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131. Verkehrte Welt – wann wachen wir auf?

Freitag, 15. Oktober 2010 | Autor:

Wer sich mit gewaltbereiten Islamisten befasst, der lebt gefährlich. Mitunter jedoch geht die Gefahr dabei nicht von den in Deutschland lebenden Islamisten aus, sondern eher von deutschen Behörden. Zur Aufgabe von Historikern gehört es, geschichtliche Abläufe mitsamt ihren Hintergründen darzustellen. Der nachfolgende Bericht wird einer späteren Generation dabei hilfreich sein, zu erklären, warum man in der christlich-abendländischen Kultur den Kampf gegen hasserfüllte radikale Islamisten sehenden Auges verloren hat.
Meine Person ist in dieser Geschichte vollkommen unwichtig. Sie ist austauschbar. Denn die dargelegten Erfahrungen haben auch andere gemacht, die sich mit dem Wirken von Islamisten in Deutschland befassen. Sie schweigen, weil sie Kinder haben. Und sie schweigen, weil sie um ihre Existenz fürchten. Als Leser sollten Sie nur wissen, dass ich Islamisten nicht etwa aus verstaubten Lehrbüchern kenne, sondern diese über etwa 15 Jahre hin in ihren Ursprungsländern beobachtet habe: in Afghanistan, im Irak, in Iran, im Libanon, in Saudi-Arabien und im Jemen, in Syrien und in den Emiraten, in Algerien und in Jordanien, in Indonesien und in Malaysia. Die Gruppe um Usama bin Laden lernte ich Mitte der neunziger Jahre in der sudanesischen Hauptstadt Khartum kennen. Dort wo der Weiße und der Blaue Nil zusammenfließen, hatten sie ein etwa zwei Hektar großes Grundstück.
Bin Laden hatte Khartum zum Zeitpunkt meines Besuches verlassen, einige seiner Anhänger waren noch dort. Schon im Morgengrauen saßen die Männer im Gebet vereint beisammen. Kaum hundert Meter entfernt war ein klimatisierter Kuhstall, in dem die einzige im Sudan lebende Familie jüdischen Glaubens in klimatisierten Ställen Milch produzierte. Die schwarz-weißen Kühe stammten aus Friesland. Zu den Abnehmern der Milch zählten auch die Anhänger von Al Qaida auf dem nebenan gelegenen Grundstück. In der westlichen Welt spielte Al Qaida damals keine Rolle. Keine Zeitung berichtete über die selbsternannten „Gotteskrieger“.
Eben diese Glaubenskämpfer traf ich später in Afghanistan wieder. Sie wollten mich unbedingt zum Islam bekehren. Das gleiche habe ich bei Hunderten Treffen mit Anhängern der Hamas, der Hizbullah, von Hizb ut-Tahrir und Dutzenden anderen Gruppen erlebt, die heute immer wieder mal die Schlagzeilen bestimmen. Sie alle sind davon überzeugt, mit ihrem Handeln die Welt in eine vermeintlich bessere Zukunft führen zu können. Ich durfte diese Islamisten damals beim Bau von Sprengfallen beobachten und mit Maschinenpistolen des Typs AK-47 haben wir in der Wüste aus einiger Entfernung auf leere Getränkedosen geschossen. Ich war stets der schlechteste Schütze. Und während sie mich zum Islam zu bekehren suchten, haben sie mir ihre zukünftigen Pläne skizziert. Sie sprachen von der Rückkehr des Kalifats. Sie sprachen über ein Europa, das in wenigen Jahrzehnten überwiegend islamisch geprägt sein werde. Sie verherrlichten den Terror. Sie waren überzeugt davon, die Kultur der „Ungläubigen“ zerstören zu können.

Ich erinnere mich daran, wie mir ein Islamistenführer in Teheran sagte, Bundeskanzler Kohl solle ihn lieber bald hofieren, sonst werde er es später bereuen. Ich habe das aufgeschrieben – und innerlich darüber gelacht. Ich habe den Mann nicht ernst genommen. In jener Zeit fragte ich mich, wie naiv diese Gotteskämpfer eigentlich seien. Rückblickend war ich der Naive. Der Teheraner Islamistenführer sollte später als Anführer jener Terroristen zu internationaler Bekanntheit gelangen, die nach der Einnahme des Irak durch amerikanische Truppen Sprengstoffanschläge auf westliche Truppen organisierten. Wie er stehen heute fast alle meiner früheren Gesprächspartner auf den Fahndungslisten der westlichen Sicherheitskräfte.
Zwangsläufig lernt man beim Dauereinsatz in Krisen- und Kriegsregionen Mitarbeiter von Geheimdiensten kennen. Man spricht über die gewonnenen Erkenntnisse, man tauscht sich aus. Im Laufe der Jahre entsteht so ein Netzwerk. Die Türen des Bundeskanzleramtes öffneten sich, die Liste der Kontaktpersonen beinhaltete mehrere tausend Namen. Man erhielt Unterlagen zugespielt: von Geheimdiensten, von Behörden und auch von Unternehmen. Und tausend Puzzle-Teile fügten sich allmählich zu einem Gesamtbild. Mit dem 11. September 2001 wurde dieses Mosaik schlagartig von öffentlichem Interesse. In den nachfolgenden Monaten fasste ich gewonnene Erkenntnisse in Zeitungsartikeln wie auch in Büchern zusammen. An einer norddeutschen Universität lehrte ich Sicherheitsmanagement und Terrorabwehr.
Viele ehrbare Beamte ließen mir – etwa am Rande von Vorträgen – unaufgefordert Erkenntnisse zukommen. Bundes- und Landesminister luden mich zu Gesprächen ein.

Vor diesem Hintergrund entstand ein im Frühjahr 2003 veröffentlichtes Buch, für dessen Inhalt mich die Medien lange Zeit gescholten haben. „Der Krieg in unseren Städten – Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern“ war kein der Phantasie entsprungener Report. Wahrheitsgemäß hatte ich Seite für Seite die Erkenntnisse deutscher und ausländischer Sicherheitsbehörden über das Netzwerk des Terrors in Deutschland zusammengetragen. Über die fast alle radikalen Gruppen verbindende Muslimbruderschaft, die nach außen hin den „Dialog“ predigt und nach innen den Hass schürt, sowie über ihre Ableger, die sich friedfertig geben und heimlich die Gewalt unterstützen. Wenn ich rückblickend die Buchbesprechungen lese, dann wundere ich mich noch immer über den Hass und die Häme der Medien. Viele der Kritiker rückten mich vor dem Hintergrund eines von mir geforderten Maßnahmenkataloges gegen Islamisten in die rechtsextreme Ecke. Selbst als Innenminister Otto Schily in den nachfolgenden Monaten mit seinen Sicherheitspaketen und Vorschlägen meine Anregungen bei weitem übertraf, änderte sich das von mir gezeichnete Bild in den Medien nicht. Doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran, als Überbringer einer schlechten Nachricht an den Pranger gestellt zu werden. So freute ich mich denn, als ich im gleichen Jahr den „Staatsbürgerlichen Preis“ für meine Recherchen auf dem Gebiet der Terrorabwehr erhielt. Die Laudatio hielt der bayerische Innenminister Günther Beckstein.
Zeitgleich klagten immer mehr Islamisten gegen mein Buch. Dutzende Unterlassungsverpflichtungserklärungen und angedrohte Klagen brachten mich zunächst nicht aus der Ruhe. Denn immerhin hatte ich für jeden gedruckten Satz in dem Buch mehrere behördliche Schreiben, die den Inhalt bestätigten. Innerlich frohlockte ich. Was sollten mir Islamisten schon anhaben können? Über dem Portal der Freiburger Universität, wo ich in den achtziger Jahren studiert hatte, stand in Sandstein gemeißelt der Satz „Und die Wahrheit wird euch frei machen“. Der Satz hatte sich für alle Zeiten in mein Gedächtnis geprägt. Tausende Male hatte ich früher das Portal zur juristischen Fakultät durchschritten. Die Wahrheit konnte man doch nicht einfach unterdrücken?
Dummerweise stammten die Belege für die Richtigkeit meiner Aussagen aus den Unterlagen von Sicherheitsbehörden. Abgehörte Telefongespräche, heimlich fotografierte Islamistentreffen, Fahndungen, Austauschergebnisse zwischen europäischen Diensten. Ich hatte nicht bedacht, dass kein Geheimdienst vor Gericht seine Quellen offenbaren und den Werdegang der gewonnenen Informationen öffentlich darlegen würde. Ich stand somit allein vor Gericht. Und die Unterlagen nutzten mir nichts. Denn die Islamisten aus den Reihen der Tarnorganisationen der Muslimbruderschaft bestritten den Inhalt. Selbst wenn öffentlich zugängliche Berichte – etwa Verfassungsschutzberichte – die gleichen Aussagen trafen, die Kläger bestritten den Inhalt und klagten auch noch gegen die Behörden. Auf die Dauer wurde der „Spaß“ teuer. Bald überschritten die Prozesskosten 50.000 Euro. Bei einigen der Kläger drängte sich mir der Eindruck auf, dass sie bewusst die Möglichkeiten des Rechtsstaates nutzen, um den Rechtsstaat zu zerstören: In Erinnerung ist mir ein Marburger Islamist, der Prozesskostenhilfe in Anspruch nahm und pauschal behauptete, alle ihn betreffenden Passagen in dem Buch seien unwahr. Der Mann gaukelte dem Staat vor, mittellos zu sein. Er verlor das Verfahren, noch ehe es begonnen hatte, da er Eigentümer mehrerer Eigentumswohnungen war. Solche Erfahrungen machten der Verlag und ich immer wieder. Rein zufällig ist sein Sohn heute einer der bekanntesten Vertreter muslimischer Verbände in der Bundesrepublik. Die Prozesse waren wirklich interessant. Da behaupteten Kläger, die Attentate des 11. September nie „gefeiert“ zu haben, obwohl Filmaufnahmen der Geheimdienste das Gegenteil bewiesen. Sie wussten, dass die Mitarbeiter dieser Behörden ihr Gesicht nie vor Gericht zeigen würden.
Hätte mir damals jemand gesagt, dass zahlreiche deutsche Sicherheitsbehörden zeitgleich gegen mich wegen „Geheimnisverrats“ ermittelten – ich hätte es nicht geglaubt. Denn die Vertreter der Sicherheitsbehörden sprachen mir während der Prozesse Mut zu und ließen mir weiterhin Dokumente zukommen. Vor diesem Hintergrund unterrichtete ich die Öffentlichkeit über Terrorstrukturen und deren Netzwerke. Am 11. März 2004 schlugen islamistische Attentäter in Madrid blutig zu. Mehrere Quellen berichteten mir wenige Tage später, dass Spuren der Attentäter nach Deutschland führten. Ich verbreitete diese Aussagen am 25. und 26. März 2004 in den Fernsehsendern. Innenminister Otto Schily soll wütend gewesen sein. Er dementierte meine Äußerungen. Hans Leyendecker hatte offenkundig ähnliche Informationen über meinen klassischen „Fehlalarm“ und überschrieb seinen Artikel über mich auf Seite 18 am 27. März 2004 in der Süddeutschen Zeitung mit „Schaum schlagen“ – ein Experte über den Terror. Sechs Wochen später würden „Focus“ und „Spiegel“ vermelden, dass einer der spanischen Attentäter in Deutschland gelebt hatte und auf jene Spuren nach Deutschland hinweisen, über die man zuvor in den Behördenführungen angeblich keine Erkenntnisse gehabt hatte. Hans Leyendecker hatte sich geirrt.
Doch bis dahin hatte sich mein Schicksal gewendet: Am 31. März 2004 durchsuchten zahlreiche Beamte mein Wohnhaus und in einem anderen Gebäude auch die Büroräume meiner Frau. Der Vorwurf: Verdacht auf Beamtenbestechung und Verdacht auf Beihilfe zum Geheimnisverrat. Ich wähnte mich wie in einem Film. Niemals hatte ich einem Beamten Geld für Informationen geboten. Seit mehr als einem Jahrzehnt hatten deutsche Sicherheitsbehörden mir aktiv Informationen zukommen lassen. Und deren Leiter hatten mich stets darin bestärkt, diese Informationen zu veröffentlichen. Doch zur allgemeinen Lebenserfahrung des gegen mich ermittelnden Frankfurter Staatsanwaltes gehörte es damals noch, dass JournalistenInformationen auch durch Beamtenbestechung bekommen. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Der Überbringer der schlechten Nachrichten wurde öffentlich hingerichtet.
Die Islamisten feierten die Verlautbarungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft im Internet. Der größte Teil der Medien stimmte in diesen Siegeschor ein. Auf einen Schlag war ich ein Krimineller. Langjährige Freunde zogen sich zurück, Nachbarn nahmen für einen „Kriminellen“ keine Pakete mehr an, meine Frau verlor ihre Existenz. Eine Außenaufnahme des Bürohauses meiner Frau in einer Boulevardzeitung mit bundesweiter Verbreitung sorgte bundesweit dafür, dass die Kunden ihres Buchhaltungs-Services vor einer vermeintlich „Kriminellen“ gewarnt wurden. Weil der Mietvertrag für die Büroräume eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten hatte, durfte meine Frau ein volles Jahr lang – ohne Kunden – Miete zahlen. Ein Kollateralschaden deutscher Sicherheitsbehörden. Zudem hatte die Universität Lüneburg in jener Zeit beschlossen, mich in den Rang eines Professors zu erheben. Nun musste erst einmal der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet werden.
Weil sich einfach kein Hinweis auf Beamtenbestechung finden ließ, folgten weitere Durchsuchungen. Zwischen März 2004 und März 2005 wurden mein Privathaus und die Büros meiner Frau jeweils zwei Mal durchsucht, mit einer weiteren Durchsuchung bei meinem Steuerberater hoffte man, einen Bewirtungskostenbeleg zu finden, auf dem vielleicht ein Beamter als Gast vermerkt war. Und obwohl ich an der Universität Lüneburg nie ein Büro unterhalten habe und die Staatsanwaltschaft Frankfurt über die bevorstehende Ernennung zum Professor unterrichtet war, durchsuchte man zum Abschluss auch noch die Universität Lüneburg – in der Hoffnung, vielleicht dort einen Bewirtungskostenbeleg zu finden, mit dem man den Verdacht auf Beamtenbestechung aufrecht erhalten könnte. Beim Rektor der Universität und den Professoren haben die Befragungen bis heute bleibenden Eindruck hinterlassen. Da ich Beamte – mit Ausnahme von Minister Beckstein – nie zum Essen eingeladen habe (meine Frau hatte für ihn und seine Personenschützer drei Kuchen gebacken), war ich zuversichtlich, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt sich für die falschen Verdächtigungen öffentlich entschuldigen würde. In der Tat wurde das Verfahren wegen Verdacht auf Beamtenbestechung im Jahre 2005 ebenso eingestellt wie das Verfahren auf Verdacht wegen angeblicher Beihilfe zum Geheimnisverrat. Dummerweise kann man eine Staatsanwaltschaft, die die Einleitung eines Verfahrens öffentlich verbreitet, nicht dazu zwingen, auch die Einstellung der Verfahren mit gleicher Klarheit öffentlich kund zu tun. So besteht denn in der Öffentlichkeit weiterhin der Eindruck vor, ich hätte möglicherweise Beamte bestochen.
Statt der vorgenannten unwahren und ehrenrührigen Verdächtigungen ermittelt die Staatsanwaltschaft in der gleichen Angelegenheit nunmehr seit mehr als zweieinhalb Jahren wegen des Verdachts auf „Anstiftung zum Geheimnisverrat“. Seit fast einem Jahr ist auch Anklage erhoben. Doch das zuständige Gericht, dem ich schnell belegen könnte, dass ich niemals einen Beamten zum Geheimnisverrat angestiftet habe, hat leider keine Zeit für mich. Während ich diese Zeilen verfasse, besteht noch nicht einmal der Hoffnungsschimmer, einen Termin für eine Gerichtsverhandlung genannt zu bekommen. Nach mehr als zweieinhalb Jahren öffentlicher Demütigungen und Vorverurteilungen verlasse ich das Bundesland Hessen, weil ich dieses Vorgehen mit meinen Steuergeldern nicht länger mitfinanzieren möchte.
Von vielen Beamten weiß ich, dass die Finanzmittel bei der Anti-Terror-Fahndung knapp sind. Oft werden dringend erforderliche Abhöraktionen im Umfeld gewaltbereiter Islamisten von Staatsanwaltschaften und Gerichten nicht genehmigt, selbst wenn Geld für die Aktion vorhanden ist. In meinem Falle aber war und ist offenkundig reichlich Geld vorhanden. Nach Unterlagen, die ich einsehen durfte, wurde das oben genannte von mir verfasste Buch gleich von mehreren Beamten über Wochen hin Satz für Satz darauf analysiert, woher welche Erkenntnisse kamen. Es gab auch Geld für Telefonüberwachungsmaßnahmen. Wenn ich mit Journalisten telefonierte, wussten die Sicherheitsbehörden Bescheid. Zeitweise war ich „PB0“ – zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben. Die sechs Durchsuchungen, die Telefonüberwachungsmaßnahmen, Observataionen durch von weither angereiste Spezialisten und die Auswertungen haben viel Geld gekostet – Geld, das offenkundig bei der Aufklärung terroristischer Netzwerke in Deutschland fehlt.
Nochmals zur Klarstellung: Niemand bezichtigt mich, in öffentlichen Verlautbarungen oder Büchern die Unwahrheit über die von Terrornetzwerken in Deutschland ausgehenden Gefahren verbreitet zu haben. Im Gegenteil, die Aussagen entsprechen der Wahrheit und sind offenkundig für die Öffentlichkeit so bedrohlich, dass die Verbreitung verhindert werden muss. Doch wenn man sich zu sehr auf den Überbringer einer Nachricht konzentriert, geraten manchmal die eigentlichen Gefahren vollends aus dem Blickwinkel.
Im Februar 2006 veröffentlichte ich in der Zeitschrift „Park Avenue“ einen langen Bericht über das Zusammenspiel von Telefon-Shops und Terrorzellen in Deutschland. Das Bundeskriminalamt hatte mir zuvor auf Anfrage stets mitgeteilt, diesen Zusammenhang gebe es nicht. Dabei lagen entsprechende Berichte bei deutschen Sicherheitsbehörden längst vor. Hätte ich sie veröffentlicht und das BKA damit Lügen gestraft, die nächste (siebte) Durchsuchung wäre wohl die Folge gewesen. So bedurfte es denn leider erst der nur durch einen glücklichen Zufall verhinderten Kofferbombenanschläge, bis man auch in Deutschland beim BKA auf das Zusammenspiel von „Call-Shops“ und Terrorzellen aufmerksam wurde. Heute ist klar: die aus dem Libanon stammenden Attentäter bildeten ihr Netzwerk über die Hamburger und Kieler „Call-Shop“ Szene. In Madrid und in London hatten die Sicherheitsbehörden solche Erfahrungen ebenfalls gemacht – jedoch auch erst nach den Anschlägen.

Das Buch „Der Krieg in unseren Städten – Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern“ gibt es heute nicht mehr. Man kann es nur noch antiquarisch bei www.amazon.de und bei Ebay erwerben. Zwar haben sich fast alle darin enthaltenen Aussagen bewahrheitet, doch haben Islamisten den Verlag im Sommer 2006 gezwungen, es in aller Stille vom Markt zu nehmen. Nachdem das Buch über drei Jahre alle Prozesshürden genommen hatte und weit verbreitet war, drohten Islamisten aus Birmingham und Wien mit einer Fülle von Klagen. Klagen, die erkennbar unbegründet waren. Einer der Kläger behauptete, anders als von mir beschrieben, sei er nie Mitglied der radikalislamistischen Muslimbruderschaft gewesen. Dabei hatte der Mann seinen Asylantrag in Deutschland damit begründet, er werde in seinem Herkunftsland verfolgt, weil er Mitglied von „Al ikhwan muslimoun“ sei. Das aber ist nichts anderes als das arabische Wort für: Muslimbruderschaft.

Die Androhungen der Islamisten waren begleitet von der Aussage, dass immer weitere Klagen von anderen Islamisten folgen würden, bis das Buch vom Markt sei. Verlag und Autor haben das Buch daher vom Markt genommen, nachdem nicht ein Politiker zur Unterstützung bereit war. Es hat bis heute niemanden interessiert. Unterdessen ist ein Ende der behördlichen Ermittlungen gegen den „Straftäter“ Ulfkotte nicht abzusehen: Ein Beamter ließ mich unlängst wissen, notfalls reiche ein „anonymer Hinweis“ mit einem „Verdacht auf Kinderpornografie“ auf meinem Rechner, um eine weitere Durchsuchung zu rechtfertigen. In der Zwischenzeit finde ich in meinem Briefkasten regelmäßig als „geheim“ oder „VS – vertraulich“ eingestufte Unterlagen des Bundeskriminalamtes und des Bundesnachrichtendienstes – gegen meinen Willen und unaufgefordert. Die ersten Unterlagen habe ich den Behörden noch per Einschreiben zurückgeschickt. Doch nahm das „Spiel“ bislang leider kein Ende. Nur reagiert man auf Behördenseite seither nicht mehr auf meine Anfragen, wohin ich denn die weiteren Unterlagen zurückschicken soll.
Unmittelbar nach den zahlreichen Durchsuchungen war ich zunächst wütend auf deutsche Behörden. Heute empfinde ich nur noch Mitleid. Und Bestürzung über Politiker, die die Augen verschließen, wenn statt Islamisten jene verfolgt werden, die über Terrorstrukturen aufklären. In der Islamistenszene gilt der Name Udo Ulfkotte inzwischen als Beleg dafür, dass die Radikalen und Gewaltbereiten auf dem „richtigen“ Weg sind. Immerhin sagte mir ein junger Muslim aus dem Umfeld meiner Studenten, es müsse doch ein Zeichen Allahs sein, dass der Autor des Buches „Der Krieg in unseren Städten“ Angeklagter in einem Strafprozess sei – während Islamisten derweilen ungehindert immer mehr Anhänger um sich scharen könnten.

Seit vielen Jahren gehe ich morgens zu einer Waldkapelle im Taunus. Ich entzünde dort eine Kerze und schöpfe im Gebet Kraft für den neuen Tag. Über all die Jahre der Demütigungen war mir die nahe gelegene Waldkapelle ein Ort, der mir immer wieder Zuversicht gegeben hat. Seit Februar 2006 wurde die Kapelle mehrfach von Unbekannten verwüstet. Am Morgen des 5. Juli fand ich sie im bislang schlimmsten Zustand vor: die Kerzenleuchter waren von der Wand geschlagen und die aus Lindenholz geschnitzte Madonna hatte als Zielscheibe für Flaschen gedient. Nachdem ich den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige gebracht hatte, wurde ich gefragt, was ich denn eigentlich von der Polizei erwarte. Nichts gegen die zuständigen Beamten. Aber mir wurde schlagartig klar, dass sich die Werte unserer Gesellschaft sehr verändert haben. Wäre ein muslimischer Gebetsraum verwüstet worden – das Landeskriminalamt hätte wohl nicht gezögert, die Ermittlungen aufzunehmen. In diesem Falle passierte – nichts. Zwei Wochen nach der Verwüstung einer christlichen Gebetsstätte berichtete die örtliche Lokalzeitung darüber. Das wars. Inzwischen wurde die Kapelle ein viertes und fünftes Mal verwüstet, unmittelbar nachdem sie mit Spenden aus der örtlichen Bevölkerung liebevoll restauriert und gestrichen worden war. Ich belästige Sicherheitsbehörden heute nicht mehr mit solchen Hinweisen. Denn ich lebe offenkundig in einer verkehrten Welt.

Von Udo Ulfkotte

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Thema: Deutschland wach auf!

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Ein Kommentar

  1. […] knüpft auch an die „weltoffene Haltung“ seines Amtsvorgängers Christian Wulff an, wonach der „Islam jetzt auch die Deutschland gehört“ und wir eine „bunte Republik“ […]

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