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316. Finanzkrise – ohne Ende ?

Dienstag, 3. Juli 2012 | Autor:

Geldverschwendung – Margot Kessler Pixelio

Der Geldmarkt ist heute größer als der Markt für Waren und Dienstleistungen. Das birgt Gefahren der Instabilität und gibt Anlass, über den Sinn des Geldes und Stabilisierungsmaßnahmen nachzudenken.

 

Vom Tauschhandel zu Derivaten

 

Das Geld wurde erfunden, um vom reinen Tauschhandel loszukommen und mit dem leicht zu transportieren-den Geld bezahlen zu können. Ursprünglich hatte Bargeld auch einen realen Wert, zum Beispiel als Edelmetall, das durch Prägung als Geld erkennbar in genormten Stücken zählbar gemacht wurde. Dann wurde das Papier-geld erfunden, welches fast keinen real nutzbaren Materialwert hat, aber durch das Verbot von Nachmachen knapp gehalten und damit wertvoll gemacht wird. Dies Papier wird als Zahlungsmittel anerkannt, wiederum in genormten, zählbaren Stücken, den Banknoten. Der Inhaber von Banknoten hat ein Anrecht auf Umtausch in Hartgeld. Der nächste Schritt in der Geldentwicklung sind Schuldverschreibungen. Das sind Rechte am Ver-mögen eines Anderen. Konnte früher eine Privatperson die Schuld nicht zurückzahlen, so konnte der Gläubiger sie in den Schuldturm sperren oder unentgeltlich für sich arbeiten lassen (so entstand die Leibeigenschaft). Bei Aktien erstreckt sich das Recht des Gläubigers nicht auf die Person sondern nur auf einen bestimmten Besitz des Schuldners mit dem Ziel, am wirtschaftlichen Ertrag teilzuhaben. Mit Sachwerten und mit Aktien und anderen Rechten kann gehandelt werden, das erleichtert Besitzwechsel und kann Vermögen dorthin bringen, wo es gebraucht wird. So weit, so gut. Bei Aktien weiß man in der Regel auch, welche Sachwerte bzw. Unternehmen damit verbunden sind. Doch jetzt wurden Derivate erfunden, das sind Anrechte an anderen Anrechten. Sie verschleiern den Blick auf die reale Wirtschaft und machen den Geldmarkt selbst zum Unter-nehmen. Hier geht es nicht mehr darum, ein reales Unternehmen mit Startkapital auszustatten und an deren Gewinn und Risiko teilzuhaben. Der Umfang des Derivathandels übersteigt inzwischen den der realen Wirt-schaft um ein Vielfaches. Dadurch haben Spekulationsgeschäfte eine starke Rückwirkung auf den Markt. Das bewirkt Schwankungen, die stärker sind als die Schwankungen der realen Wirtschaftsleistung. Interessant ist, dass die Volks – und Raiffeisenbanken nicht in die jüngste Finanzkrise (wir berichteten darüber in Salz&Licht 2009/3 unter den Titel „Frucht der Gier: Die Finanzkrise“) hineingezogen wurden. Die Erklärung ist ganz ein-fach. Sie gehören als Genossenschaften vorwiegend den eigenen Kunden. Damit sind sie mehr an der Zusam-menarbeit mit der Realwirtschaft vor Ort interessiert als an globalen Spekulationsprojekten. Ähnliches gilt für die an ihren realen Geschäftszweck gebundenen Bausparkassen. Anderseits gibt es gefährliche Extrem-fälle. So überprüft zur Zeit die US-Notenbank Derivatgeschäfte mit Griechenland, weil der Verdacht besteht, dass damit die Möglichkeit geschaffen wurde, Staatsschulden zu verschleiern, indem man sie als Währungsge-schäfte bucht. Und der Machtkampf zwischen Porsche und Volkswagen in 2009 wurde offenbar durch den Ausgang einer Spekulation auf dem Kapitalmarkt entschieden.

 

Gerd Altmann Pixelio

Steuer als Spekulationsbremse

 

Was kann man tun? Wir brauchen Instrumente, welche den Handel mit Derivaten und die damit verbundenen Spekulationen eindämmen, ohne die Geldversorgung für die Realwirtschaft zu behindern. Der Handel mit Derivaten ist zu einem Wettspiel geworden, bei dem man sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen kann und in jedem Fall aus den Kursbewegungen Gewinn zu erzielen hofft. Diese Händler sind an Instabilität des Geldmarktes interessiert, weil dann am meisten Bewegung herrscht.

 

Die Entwicklung der Realwirtschaft interessiert dann kaum noch.

 

Im Handel mit Anrechten an der Realwirtschaft dagegen, also im Aktienmarkt, gilt die Empfehlung „Kaufen und Halten“, damit der Aktienwert mit dem Unternehmen wächst und man die bei Unternehmenserfolg ausge-schütteten Dividenden erhält. Hier sind die Kurzzeitschwankungen der Kurse uninteressant. Also: Die einen wollen schwankende Kurse und schnellen Handel, die anderen langfristige Entwicklungen. Den Unterschied in der Umsatzhäufigkeit kann man nutzen, indem man eine Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte einführt. Die Idee dazu wurde bereits 1972 von dem Nobelpreisträger James Tobin für Währungsgeschäfte entwickelt. Diese Tobin-Steuer bedeutet, dass von jedem Börsenumsatz ein kleiner Anteil als Steuer abzuführen ist. Schon bei einem Steuersatz von 0,05% würden den Währungshändlern bei heutigen Umsätzen an Währungen und Währungsderivaten weltweit ca. 400 Mrd. Euro pro Jahr entzogen werden. Das träfe besonders die Tages-händler mit ihren häufigen Transaktionen und würde das Kurzzeitgeschäft unattraktiv machen. Eine andere Störquelle sind massive Angriffe auf Kurse durch Großkäufe oder – Verkäufe, welche eine Spekulationswelle auslösen, die den Kurs langfristiger stark verändert (So geschehen mit der Währung von Thailand). Dagegen gibt es einen Erweiterungsvorschlag zur Tobin-Steuer von dem Wirtschaftswissenschaftler Paul Bernd Spahn. Er schlägt vor, bei plötzlichen starken Kursänderungen den Steuersatz so stark anzuheben, das weitere Käufe oder Verkäufe, welche diese Kursänderungen weiter verstärken würden, unattraktiv werden. Hier werden bis zu 100% Umsatzsteuer erwogen, sobald die Abweichung vom Kurs-mittelwertes der letzten Tage gewisse Toleranzen überschritten hat. Das hätte eine ähnlich Wirkung wie das Aussetzen des Handels, welches heute in Katastrophenfällen vorkommt, wäre aber ein marktwirtschaftliches, automatisch greifendes Verfahren.

 

Die PBC setzt sich deshalb für die kombinierte Tobin-/Spahn-Steuer gegen Spekulation in der inter-nationalen Staatengemeinschaft ein. Wohin die einzunehmenden Steuermilliarden fließen sollen, kann man getrennt diskutieren. Es gibt Vorschläge, sie der Entwicklungshilfe, internationalen Organisationen zu deren Eigenfinanzierung oder nationalen Regierungen als Anreiz zum Mitmachen zukommen zu lassen. Im Vorder-grund muss im Sinne von Tobin das Ziel stehen, die Finanzmärkte stabil gegen Spekulationsattacken zu machen.

 

Wallstreet_R_K_B_by_Rainer Sturm_pixelio.de

Die Macht des Geldes

 

Die Regierungen müssen die Kontrolle über die Geldpolitik zurückgewinnen. Es darf nicht sein, dass Regierungen durch die Gesamtheit der Geldhändler ‚erpressbar’ werden und sich gezwungen sehen, Banken zu retten, die bei dem entarteten Wettspiel verloren haben. Was war denn Schlimmes an der Finanzkrise dran? Haben da nicht vorwiegend reiche Anleger Geld verloren? Können da nicht die kleinen Leute, welche sowieso keine Anlagen haben, Schadenfreude hegen, weil die Großen jetzt mal was draufgekriegt haben? Warum haben Regierungen Banken gerettet, welche man ruhig hätte in die Pleite gehen lassen sollen, als Strafe für ihre durch Gier getriebene Missachtung von Risiken? Die Antwort steckt in dem Wort ‚systemrelevant’. Dieses bedeutet, dass wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Verflechtungen der Sturz einer Bank wie bei einer Dominokette den Sturz anderer Banken nach sich ziehen würde. Davon sind dann so viele Anleger und so viele Wirtschaftsunternehmen und auch staatliche Projekte abhängig, dass diese mangels Liquidität unzumutbar geschädigt würden. Zu viel Geld würde aus Angst vor neuen Risiken festgehalten statt in der Wirtschaft eingesetzt zu werden. Deshalb haben Regierungen neues Geld in den Kreislauf gepumpt, leider durch Kreditaufnahme, woran wiederum die Banken verdienen. Dieser drohende Zusammenbruch einer ganzen Volkswirtschaft macht die Regierung erpressbar. Die Macht im Land muss aber bei den Regierungen sein und nicht bei den Banken! Geld und Macht sind für eine große Organisation notwendig. Sie sind auch nicht falsch, wenn sie im Dienst der Menschen eingesetzt werden. Deshalb ist die innere Verankerung der Macht und Geldinhaber so wichtig, welche im Grundgesetz der BRD steht: „In der Verantwortung vor Gott und den Menschen…“. Wer betet, sieht Gott im Hintergrund bei der Frage, welche Regierung uns zugemutet wird. Doch schon bei der Einsetzung von Saul bekam das Volk – gegen den Rat von Samuel – was es haben wollte.

Michael Wilfort – Beten

Abraham war reich und mächtig. Das wurde kein Anlass zu Kritik, aber zu einem Auftrag für ein neues Projekt, aus dem später Israel entstand. Gott ließ jedoch Menschen, die als Selbstzweck Geld und Macht sammelten, ermahnen: „Mein ist das Gold“. Im neuen Testament ist nicht nur vom Teilen die Rede sondern auch von der verantwortlichen Nutzung aller Gaben, die wir haben. Dazu zählt auch die Verwaltung der Güter, die uns anvertraut worden sind. Wer Gott als seinen höchsten Herrn anerkennt, wird sie zum Wohl der Gesamtheit einsetzen und Gott zur Ehre.

Dr. Detleff Karstens

Stellv. Bundesvorsitzender PBC

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Thema: Denke einmal nach!

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