201. Neujahrsgedanken
Samstag, 1. Januar 2011 | Autor: intern
Neujahrsgedanken
„Jesus, lass mich fröhlich enden
dies angefangne Jahr.
Trage stets mich auf den Händen,
stehe bei mir in Gefahr.
Freudig will ich Dich umfassen,
wenn ich soll die Welt verlassen.“
Welch fröhliche, mitreißende Glaubenskraft strömt von diesen schwungvollen Zeilen Johann Rists aus, mit denen das gern gesungene evangelische Lied „Hilf, Herr Jesu, lass gelingen…“ (EG, Nr. 61) endet! Wie ganz anders klingt es da beim französischen Atheisten Albert Camus: Er vergleicht den Menschen mit der Unglücksgestalt des Sysiphos aus der griechischen Sagenwelt. Der musste nämlich immer wieder einen schweren Felsblock bergauf rollen und dann, wenn er fast den Gipfel erreicht hatte, rollte der Felsen ins Tal hinab. So sinnlos, so mühevoll ist unser Leben nach Camus. Der „moderne“ Mensch freilich kann sich weder mit der übersprühenden Glaubensfreude unseres Liedes noch mit dem Pessimismus Camus‘ anfreunden, sondern will sein Leben tatkräftig, mehr oder minder optimistisch selbst anpacken; und hier liegt der Grund für die hohe Scheidungsrate in unserem Land, dass die Leute Gott nicht mehr Gott sein lassen, sich nicht mehr seiner Ordnung unterordnen, sondern sich und ihre Wünsche zum Götzen erheben.
Wir Christen aber dürfen gewiss sein und gerade zu Beginn eines neuen Jahres darauf vertrauen, dass Gott die Zügel in Händen hält, dass wir eben nicht allein sind mit unseren Sorgen und Wünschen, mit unserer Nervosität und Unzufriedenheit, unseren Krankheiten, mit den Unglücksfällen, den Konflikten in der Familie wie am Arbeitsplatz. Wer auf Gott verzichten zu können meint, der überschätzt, überfordert sich selbst und seinen Partner. Wer sich nicht mehr vor Gott verantwortlich fühlt, wird dann schnell berechnend, rücksichtslos und mancher resigniert, wenn er merkt, dass er es doch nicht schafft.
Gott möchte uns ja keineswegs seinen Willen aufzwingen, will uns vielmehr Spielregeln schenken, Spielräume eröffnen. Gott traut uns zu, dass wir unsere Gaben entdecken, unsere Aufgaben wahrnehmen, dass wir vernünftig, fair die Zeit nützen, die er uns zubilligt.
Pfr. Christian Fuchs, Neustadt a.d. Aisch – Franken