Home





497. Nachdenkliches für Manager – Risiko-Minimierung 3-89

Dienstag, 20. Oktober 2015 | Autor:

Lieber Blog Besucher,

die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.

 

 

Risiko-Minimierung

Wir saßen um den großen Konferenztisch, hatten schon Iängst unsere Jacken ausgezogen und diskutierten.
Nur Dr. Roser, der technische Direktor, unterstrich seine Argumente, warum die Investition nötig war und welcher Lieferant in dieser Sache der beste sei, durch zweireihiges Dunkelblau und die Konsequenz, mit der er es anbehielt. Es ging um eine Spezialmaschine. Sie würde einige Millionen Mark kosten, uns aber technologisch einen Vorsprung sichern.
„Im Preis“, sagte Dr. Roser, „liegen alle Anbieter nicht sehr weit auseinander. Entscheidend ist, wer den besten, zuverlässigsten Service und integrierbare Weiterentwicklungen garantiert, und da kommt für mich nur die Offerte Zwei in Frage, ich kenne das Unternehmen seit Jahren, weiß, wie tüchtig und innovativ die sind. Zu denen habe ich Vertrauen.“

Der Chef machte sich ein paar Notizen, legte dann den Bleistift weg, sah Dr. Roser an und antwortete: „Gut, eins ist klar: Wir werden die Maschine anschaffen, die Investition ist OK. Aber die von Ihnen empfohlene Lieferfirma möchte ich mir selber vorher ansehen. Ich will einen persönlichen Eindruck haben.
Er schaute zu mir herüber: „Sie sollten Dr. Roser und mich begleiten, sozusagen als der neutrale und objektive Dritte.“
Ich hielt seine Überlegung für gut und nickte ihm zu.

Eine Woche später waren wir dort, 10 Minuten vor dem auf 11 Uhr ausgemachten Besuchstermin.
Wir nutzten die Zeit für einen kleinen Spaziergang am Firmengelände unseres Anbieters Nummer Zwei entlang, um uns Bewegung und einen ersten Eindruck zu verschaffen. Alles wirkte sympathisch, aufgeräumt, zuverlässig.
Der Architekt hatte es geschafft, den Altbau aus der Gründerzeit und die neu hinzugekommenen Produktionshallen im Stil und in der Farbgebung so geschickt miteinander zu verbinden, dass es zur harmonischen Einheit geriet.
Mir gefiel, was ich da sah, und ich sagte das zu Dr. Roser.

Der Chef empfing uns persönlich. Ein kraftvoller, gewinnender Mann um die 50, mittelgroß, schlank.
Wir tranken in seinem Büro Kaffee, er informierte uns über seine Firma, ihre Historie und das Leistungsprogramm, und als er auf ein Bild an der Wand zeigte und sich reckte, fiel mir auf: Er trug nicht, wie wir alle, eine Armband-, sondern eine Taschenuhr mit goldener Kette.
Dann kamen sein Produktionsdirektor und der Leiter der Entwicklungsabteilung hinzu, und wir gingen alle zusammen durch den Betrieb.

„Was tun Sie“, fragte mein Chef, „für die Zukunft Ihrer Firma? Der technische Fortschritt macht ja nun nicht halt, und die Konkurrenz wird international ständig größer.“
„Kommen Sie“, antwortete der Entwicklungsleiter.
Wir gingen den Flur rechts hinunter. An einer Stahltür zog er seinen Betriebsausweis heraus, steckte ihn in den Magnet-Leser, und wir standen in einem Großraumbüro mit acht oder zehn Zeichenmaschinen und Plottern, kleinen und größeren Konferenzzonen, einem zentralen Schreibpool und Menschen, die konzentriert hinter ihren Tischen saßen, in Gruppen beieinander standen und redeten oder in einem der Konferenzbereiche miteinander diskutierten.
„Hier arbeiten“, sagte der Inhaber, „zwanzig hochqualifizierte Leute, und ihre einzige Aufgabe ist es, jeden Tag vom Morgen bis zum Abend ganz zielbewusst darüber nachzudenken, wie unsere Konstruktionen in 5, 8, 10 oder sogar in 12 Jahren beschaffen sein müssen, damit wir bestehen. Das kostet eine Menge Geld, aber wie heißt es so schön in einem Sprichwort: Wer nichts für die Zukunft tut, wird auch keine haben!“

Mein Chef sah ihn beeindruckt an, nickte anerkennend, und ich wusste, die Entscheidung für den Auftrag war gefallen.
Beim Essen saß ich links neben dem Inhaber, und als das Gespräch vom Geschäftlichen weg auf Persönliches kam, fragte ich ihn nach seiner Uhr. „Mein Vater liebte absolute Präzision, genau wie ich“, sagte er und ließ sie aufspringen: „Er hat dieses gute Stück um die Jahrhundertwende erworben und mir später vererbt.“
Es war eine der schönsten Uhren, die ich jemals gesehen hatte, mit einem meisterhaften Zifferblatt und einer Gravur im Innendeckel: „Meine Zeit steht in Deinen Händen“.
Ich zeigte auf die Worte aus dem Psalm 31: „lhr Vater war ein frommer Mann?“
„Ja, er ist ein sehr gütiger, tüchtiger und gerechter Mensch gewesen mit einem festen Glauben an Gott.“ „Und Sie?“ sagte ich.
„Ich“, antwortete er und zerdehnte das Wort zu einer langen Pause, „ich weiß es nicht. Eigentlich habe ich darüber noch nie richtig nachgedacht“, und dann wandte er sich nach rechts und fing ein intensives Gespräch mit meinem Chef an.

Was hatte vor einigen Tagen ein Wissenschaftler geschrieben? „Die wirtschaftlichen, materiellen und biologischen Risiken, mit denen wir es heute und in der Zukunft zu tun haben, sind nicht die einzigen. Es gibt noch ein viel größeres Risiko: Das Leben verfehlt zu haben. Vorbeizuleben an der Frage nach Gott.“

Da beschäftigt ein so kluger, tüchtiger, verantwortungsvoller und geschäftlich weitsichtiger Mann zwanzig Menschen in seiner Entwicklungsabteilung , damit das Unternehmen eine Zukunft hat.

Und seine eigene?

 

Karlheinz Binder

Tags »

Trackback: Trackback-URL | Feed zum Beitrag: RSS 2.0
Thema: Nachgedacht

Diesen Beitrag kommentieren.

Kommentar abgeben

Gott ist gut
Datenschutzübersicht

Wir verwenden Cookies, die es uns ermöglichen, die Benutzung der Webseite zu analysieren. So können wir die Seite weiter verbessern. Durch die Nutzung unserer Webseite stimmst Du der Nutzung von Cookies zu. In unserer Datenschutzerklärung findest Du mehr Informationen und kannst die Cookies deaktivieren.
(Datenschutzerklärung)