer wieder wiederhole.

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Thema: Vorträge

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