263. Restrisiko – Etwas Festes in bebender Zeit
Freitag, 1. April 2011 | Autor: intern
Restrisiko
Etwas Festes in bebender Zeit
Die dramatischen Ereignisse nach dem Tsunami in Japan haben uns erneut die Zerbrechlichkeit unserer Welt vor Augen geführt. Der Schock sitzt tief, die Hilflosigkeit ist bedrückend. Man möchte rausrennen und helfen, irgendetwas tun gegen diese Katastrophe. Aber es gibt keine einfachen Lösungen und vorschnelle Schuldzuweisungen helfen nicht. Es gibt keine risikofreie Energie. Alles in dieser Welt hat Nebenwirkungen. Wo Menschen Verantwortung tragen, bleibt immer ein Restrisiko.
Unsere zerbrechliche Welt
Ohne Restrisiko sei nun mal der Planet Erde nicht mit Energie zu versorgen, sagte achselzuckend und lapidar der Experte vor der TV-Kamera. Restrisiko nennt man also den Zustand, wenn sich zwei Kontinentalplatten ein wenig verkanten und eine gigantische Flutwelle auslösen, tausende Menschenleben fordern, zigtausende Menschen verletzen, hunderttausende obdachlos machen und Millionen von Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Restrisiko! Da reißt die Energieversorgung ab, die die Kernkraftwerke zur Kühlung der Reaktoren brauchen. Die absolut sicher gewähnten Reaktorhüllen sind vom Erdbeben so beschädigt, dass die Brennstäbe schmelzen und sich durch die Fundamente ins Erdinnere kochen und draußen strahlenverseuchte Landstriche zurücklassen. Horrorszenarien, die keiner zu Ende denken will. Und die Experten reden vom Restrisiko. Klingt harmlos, aber es gibt uns den Rest. Und was uns den Rest gibt, das macht uns wach. Das Erdbeben in Haiti hat unsere Herzen berührt, die Katastrophe in Japan aber erschüttert unsere Fundamente. Sie macht betroffen und ratlos und stellt tiefgreifende Lebensfragen. Wie Tschernobyl vor 25 Jahren.
Wikipedia 2004-tsunami David Rydevik vagfoto
Bilder, die man nicht vergisst
Ich versinke im Fernsehsessel, seelisch aus dem Gleichgewicht gebracht von den dramatischen Meldungen aus Japan. Im Sekundentakt schießen sie durchs Internet und die TV-Kanäle und stiften mehr Verwirrung als Klarheit. Ist das der Super-GAU, oder kommen wir noch mal mit einem verstrahlten Restrisiko davon? Die tödliche Bedrohung ist weit genug weg – und doch so beängstigend nahe. Da sind 37 Millionen Menschen im Ballungsgebiet Tokio in existentieller Not. Wir haben Freunde in Japan, die versuchen dem Chaos zu entrinnen. Andere sind als Missionare tätig und haben sich entschieden, trotz des Risikos zu bleiben. Sie wollen denen Trost und Mut zusprechen, die jetzt besonders auf Unterstützung und inneren Beistand angewiesen sind.
Auch mich bewegt, was der Theologe und Journalist Peter Hahne angesichts der erschütternden Bilder aus Japan sagte: „Wohl dem, der in diesen Tagen beten kann, der eine Adresse hat, um seine Hilf- und Ratlosigkeit abzugeben.“ Gleichzeitig spüre ich das wachsende Misstrauen gegenüber aller parteipolitschen Taktik, den schnellen Diagnosen und Schuldzuweisungen bei der wichtigen Frage, was energiepolitisch vernünftig ist. Schon beeilen sich diejenigen, die für die Reaktorsicherheit zuständig sind, Sicherheitsprüfungen bei allen Atommeilern anzuordnen. Und zum ersten Mal wird von abschalten geredet, weil man das Restrisiko nicht ausschalten könne. Aber warum erst jetzt? Weil Europa nicht Japan ist und weil unsere Reaktoren die sichersten der Welt seien. Sagt man. Erdbeben in Biblis? Völlig ausgeschlossen! Bomben auf unsere Reaktoren? Absurd! Unverantwortliche Panikmache! Aber ein Restrisiko könne keiner ausschließen, sagen die Experten. Wir haben es ja auch gewusst. Nur dass es bisher eher gedämpft bei uns ankam, wenn am anderen Ende der Welt die Erde bebte. Vielleicht auch, weil es meistens die traf, die ohnehin auf der Schattenseite der Welt leben. Doch die Schlagzahl der Chaos-Meldungen nimmt rasant zu. Und jetzt ist eine der bedeutendsten Wirtschaftsnationen betroffen. Das Land, das ohne Kernenergie nicht existieren kann, das Land mit dem höchsten Erdbebenrisiko, mit der größten Bevölkerungsdichte und der größten Dichte von Kernkraftwerken. Alles dicht! Alles wohlhabend, alles erfolgreich – und alles voller Restrisiken.
Wikipedia Fukushima by_Digital_Globe.
Mehr als hypothetische Theorie
In seinem Kalkar-Urteil von 1978 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, was ein Restrisiko ist. Die Bevölkerung habe mit der Nutzung der Kernenergie eine sozialadäquate Last zu tragen. Das Gericht sprach von hypothetischen Risiken, die nach dem Stand der Wissenschaft unbekannt, aber nicht auszuschließen seien. Klar: hypothetisch, aber sozialadäquat. Wer es warm haben will, muss damit rechnen, dass der Ofen umfällt und die Hütte abbrennt und man danach ziemlich friert. Restrisiko eben. Und „sozialadäquat“ heißt, dass es viele gleichzeitig trifft und dass es zumutbar ist, wenn man es unbedingt warm haben will. Aber in Japan verbrennen nicht nur die Kernstäbe. Es verbrennt der Glaube an eine sichere, machbare Zukunft und an unbegrenztes Wachstum. Der Boden unserer vermeintlichen Sicherheit wackelt mächtig, wir bekommen eine Ahnung von der Verletzlichkeit der Schöpfung, die durch Maßlosigkeit zunehmend ausgeraubt wird.
Von beeindruckender Aktualität
Der Philosoph Peter Sloterdijk hat unsere Lage treffend beschrieben: „Die Menschen sind Zukunftsatheisten. Sie glauben nicht an das, was sie wissen, selbst wenn man es ihnen stringent beweist, was kommen muss.“ Wir haben es gewusst, nicht erst seit dem es ein geschärftes Umweltbewusstsein gibt. Vor 2000 Jahren hat Johannes, der Prophet und Eremit, auf der Insel Patmos in der Ägäis eine Ansage in seiner Apokalypse geschrieben, die in unseren Tagen atemberaubende Aktualität gewinnt: „Der Engel nahm die Räucherpfanne und füllte sie mit Feuer vom Altar und warf sie auf die Erde, und es entstanden Stimmen und Donner und Blitze und Erdbeben. Und der erste Engel posaunte, und es entstand Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und wurde auf die Erde geworfen; und der dritte Teil der Erde verbrannte und der dritte Teil der Bäume und alles grüne Gras verbrannte.“ (Die Bibel: Offenbarung 8, 5-7) Jesus Christus selbst prophezeit in seinen Endzeitreden unter anderem die Zunahme von globalen Konflikten, Hungersnöten, einer extremen Verachtung von Recht und Gerechtigkeit und auch von Erdbeben (Matthäusevangelium, Kapitel 24). Man hat es gewusst, dass der Bau von Kernkraftwerken auf spannungsreichen Kontinentalplatten riskant ist. Und als der Golf von Mexiko nach der Explosion der Ölplattform „Deepwater horizon“ gebrannt hat, war allen klar, dass das nicht die letzte große Krise war, mit der sich die Welt auseinandersetzen muss. Wir leben über unsere Verhältnisse, das braucht Energie. Und wir leben auf Kosten der künftigen Generationen. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland knapp 40 Milliarden allein an Zinsen für unsere Staatsschulden bezahlt. Das würde genügen, um ausreichende Lebensmittel für alle Hungernden in dieser Welt bereitzustellen. Seit Ausbruch der Finanzkrise ist die Verschuldung der Welt um 45% auf 50 Billionen Dollar gestiegen. Auch eine Art Restrisiko! Damit die Weltkonjunktur flott bleibt, wird weiter Kohle, Gas und Öl verbraucht – Energien, die man nur einmal verbrennen kann. Es wird in absehbarer Zeit noch nicht ohne riskante Kernkraft gehen, von der wir alle mehr oder weniger profitieren. Aber die Nationen sind wach geworden.
Gott bleibt seiner Schöpfung treu
Apokalypse heißt Enthüllung, nicht Weltuntergang. Gottes Wort enthüllt den Hochmut und die Wachstumseuphorie, die Maßlosigkeit und die Verletzungen des Öko-Systems. Kein Mensch verursacht ein Erdbeben, aber der Mensch ist von Gott beauftragt, diese Welt weise zu bebauen, zu kultivieren, zu ernten und zu schonen, eben nicht alles bis zur Neige auszupressen. Dazu brauchen wir Demut vor Gottes wunderbarer Schöpfung, ein neues Maß, ein Tempo, das nicht immer am Limit fährt, ein Hören auf Gott und sein Wort, eine Innehalten zur Prüfung unserer Motive. Was trägt mein Leben, wenn das Restrisiko meiner Existenz offenbar wird, wenn Krankheit und Angst vor dem Tod an mir zerren? Das Restrisiko ist das, was ich nicht beherrsche, es ist das, was mich beherrscht. Wie auch immer man die Katastrophe von Japan bewerten wird, in jedem Fall ist sie ein Signal zur Buße, zur Absage an den Zukunftsatheismus. Gott wacht über seiner Schöpfung, aber er setzt auch ernste Zeichen seines Gerichtes über alle Maßlosigkeit seiner Geschöpfe. Deshalb sind wir gut beraten, wenn wir uns unserer Verantwortung vor Gott stellen und sein Wort wieder ernst nehmen. Die finale Apokalypse tritt ein, wenn die Krise der Maßlosigkeit zum Siedepunkt kommt. Aber Gott selbst bestimmt die Zeitspanne der Gnade und das Ende von Raum und Zeit. Dann wird der alte Planet Erde vergehen und Gottes neue Welt anbrechen. Garantiert ohne Restrisiko. Und wir können heute schon dazu beitragen, dass das Restrisiko unseres Lebens in die Hände Gottes kommt und durch Jesus Christus geheilt und erlöst wird. Er trägt das Risiko der Schöpfung, und er trägt auch mich mit dem Risiko meines Lebens.
Gott blickt vom Himmel herab auf die Menschen, ob noch ein Verständiger da ist, der Gott sucht Die Bibel: Psalm 53,3
Autor: Jürgen Mette
Was ist noch sicher?
Sicher ist, dass in aller Angst und Bedrohung dieser Welt der lebendige Gott für Menschen da ist, die ihn suchen. Gott weist niemanden ab, der sich an ihn wendet.
Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten. Die Bibel: Psalm 50,15
Sicher ist, dass es bei Gott Geborgenheit in jeder Not gibt, Trost in allem Leid, Hoffnung trotz schlimmster Katastrophen. Bei ihm gibt es Hoffnung und einen Neuanfang.
Sei mir gnädig, o Gott. Denn bei dir birgt sich meine Seele; und ich nehme Zuflucht unter dem Schatten deiner Flügel, bis das Verderben vorübergezogen ist. Psalm 57,2
Sicher ist, dass denen, die Jesus Christus vertrauen, immer wieder die Sonne aufgehen kann. Wer ihm sein Herz öffnet, dessen Leben ist dem Unheil nie mehr schutzlos preisgegeben.
Kommt doch zu mir, die ihr euch abplagt mit den Lasten eures Lebens. Ich will euch Ruhe geben für eure Seele. Jesus Christus, Matthäus 11,28
Sicher ist, dass Gott immer ein offenes Ohr für uns hat. Niemand ist je weiter von ihm entfernt, als nur ein Gebet. Gott hört, was wir ihm sagen und versteht auch unsere stillen Seufzer.
Wenn ihr mich anruft, will ich euch antworten, wenn ihr zu mir betet, will ich euch erhören. Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, will ich mich von euch finden lassen. Jeremia 29,12-13
Sicher ist, dass Gottes Herz für uns schlägt. Er liebt uns, und wer auf ihn vertraut,
kann niemals tiefer fallen, als in Gottes Hand.
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Psalm 139,5
Sicher ist, dass Gott Kraft und Mut gibt, wo unsere Stärke an Grenzen kommt und es nach menschlichem Ermessen nichts mehr zu hoffen gibt. Er tut auch heute noch Wunder.
Er gibt den Müden Kraft und Stärke genug den Unvermögenden. Jesaja 40,29
Gebet
Jesus Christus, in einer Welt ohne letzte Sicherheiten bist du der Halt. In einer Welt voller Krisen und Katastrophen schenkst du Geborgenheit.
Herr, bitte komm doch auch zu mir, erfülle mein Herz, bleibe für immer bei mir.
Ich vertraue dir mein zerbrechliches Leben an:
meine Schuld und mein Versagen, meine Angst und Sorgen, meine Sehnsucht nach Frieden. Sei auch mein Herr und mein Gott, mein Schutz und mein Frieden, meine Hoffnung und mein Trost, meine Hilfe und meine Zuversicht, mein Fundament und mein Halt.
Amen
Für Tage, die uns nicht gefallen
Gott ist unsere Hoffnung und unser Rückhalt, er hilft uns in Unglück und Verzweiflung. Deshalb fühlen wir uns behütet, selbst wenn die ganze Welt ins Wanken geriete und die Gebirge ins Wasser fielen, oder wenn eine Jahrhundertflut käme und die Berge zum Einsturz brächte. Da, wo Gott wohnt und willkommen ist, bleibt auch die Zuversicht wie eine sprudelnde Quelle. Gott ist ja da, mit ihm bleibt das Leben bestehen.
Zu jeder Tages- und Nachtzeit sind wir bei ihm geborgen. Die Bibel: nach Psalm 46
Finale
Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: „Siehe, ich mache alles neu!“ Die Bibel: Offenbarung 21,4-5