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465. Nachdenkliches für Manager – Freundlicher Morgengruß 3-95

Sonntag, 18. Oktober 2015 | Autor:

Lieber Blog Besucher,

die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.

 

 

Freundlicher Morgengruß

„Gut, daß ich Sie gerade treffe“, sagte der Chef, hakte mich unter und zog mich in sein Büro.

Er setzte sich, hielt mir mit einem freundlichen Lächeln die Kiste mit den kostbaren Zigarren hin, deren Bestand ich allerdings mit einem ebenso freundlichen Lächeln dankend verschonte, und dann zündete er mit bedächtigem Ritual eine davon an. Die Art und Weise, in der das alles geschah, ließ mich ahnen: Da gab es irgendein Problem und er suchte einen Anfang.

„Ich habe mich“, sprach er nach längerem Schweigen in die duftende Rauchwolke hinein, „ich habe mich gestern über Weber geärgert. Was heißt „ich habe“, ich ärgere mich immer noch über ihn.“

„Was ist passiert?“ fragte ich und beugte mich aufmerksam nach vorn.

„Da war der Besuch von Sven Jacobsen, unserem wichtigsten Geschäftspartner aus Skandinavien mit seinen Ingenieuren. Sie wollten unsere neue Fabrikationsanlage in Halle 3 sehen und ich hatte Weber gebeten, uns dabei zu begleiten. Jacobsen fragte mich nach ein paar Daten und als ich sie ihm sagte, fiel Weber mir ins Wort, widerlegte mich in einem Punkt, referierte ausführlich über die Technik, das System, die Kapazität, die Kosten. Darunter Fakten, die unsere Gäste überhaupt nichts angingen. Er bootete mich einfach aus.
Das war richtig peinlich. Und als Jacobsen mich auch noch so komisch über seinen Brillenrand hinweg ansah, bekam ich die Wut.
Sagen Sie selbst, muß ich mir das bieten lassen? Schließlich bin ich der Chef hier und kann doch wohl erwarten, daß so etwas respektiert wird, auch und besonders von meinen Direktoren.“

„Ich werde mit Weber reden, ganz kollegial und ganz deutlich, damit so etwas nie wieder passiert“, antwortete ich.

Der Boß nickte, gab mir die Hand und ich ging.
Weber saß in seinem Büro und unterschrieb gerade die Ausgangspost.
Ich informierte ihn über die Sachlage und die Stimmung des Chefs.
„Morgen früh“, schlug ich ihm vor, „melden Sie sich beim Alten, sagen ihm, daß Sie zur Kopfwäsche angetreten sind und es auch verdient haben und dann entschuldigen Sie sich bei ihm in angemessen zerknirschter Weise, OK?“

„O Mann“, knurrte Weber, „so schlimm war es ja nun wirklich gestern nicht, in seinem Job müßte er eigentlich robuster sein.“

Ich schüttelte den Kopf: „Es kommt nicht darauf an, wie Sie das sehen, sondern was Ihr Verhalten angerichtet hat. Und außerdem: Sie werden mit diesem Mann noch etliche Jahre zusammen geschirren müssen, denn schließlich gehört ja ihm hier der ganze Laden, oder?“

„Also gut“, seufzte Weber, ich mach ihn, den Gang nach Canossa“.

Von meinem Büro aus rief ich den Chef an: „Morgen Vormittag meldet sich Weber bei Ihnen, barfuß und mit Asche auf dem Haupt. Er braucht Ihre Gnade“.
„Danke“, sagte er, „ich werde es ihm nicht zu leicht machen, aber meine Absolution kriegt er.“
Anderntags, kurz nach zwölf Uhr, sah ich Weber beim Mittagessen im Casino. Sein Gesicht war fröhlich. Ich war richtig froh, daß alles wieder im Lot schien und fragte: „Na, wie war die Reaktion vom Chef?“
„Ich habe nicht mit ihm gesprochen“.
„Wie bitte?“
„Also“, sagte Weber ganz entspannt, „das erwies sich als nicht mehr nötig. Gegen Neun sah ich ihn zufällig in der Eingangshalle und als ich ihm „Guten Morgen“ wünschte, hat er ganz freundlich zurückgegrüßt. Ich weiß gar nicht, was sie eigentlich wollen. Alles in Butter!“

Ich goß ganz langsam Milch in meinen Kaffee, rührte wortlos und bedächtig um und überlegte: So sind wir Menschen, genau so, ob sie nun Berthold Weber oder Karlheinz Binder heißen. Wir machen Fehler, verletzen andere, laden Schuld auf uns, haben dabei manchmal sogar ein schlechtes Gewissen und aus ihm heraus die Bereitschaft, das zu beheben, Buße zu tun, um Verzeihung zu bitten, aber kaum zeigt sich das geringste Zeichen aus dem wir deuten könnten, alles käme auch so schon wieder in Ordnung, fälschen wir den Anschein um zur Tatsache und tun, als sei alles erledigt, vergeben und vergessen.
Woher kommt ein solcher Mechanismus? Ist unser Unrechtsbewußtsein verkrüppelt? Ist unser Schuldempfinden abgestorben? Sind wir zu feige, uns zu stellen und nutzen jede Möglichkeit zum Verdrängen? Sind wir nicht mutig genug, um Vergebung zu bitten, mangelt es uns an Demut gegenüber dem anderen?
Und, dachte ich weiter, verhalten wir uns nicht Gott gegenüber genau so? Ignorieren Tag für Tag sein Wort, steuern autonom unseren eigenen Kurs, bevormunden und kritisieren ihn, geben ihm nicht die Ehre, die ihm zukommt, als unserem allerhöchsten Chef?
Werden wir nicht immer und immer wieder schuldig vor ihm, weil wir weder seine Gebote achten, noch seine angebotene Versöhnung?
In Psalm 50 geht es um die gleiche Sachlage und Gott sagt: „Weil ich zu Deinen Verfehlungen und Sünden bisher geschwiegen habe meinst Du, ich sei wie Deinesgleichen.
Aber gib Dich keinen Illusionen hin, ich werde Rechenschaft von Dir verlangen für alle Deine Schändlichkeiten. Höre genau zu, Du, der Du mich nicht mehr auf Deiner Rechnung hast und nimm Dir das zu Herzen, sonst handele ich und dann ist es für Dich zu spät“.

Wäre es nicht endlich Zeit, aus unseren illusorischen Selbstrechtfertigungen aufzuwachen?

Guten Morgen!
Karlheinz Binder

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Thema: Nachgedacht

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