486. Nachdenkliches für Manager – Jahresplanung 12-87
Montag, 19. Oktober 2015 | Autor: intern
Lieber Blog Besucher,
die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.
Jahresplanung
Nun sind sie verabschiedet, die Zahlen für das neue Jahr.
Marktanteile, Kosten, Deckungsbeiträge, alles nach bestem Wissen, Vermögen und Gewissen, und jetzt atmet man durch und sammelt Kraft über die kommenden Feiertage für das, was es in den kommenden 12 Monaten anzupacken gibt.
Es ist schon ein stattliches Zahlenwerk, das der Computer in der Detaillierung und in der stufenweisen Verdichtung herausgedruckt hat, und der prüfende Blick geht noch einmal sorgfältig über die vielen Ziffern, damit ja auch alles stimmt, und beim letzten Blatt, über dem „Personalplanung“ steht, lege ich den Bleistift aus der Hand und fange an nachzusinnen. Da ist die Anzahl der Mitarbeiter, und unter den Sollkosten steht fein säuberlich, wie teuer sie insgesamt im kommenden Jahr sein werden, einschliesslich Arbeitgeber-Beiträgen und mutmasslicher Tariferhöhung, denn die Gewerkschaft wird ihr Bestes tun.
Eine einzige, stattliche Zahl. Nüchternes Komprimat von Mitarbeitern und Kollegen, die in der Planung als „Kostenfaktor Mensch“ erscheinen. Fröhliche und Nachdenkliche. Solche, die fleissig sind und andere, die Systeme entwickelt haben, wie man enorm beschäftigt wirkt. Manche, die in einer unbeschädigten Ehe schon Silberhochzeit gefeiert haben, andere gescheitert und geschieden. Asketen und Anfällige, Arbeitsbesessene und Lebenskünstler, Wachsende und Stagnierende. Menschen.
Kollegen darunter, mit denen ich seit vielen Jahren zusammenarbeite, und ich weiss immer noch nicht, wieviele Kinder sie haben, was sie privat denken und was ihr Herz ausfüllt. Bin ich wirklich ein guter Chef?
Oder bin ich nur selber Teil eines imponierenden Zahlenwerkes? Ein Kapazitätenplaner, Prognostiker, Technokrat ?
Wie weit ist es her mit meinem Menschsein?
Da hat man uns Manager in Seminaren und SpezialLehrgängen geschult, wie man Erfolg hat. Uns mit allem Rüstzeug versehen, das jemand braucht, um Probleme zu Iösen und Entscheidungen zu treffen, aber wann hat mir einer beigebracht, wie man Mitmenschlichkeit, Geduld, Beständigkeit und ein sinnerfülltes Leben bekommt?
Wann hat mir je einer die Frage gestellt, wie ernst mir das Wort von Erich Fromm ist, dass wir eines letzten Tages nur das mitnehmen, was wir sind, nicht aber das, was wir haben.
„Schafft euch Schätze im Himmel, wo sie weder Rost noch Motten noch Inflation fressen und Diebe nicht herankommen“, sagt die Bibel und meint damit das gleiche.
Sicher, es gibt Ansätze zu einem veränderten Verhalten. Kein Seminar-Angebot in letzter Zeit, bei dem nicht das Wort Ethik auftaucht. Aber kann man Moral in Kursen lernen? Unseren Zustand bewusst machen, das sicherlich. Aber um eine neue Ethik zu bekommen, muss ich doch wohl ein neuer Mensch werden.
Hat die Bibel doch recht, wenn sie sagt, dass nur der uns neu machen kann, dessen Schöpfung wir sind: Gott ?
Ich bin ans Fenster gegangen und sehe, wie im Lichtschein die Schneeflocken glitzernd vorbeischweben. Sie berühren die Glasscheibe, und ihre symmetrische Schönheit Iöst sich spurlos auf. Kurzlebige Vergänglichkeit.
Wer bin ich? In meiner Lohnsteuerkarte steht: Evangelisch. Lebe ich mit dem Evangelium? Ich bin getauft und konfirmiert, habe kirchlich geheiratet und meine Kinder ebenfalls taufen lassen. Reicht das?
Werden mich in dieser bewussten letzten und entscheidenden Stunde meine so grosszügigen Spendenquittungen vor Gottes Augen rechtfertigen? Wird er beeindruckt sein von meiner Tüchtigkeit und meinem Fleiss, die sich in diesen Computer-Listen auf meinem Schreibtisch für das kommende Jahr widerspiegeln?
Gibt es eine einzige gültige Entschuldigung dafür, dass ich nie Zeit hatte, mich ganz unvoreingenommen mit der Frage nach Gott in meinem Leben zu beschäftigen?
Sollte man sich in den stillen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr diesem Jesus Christus einfach stellen? Ohne Ausweichen, ohne faule Kompromisse, mit der gleichen Konsequenz, wie ich sie doch sonst habe?
Ich setze mich hinter den Schreibtisch, nehme ein Blatt Papier und schreibe: „Ergänzung zur Jahresplanung : Meine Sache mit Gott. Wiedervorlage am 31.Dezember in 12 Monaten.“
Wie wird die Bilanz aussehen?
Karheinz Binder