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456. Nachdenkliches für Manager – Allzeit bereit 4-95

Mittwoch, 14. Oktober 2015 | Autor:

Lieber Blog Besucher,

die tiefsinnigen Gedanken von Karlheinz Binder haben mich viele Jahre erfreut und immer wieder zum Nachdenken angeregt. Genießen Sie diese Worte und nehmen Sie davon etwas in Ihrem Alltag mit.

 

 

 

Allzeit bereit.

Die Jubiläumsfeier meines Geschäftsfreundes Robert Pfeiffer war das Beste, was ich bisher an Veranstaltungen erlebt hatte: Die Organisation perfekt, das Programm erstklassig, das Essen erlesen, die Bedienung aufmerksam und freundlich und die Stimmung gelöst, voller harmonischer Fröhlichkeit.

Ganz unauffällig schaute ich, unterhalb der Tischkante, auf meine Armbanduhr, kurz nach drei. In zweieinhalb Stunden, siebzehnfünfundzwanzig, ging mein Flug, aber ich würde noch bis zum Schluß bleiben können, denn in der Einladung stand: Ende gegen vier. Das würde reichen, gut sogar.

Mein Verbands-Kollege Günther Strothmann kam zu mir an den Tisch, beugte sich herunter und rief durch das heitere Stimmengewirr: „Was meinst Du, müßte nicht irgendeiner von uns Gästen eine Dankesrede halten?“
Ich zeigte quer durch den Raum und sagte: „Franz Hildenbrand sollte das tun, er ist meines Wissens der älteste Geschäftsfreund von Pfeiffer und außerdem ist er Vorstandsmitglied in unserer Wirtschaftsvereinigung“.

Als Günther Strothmann hinüberging, das Ansinnen zu überbringen, fühlte ich so etwas wie Mitleid für den armen Hildenbrand, denn die Ehre, unvermittelt eine Rede halten zu müssen, kommt bei den meisten einem Schock gleich. Ich kannte Leute, für die war das der absolut sichere Auslöser einer totalen Denkblockade, Blackout. Nichts fiel ihnen mehr ein, noch nicht einmal ihr eigener Name, wenn sie in diesem Moment danach gefragt würden.
Aber zu meinem Erstaunen blieb das Gesicht des Überrumpelten ganz entspannt. Er nickte, zog seinen Druckbleistift aus der Innentasche, machte sich ein paar Notizen, klopfte an sein Glas, erhob sich und was er ruhig und beeindruckend formulierte, fügte sich auf gelungene Weise in den Rahmen dieser Feier.
Franz Hildenbrand war einfach gut, nein, mehr als das.

Als der lange, herzliche Applaus zu Ende war, nahm ich mein Glas, ging hinüber, setzte mich neben ihn und sagte mit Anerkennung in der Stimme: „Wie machen Sie das, so einfach aus dem Stand Rekordweite zu springen? Ohne Vorbereitung, ohne Manuskript? Sind Sie ein Naturtalent?“

Er sah mich lächelnd an: „Ich bin kein begabter Redner. Was immer ich sage ist mühsam erarbeitet, und eine Stegreifrede kann ich erst recht nicht halten“.
Und als ich ihn verblüfft ansah, ergänzte er: „Sehen Sie, gerade weil ich das weiß, gehe ich zu keiner für mich wichtigen Veranstaltung, ohne in meiner Tasche ein Manuskript und im Kopf seinen Inhalt zu haben, dann bin ich allzeit bereit. Das ist mein ganzes Geheimnis.“

Warum, dachte ich, als ich im Flugzeug saß und das gleichmäßige Geräusch der Triebwerke mich innerlich zur Ruhe kommen ließ, warum eigentlich mache ich mir diese Gewohnheit des Franz Hildenbrand nicht selber zum Lebensprinzip: Vorbereit zu sein?

Wie oft stolpern wir in Konferenzen und Verhandlungen und während einige schon eifrig diskutieren, verschaffen wir uns erst den Überblick, worum es heute eigentlich geht.
Wir treffen oft genug schnelle Entscheidungen aus Erfahrung und Gefühl, behaupten aber, alles sei fundiert, sachbezogen und streng rational.
Da entstehen Gesetze, die erst durch einen Wust von Ausführungsbestimmungen und Nachbesserungen anwendbar werden.
Wir diskutieren über die Kirche und haben überholte Bilder und Klischees aus dem Mittelalter im Hinterkopf.
Wir reden über Gott und wissen nicht, mit wem wir es zu tun haben, weil wir weder das Neue, noch das Alte Testament wirklich kennen.
Da sagen wir in manchen Situationen: „Wie kann Gott das zulassen?“ und ignorieren, daß wir selbst die Zerstörer, Hasser und Gleichgültigen sind.
Wir setzen, wenn wir mit unserem Latein am Ende sind, als Ultima Ratio ein Stoßgebet ab und degradieren Gott zum Feuermelder und zum Automaten, der gegen ein paar fromme Worte Lösungen liefern soll und zwar prompt.

Und wenn wir so bleiben, opportunistisch, weg- und nicht zielorientiert, dann wird uns eines Tages das Ende förmlich überraschen. In einer überregionalen Zeitung stand kürzlich viertelseitig mit großen, erhabenen Buchstaben: „Völlig unerwartet hat gestern der Herr über Leben und Tod unser Vorstandsmitglied mitten aus dem unermüdlichen Schaffen in die Ewigkeit abberufen“.

Der Schreiber des Hebräerbriefes in der Bibel hat, weil wir wohl schon immer so waren, unser gründliches Denken angemahnt und uns den nüchternen Sachverhalt über die so notwendige vorausschauende Gewissenhaftigkeit klar gemacht:
„Die Zusage Gottes, uns Menschen in seinen Frieden aufzunehmen, gilt. Darum wollen wir nicht oberflächlich und leichtfertig sein, sondern darauf achten, dieses angebotene Geschenk nicht zu verscherzen…
Achtet darauf, seid darum besorgt, daß nicht jemand Gottes Gnade versäumt!“
Wie lautet die Anfrage des Flughafentowers, ob die Piloten im Cockpit vorbereitet sind zum Start, und wie lautet auch meine Frage an Sie?: „Are you ready to go?“
Überlegen Sie sich die Antwort gut.

Karlheinz Binder

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Thema: Nachgedacht

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