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495. Nachdenkliches für Manager – Friedrich der Große 11-88

Dienstag, 20. Oktober 2015 | Autor:

Lieber Blog Besucher,

die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.

 

 

Friedrich der Große

Das hatte Friedrich Wesseling, Generalbevollmächtigter in einem bedeutenden Unternehmen, mit vielen Menschen, die Geschichte gemacht haben, gemeinsam: Er war nicht übermäßig hoch gewachsen, eher von untersetzter Statur, aber voller Dynamik und Unternehmungsgeist Mit einem geradlinigen Charakter und einem kämpferischen Herzen. Wir jungen Manager schätzten ihn alle als unser Vorbild, unseren Ziehvater und Mentor, und voller Achtung nannten wir ihn unter uns Friedrich den Großen.

Er war 63 Jahre alt, als er mich damals in seine Schule nahm, mich, den um 40 Jahre jüngeren Nachwuchsmann. Er gab sich besondere Mühe mit mir, denn, so sagte er, ich sei sein letzter Zögling. Nach mir werde es keinen mehr geben, dann gehe er in Pension, das habe er seiner Frau seit Jahren fest versprochen, und sie beide freuten sich auf diese Zeit.

Ich ging durch eine harte Ausbildung bei ihm. Aber er war immer fair. Ich wusste stets, woran ich bei ihm war. Machte ich Fehler, sagte er es mir gerade heraus, aber niemals herabsetzend. War ich gut gewesen, kam er zu mir in mein Büro, klopfte mir auf die Schulter und an der Art, wie er bei seinem Abgang die Tür hinter sich schloss, konnte ich den Grad seiner Zufriedenheit erkennen: Je lauter, desto positiver.

Seine kraftvolle, unkonventionelle und Iärmende Art steckte uns Jungmanager an, und wir waren ein dynamisches, fröhliches Team.

Etwa sechs Monate vor seinem 65. Geburtstag bemerkten wir es zum ersten Mal: Mit Friedrich Wesseling ging eine Veränderung vor sich. Er wurde leiser, stiller. Seine Bürotür, die sonst stets offen gestanden hatte (er sagte, von geschlossenen Türen bekäme man Klaustrophobie, Motivationsschwäche und wachsende Kontaktprobleme) blieb immer öfter zu. Von Woche zu Woche erschien er uns bedrückter, als sei er krank.

Unsere Oberbuchhalterin, eine Schulfreundin von Frau Wesseling, erzählte, dass sich die Familie Sorgen um ihn machte, aber er wich jedem Gesprächsversuch aus.

Dann kam das Betriebsfest. Der Firmen-Inhaber hielt eine Rede. Er sprach von den Erfolgen des Unternehmens, die auch die unseren seien, dankte allen für Einsatz und Loyalität, und dann sprach er von Friedrich Wesseling. Es klang wie Abschied, denn der Chef erinnerte sich an die Zeit des Aufbauens, des Wachsens, der ersten, großen Erfolge, des Durchbruchs und das alles Schulter an Schulter mit ihm. „Und nun,“ sagte der Inhaber, „kann ich Ihnen allen eine erfreuliche und für das Unternehmen äußerst wichtige Tatsache bekannt geben: Mein Generalbevollmächtigter, Friedrich Wesseling, hat mir gestern in einem Gespräch angeboten, unserer Firma für weitere zwei Jahre zur Verfügung zu stehen. Ich habe mit großer Dankbarkeit akzeptiert.“ Dann redete Wesseling, und er war wieder ganz der alte Haudegen, voller Kraft und Unternehmungsgeist. Am Montag darauf erzählte die Oberbuchhalterin, Frau Wesseling habe sie am Wochenende besucht und schrecklich geweint.
Ein Dreivierteljahr nach diesem Geschehen bekam ich ein beruflich viel versprechendes Angebot in eine andere Stadt, und ich verließ das Unternehmen. Manchmal dachte ich noch voller Dankbarkeit an Friedrich den Großen zurück, aber das wurde immer seltener, ich konzentrierte mich auf meine wachsenden Aufgaben und meine Zukunft, bis ich eines Morgens in der Zeitung die Nachricht über seinen Tod las. Er hatte seine Pensionierung um noch nicht einmal ein halbes Jahr überlebt.

Ich griff tief betroffen zum Telefon und rief in meiner alten Firma an. „Er hat sich“, sagte mir die Oberbuchhalterin, „nachdem er in den Ruhestand gegangen war, zuhause in sein privates Arbeitszimmer gesetzt und Tag für Tag vor sich hingebrütet. Für ihn war das Leben sinnlos geworden, es hatte seinen Inhalt verloren. Er kam kaum noch aus seinem Zimmer. Er resignierte immer mehr, und in seinem Inneren wurde es finster. Gestorben ist er“, und hier fing die Oberbuchhalterin an zu weinen, „an einer ganz normalen Grippe, aber sein Arzt meinte, er hatte keinen Lebensmut mehr.“
Ich legte den Telefonhörer behutsam auf und dachte zurück an diesen beeindruckenden Mann mit seinem kämpferischen Herzen, in dem wohl schon lange die Angst geschlummert hatte vor dem Augenblick, da aus Friedrich dem Grossen der Alte Fritz werden würde. War es schon seit langem die Furcht gewesen, die ihn zu Höchstleistungen angetrieben hatte ? War er deshalb an gebrochenem Herzen gestorben, weil er, wie die Bibel sagt, immer mehr in das Dunkel der Angst geriet, wo nichts mehr zu finden ist, als Trübsal und Finsternis? Hätte vielleicht irgend jemand dem Friedrich Wesseling rechtzeitig in seinem Leben sagen sollen, dass sich Angst nicht durch Dynamik und Erfolge überwinden Iässt, sondern nur durch ein neu gefundenes Vertrauen zu Gott? Dass Jesus Christus an uns adressiert: Euer Herz erschrecke und ängstige sich nicht, glaubt an Gott und an mich!

Aber wer hätte Friedrich Wesseling das sagen sollen ? Vielleicht ich ?

 

Karheinz Binder

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Thema: Nachgedacht

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